
#GoodbyePlasticBottles:
Sodastream ruft mit Promis zum Plastikprotest auf
Das Thema Einwegplastik geht nicht mehr weg - aus den Medien ebenso wenig wie aus den Weltmeeren und der Natur. Sprudelmaschinenhersteller Sodastream ruft mit Umweltaktivisten zur Demo am 26. September auf.

Foto: Sodastream
Das Motto lautet #GoodbyePlasticBottles. Im Politikbetrieb in Deutschland scheint das Problem Einwegplastik noch nicht angekommen zu sein. Zwar sieht die EU ein Verbot für Einmalprodukte wie Strohhalme und Plastikbesteck vor (bis 2030), aber ansonsten bewegt sich wenig - außer dem Teppich aus Plastikmüll, der über die Ozeane treibt. Und dessen Größe zu bestimmen keine leichte Aufgabe ist.
Laut einer Studie der Fachzeitschrift Science (2015) entsprechen die errechneten 8 Millionen Tonnen Plastik im Jahr, die im Meer landen, etwa "fünf Supermarkttüten voller Plastik pro 30 Zentimeter Küstenlinie"; laut einem Bericht des UN-Umweltprogramms (2014) gelangen jedes Jahr schätzungsweise 6,4 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane, nach Berechnungen deutscher Hydrologen (2017) sind es vielleicht "nur" zwischen 400.000 und höchstens 4 Millionen Tonnen im Jahr. Allerdings: Jedes Kilogramm ist eins zu viel.
Finden Umweltaktivisten - und das Unternehmen Sodastream. Dass die Politiker in Deutschland hier keine Taten sehen lassen, prangern Schauspieler und Aktivist Hannes Jaenicke, "Plastic Planet"-Regisseur Werner Boote, Bloggerin Louisa Dellert und Ferdinand Barckhahn, General Manager Sodastream DACH, an. Sie rufen nun zu einer Großdemo gegen das Umweltproblem auf. Die Demo wird am 26. September um 10.30 Uhr im Regierungsviertel in Berlin losgehen.
Zwei Millionen Einwegflaschen pro Stunde
Auf der Veranstaltung wird ein 300 Quadratmeter großer Plastikteppich auf der Spree eingesetzt. Darin wird eine Weltkugel versenkt werden. Das soll ein Zeichen setzen "gegen den Plastikwahnsinn und als Aufforderung an die Politik, endlich einzugreifen". Den Veranstaltern zufolge werden pro Stunde 675 Tonnen Müll im Meer entsorgt (das wären knapp 6 Millionen Tonnen im Jahr). Problem: Sie sehen nicht nur am Ferienstrand wenig hübsch aus, sondern töten Meeresbewohner und landen als Mikroplastik im Nahrungskreislauf.
"Plastik ist die Pest der modernen Zivilisation. Inzwischen sprechen wir von einer Umweltverschmutzung von katastrophalem Ausmaß", sagt Hannes Jaenicke. "Dabei gefährden wir nicht nur unsere Umwelt, sondern auch uns selbst: Der ganze Plastikmüll, den wir produzieren, landet letztlich wieder auf unseren Tellern." Er und seine Mitstreiter fordern von der Bundesregierung "einen aktiven Einsatz und Gesetze gegen die Plastikvermüllung". Umweltaktivist Jaenicke setzt seine Bekanntheit als Schauspieler seit Jahren nachdrücklich für Umweltthemen und gegen Plastikmüll ein.
Auch gemeinsam mit dem Wassersprudlerhersteller Sodastream, zuletzt bei der Guerillaübergabe der Petition "Goodbye Plastic Bottles" – mit, Stand 20. September, über 133.000 Unterschriften – an Bundesumweltministerin Svenja Schulze.
Pro Stunde, führen die Organisatoren der Protestveranstaltung an, werden zum Beispiel allein in Deutschland zwei Millionen PET-Einwegflaschen verbraucht. Sodastream ein Verbot von Einweg-Getränkeflaschen natürlich in die Karten spielen; der Umweltaspekt ist andererseits glaubwürdig Teil des Geschäftsmodells: Wer selbst sein Leitungswasser sprudelt, braucht sich weder Mehrweg- noch Einwegflaschen zu kaufen. Umweltverbände und -aktivisten befürworten das, weil es nicht nur Plastikmüll, sondern auch Ressourcen schont (Herstellung auf Basis von Erdöl, Transport).
Sodastream-Manager Ferdinand Barckhahn: "Wir veranstalten eine Anti-Plastik-Demo, die Deutschland noch nicht gesehen hat! Auf der Spree, direkt vor dem Reichstag, wird die Bundesregierung dann auch nicht mehr wegsehen können."
Mit der "Goodbye Plastic Bottles"-Kampagne und der Petition sollen unter anderem ein Komplettverbot von PET-Einwegflaschen bis 2025 erwirkt werden. Weitere Forderungen sind die gesonderte Besteuerung von PET-Getränkeflaschen und Plastiktüten, wie man sie auch bei Kraftstoffen kennt, das Erreichen eines Einweganteils von maximal 20 Prozent und ein Werbeverbot für Getränke in Einwegplastikflaschen sowie die Verpflichtung der Hersteller und Produzenten, für Umweltschäden aufzukommen. "Manchmal müssen harte Wege gegangen werden, um Grenzen zu überwinden. Und manchmal müssen Unternehmen wie wir vorangehen und die Politik und den Rest der Wirtschaft mitziehen", sagt Sodastreamer Barckhahn.
Sodastream gehört Pepsi
Getränkeriesen wie Coca-Cola und Pepsi samt Ein- und Mehrwegflaschen aus Glas und Plastik waren über Jahre das Feindbild des israelischen Konzerns Sodastream. Ende August teilten dann die Unternehmen Pepsico und Sodastream mit, dass der Getränkekonzern den Sprudelgerätehersteller für rund 2,8 Milliarden Euro übernehmen werde (W&V Online berichtete).
Denn auch Pepsi hat erkannt, dass sie das Bedürfnis der Konsumenten nach "personalisierten Getränkelösungen für zu Hause" befriedigen müssen. Sodastream sprudelt nicht nur, es lassen sich auch Sirups zumischen, mit denen verschiedene Erfrischungsgetränke selbst zubereitet werden können. Der Kauf von Sodastream passt zur Strategie des Getränke- und Lebensmittelkonzerns Pepsico, mehr auf kalorienärmere und umweltfreundlichere Produkte zu setzen. Sodastream erlöste zuletzt 543 Millionen Dollar und sieht sich als weltweit größten Anbieter und Händler von Sprudlersystemen für den Heimgebrauch.
Ob sich die Übernahme dann auch positiv auf Pepsis Einwegflaschenproduktion auswirken wird, darüber gaben die Partner zunächst nichts bekannt. Bislang hatte Sodastream die Konzerne, auch Pepsi, in seinen Kampagnen oft direkt angegriffen, gern anlässlich des weltgrößten Fernseh-Liveereignisses Super Bowl. Der Deutschlandsitz von Sodastream ist in Frankfurt. Der internationale Konzern brachte 1994 brachte den ersten Trinkwassersprudler in Deutschland auf den Markt. Weltweit sind die Sprudler in 46 Ländern präsent und sprudeln nach Unternehmensangaben in mehr als acht Millionen Haushalten die Getränke; 1,5 Milliarden Liter kommen so zusammen. Zum Vergleich: Die deutsche Mineralbrunnenindustrie setzte 2017 14,5 Milliarden Liter Mineralwasser ab. 349 Millionen Liter Mineralwasser wurden 2017 exportiert, 1,2 Milliarden Liter importiert. 47,6 Prozent des Absatzes entflie auf PET-Einwegverpackungen. 2017 wurden in Deutschland durchschnittlich 144,3 Liter Mineral- und Heilwasser pro Jahr je Einwohner konsumiert (Quelle: Statista).