Causa Brender:
Staatsfunk verhindern: Was das Verfassungsgericht dem ZDF vorschreibt
Das Bundesverfassungsgericht urteilt, dass der Anteil der Politiker in den Gremien des ZDF sinken muss - noch sind es 44 Prozent.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Einfluss von Staat und Parteien auf das ZDF begrenzt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dürfe nicht zum "Staatsfunk" werden und der Anteil der Vertreter von Staat und Parteien in den Aufsichtsgremien des Senders dürfe höchstens ein Drittel betragen. So urteilt das Gericht am Dienstag in Karlsruhe. Damit haben die Klagen der Länder Rheinland-Pfalz und Hamburg gegen zu viel staatlichen Einfluss auf das ZDF überwiegend Erfolg (Az. 1 BvF 1/11 u.a). Und die Kritiker sehen sich bestärkt.
Die Details: Die Karlsruher Richter des Ersten Senats erklären mehrere Regelungen des ZDF-Staatsvertrags für verfassungswidrig. Die Länder haben bis Ende Juni 2015 Zeit für eine Neuregelung. Die Aufsichtsorgane müssten "nach den Grundsätzen der inhaltlichen Vielfaltssicherung und der weitgehenden Staatsferne ihrer Mitglieder" zusammengesetzt sein, sagt der Vizepräsident des obersten deutschen Gerichts, Ferdinand Kirchhof, bei der Urteilsverkündung. "Das Gebot der Staatsferne verbietet eine Instrumentalisierung des Rundfunks durch den Staat und verlangt eine weitgehende Besetzung der Aufsichtsgremien mit staatsfernen Mitgliedern."
ZDF-Intendant Thomas Bellut kommentiert das Urteil so: "Die Entscheidung stärkt die Unabhängigkeit des ZDF im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Karlsruhe hat die Bedeutung eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks betont. Dabei hat das Gericht die Aufsicht durch gesellschaftliche Gruppen gestärkt. Das ZDF wird die anstehenden Beratungen der Länder zu den erforderlichen Anpassungen des ZDF-Staatsvertrages konstruktiv begleiten." Die Vorgabe der Karlsruher Richter, dass die Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen künftig in anderer Weise benannt werden sollten, entspreche dem Vorschlag, den das ZDF bereits in seiner Stellungnahme zum Verfahren eingebracht habe. Der Verwaltungsratsvorsitzende des ZDF, Kurt Beck, fügt hinzu: "Für die Zukunft wurden vor allem klare Maßstäbe zur Zusammensetzung der Aufsichtsgremien und ihrer Vielfalt gesetzt.“
Derzeit besteht der Fernsehrat des ZDF, der 77 Mitglieder hat, zu 44 Prozent aus staatsnahen Vertretern. Er hat zwei so genannte Freundeskreise. Die Mitglieder teilen sich grob in einen CDU-nahen, konservativen Freundeskreis um den früheren Verteidigungsminister Franz Josef Jung und einen SPD-nahen Freundeskreis um die ehemalige Bundesfamilienministerin Christine Bergmann auf. Zu den Aufgaben des Fernsehrats gehört unter anderem die Wahl des Intendanten.
Im Verwaltungsrat, der den Intendanten überwacht, sind sechs von 14 Mitgliedern Staat und Parteien zuzurechnen. Die Begrenzung auf ein Drittel betrifft Angehörige von Parlament und Regierung, aber auch Beamte in Leitungsfunktionen und Mitglieder, die von politischen Parteien entsandt werden. Die anderen, "staatsfernen" Gremienmitglieder vertreten größtenteils gesellschaftliche Gruppen - beispielsweise Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeber. Die Richter legen nun fest, dass diese Gruppen keine Parlamentarier oder hochrangige Vertreter aus Parteien oder Regierungen in die Gremien schicken dürfen. Das ruft bereits den Humor auf den Plan:
+++ EILMELDUNG +++ ZDF-Verwaltungsrat lehnt Entsendung von OSZE-Beobachtern auf den Lerchenberg ab +++
— Jan Böhmermann (@janboehm) 25. März 2014
Rheinland-Pfalz und Hamburg hatten in Karlsruhe gegen mehrere Regelungen des ZDF-Staatsvertrags geklagt. Anlass war der Streit um den früheren ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. 2009 hatten CDU-nahe Verwaltungsräte Brenders Vertrag nicht verlängert, obwohl sich der Intendant dafür ausgesprochen hatte.
ps/dpa