TV-Saison 2015/16:
Tele 5 gibt Kalkofe mehr Raum und lädt bei "SchleFaZ" nach
Tele 5 schwimmt weiter gegen den TV-Mainstream und legt in der neuen Saison mit Oliver Kalkofe, schräge Fiction und weiteren Folgen von "DKKN" nach.
Tele 5 macht es anders, fährt gut damit und behält diese Richtung bei: Mit dieser zentralen Botschaft startet der Tele-München-Sender ab sofort sein Herbstscreening und tourt mit Senderchef Kai Blasberg sowie mit Verkaufsleiter Stefan Graf drei Wochen lang durch die wichtigsten deutschen Agenturstädte. Auch bei ausgewählten Werbekunden macht das Münchner Team Halt, um den Unterschied zwischen der "TV-Manufaktur" Tele 5 und dem restlichen "Industriefernsehen" persönlich zu erklären.
Beispiel "SchleFaZ", die "Schlechtesten Filme aller Zeit", eingerahmt vom rotzigen Duo aus Oliver Kalkofe und Peter Rütten, die für "betreutes Fernsehen" (O-Ton Blasberg) sorgen. "Eine ungewöhnliche Programmidee hat sich in den letzten drei Jahren zu unserer stärksten Programmmarke entwickelt", heißt es beim Sender. Die Zahlen sprechen für sich: "SchleFaZ" erreicht regelmäßig überdurchschnittlich viele Zuschauer, 2,3 Prozent Marktanteil bei den 20- bis 59-Jährigen hat die Sommerstaffel Tele 5 eingebracht – deutlich über Senderschnitt. Jetzt geht es weiter – "Filmperlen" aus entlegensten Winkeln und Festivals hat die Blasberg-Truppe "billigst" auf der ganzen Welt und vor allem in Asien eingekauft, wie der Senderchef witzelt. Dank "SchleFaZ" und vielen anderen Filmplätzen im nach wie vor als Fictionprogramm ausgerichteten Tele 5 kommt der Sender auf 1000 Filme im Jahr, davon 74 Erstausstrahlungen. "Wir sind immer noch der Free-TV Sender mit den meisten Spielfilmen", erklärt Kai Blasberg. Er wolle gutes Fernsehen für wenig Geld bieten. "Schlechtes Fernsehen, das viel kostet, machen die Anderen", so der Senderchef.
Apropos Kalkofe: Der TV-Kritiker hat sich zum Aushängeschild des "kleinen wilden" Tele 5 entwickelt. Jetzt soll er es mit den "Großen" aufnehmen: Die Sendezeit von "Kalkofes Mattscheibe Rekalked" wird mit Start der neuen Staffel am 9. Oktober von 15 auf 30 Minuten verdoppelt und am Freitagabend von 20 auf 22 Uhr geschoben. Da soll er sich dann mal mit der ZDF-"heute-show" messen, heißt es in Blasberg-Manier. Hier ein Vorgeschmack in Bewegtbild:
Stolz ist das Senderteam auf die Eigenproduktionen, die vielleicht nicht immer viel Marktanteil einfahren, aber für große Resonanz sorgen. Wie etwa "Der Klügere kippt nach", im April gestarteter Thekentalk. Sechs Folgen lang dauerte das Warmtrinken Test, jetzt geht es in Runde zwei. Kneipenwirt Hugo Egon Balder steht wieder hinterm Tresen, füllt Bier- und andere Gläser, während im hinteren Teil des Lokals Hella von Sinnen und drei weitere prominente Gäste sinnieren - und saufen. Bei ihnen sitzt Wigald Boning, ihr Gastgeber. Weil "eine Hella nicht reicht", wie Kai Blasberg festgestellt hat, darf in Staffel zwei ab 26. Oktober immer Désirée Nick montagabends mitprosten. Übrigens: Als Erfolgsmesslatte legt Tele 5 hier die Presseresonanz an, die im ersten Halbjahr sprunghaft um 130 Prozent angestiegen sei. Mehr als zwei Drittel des satten Plus‘ ist auf "DKKN" zurückzuführen. Ob in Staffel zwei die Format-Gegnerin Marlene Mortler zu Gast sein wird? Unklar. Eingeladen habe der Sender die Drogenbeauftragte des Bundes in die TV-Kneipe nach St. Pauli, heißt es.
Aber nicht nur DVDs der vielen kleinen Filmstudios und Produzenten wälzt die Programmriege von Tele 5 am Stammsitz in Grünwald vor den Toren Münchens auf der Suche nach möglichst "geilem" Nachschub. Nein, die Senderverantwortlichen werden auch in den Archiven ihres Gesellschafters, des Filmhändlers Herbert Kloiber fündig. Hier gilt: Kostet vielleicht mehr, macht aber was her. Die Kultserien "Californication" und "Dexter" etwa stammen aus Kloibers Library. Die beiden US-Produktionen sind seit vergangener Woche bei Tele 5 on Air, und der Sender hält hier auch die "7Day Catch Up-Rechte" für den Abruf in der Mediathek. David Duchovny lebt seine Sexsucht sonntags ab 22.15 Uhr in drei Folgen am Stück aus, Michael C. Hall schlachtet freitags ab 22.00 Uhr – drei Mal hintereinander.
Blasberg, Gegner der gängigen Zielgruppen-Einstufungen im Media-Geschäft, ist zufrieden mit der Performance seines Senders. Die Bilanz für 2015 lautet: sieben Prozent mehr Werbeblockreichweite, fünf Grimme-Nominierungen und Umsatzwachstum, das er nicht näher beziffert, aber von Sales-Chef Graf so umschrieben wird: "Wir zählen inzwischen über 400 Markenartikler zu unseren Kunden." Tele 5 solle die kleine unabhängige Kraft im Werbemarkt bleiben, betonen die Manager.
Fernsehen für Fans ist Blasberg wichtig – wie etwa der Wrestling-Kult "RAW", den Tele 5 auf dem Sendeplatz am späten Donnerstagabend betoniert hat. Oder dass die SciFi-Gefolgschaft am Ball bleibt, der die Münchner 2016 die Serie "Firefly" vorsetzen werden. Ganz zu schweigen vom "Enterprise"-Special im Herbst 2016, wenn das Original 50 Jahre alt wird: Tele 5 wird dann alle Folgen von "Star Trek – The Original Series" zeigen; das ist eine Premiere für den Sender. So will der Tele-München-Kanal "alle Menschen ansprechen". Seine "Zielgruppe" definiert Senderchef Blasberg übrigens so: "Mir ist jeder recht, Hauptsache er kann die Fernbedienung halten und kommt noch selbständig zum Supermarkt."