Zwei Millionen Einwegflaschen pro Stunde

Auf der Veranstaltung wird ein 300 Quadratmeter großer Plastikteppich auf der Spree eingesetzt. Darin wird eine Weltkugel versenkt werden. Das soll ein Zeichen setzen "gegen den Plastikwahnsinn und als Aufforderung an die Politik, endlich einzugreifen". Den Veranstaltern zufolge werden pro Stunde 675 Tonnen Müll im Meer entsorgt (das wären knapp 6 Millionen Tonnen im Jahr). Problem: Sie sehen nicht nur am Ferienstrand wenig hübsch aus, sondern töten Meeresbewohner und landen als Mikroplastik im Nahrungskreislauf.

"Plastik ist die Pest der modernen Zivilisation. Inzwischen sprechen wir von einer Umweltverschmutzung von katastrophalem Ausmaß", sagt Hannes Jaenicke. "Dabei gefährden wir nicht nur unsere Umwelt, sondern auch uns selbst: Der ganze Plastikmüll, den wir produzieren, landet letztlich wieder auf unseren Tellern."  Er und seine Mitstreiter fordern von der Bundesregierung "einen aktiven Einsatz und Gesetze gegen die Plastikvermüllung". Umweltaktivist Jaenicke setzt seine Bekanntheit als Schauspieler seit Jahren nachdrücklich für Umweltthemen und gegen Plastikmüll ein.

Auch gemeinsam mit dem Wassersprudlerhersteller Sodastream, zuletzt bei der Guerillaübergabe der Petition "Goodbye Plastic Bottles" – mit, Stand 20. September, über 133.000 Unterschriften – an Bundesumweltministerin Svenja Schulze.

Pro Stunde, führen die Organisatoren der Protestveranstaltung an, werden zum Beispiel allein in Deutschland zwei Millionen PET-Einwegflaschen verbraucht. Sodastream ein Verbot von Einweg-Getränkeflaschen natürlich in die Karten spielen; der Umweltaspekt ist andererseits glaubwürdig Teil des Geschäftsmodells: Wer selbst sein Leitungswasser sprudelt, braucht sich weder Mehrweg- noch Einwegflaschen zu kaufen. Umweltverbände und -aktivisten befürworten das, weil es nicht nur Plastikmüll, sondern auch Ressourcen schont (Herstellung auf Basis von Erdöl, Transport).

Sodastream-Manager Ferdinand Barckhahn: "Wir veranstalten eine Anti-Plastik-Demo, die Deutschland noch nicht gesehen hat! Auf der Spree, direkt vor dem Reichstag, wird die Bundesregierung dann auch nicht mehr wegsehen können."

Mit der "Goodbye Plastic Bottles"-Kampagne und der Petition sollen unter anderem ein Komplettverbot von PET-Einwegflaschen bis 2025 erwirkt werden. Weitere Forderungen sind die gesonderte Besteuerung von PET-Getränkeflaschen und Plastiktüten, wie man sie auch bei Kraftstoffen kennt, das Erreichen eines Einweganteils von maximal 20 Prozent und ein Werbeverbot für Getränke in Einwegplastikflaschen sowie die Verpflichtung der Hersteller und Produzenten, für Umweltschäden aufzukommen. "Manchmal müssen harte Wege gegangen werden, um Grenzen zu überwinden. Und manchmal müssen Unternehmen wie wir vorangehen und die Politik und den Rest der Wirtschaft mitziehen", sagt Sodastreamer Barckhahn.

Sodastream gehört Pepsi

Getränkeriesen wie Coca-Cola und Pepsi samt Ein- und Mehrwegflaschen aus Glas und Plastik waren über Jahre das Feindbild des israelischen Konzerns Sodastream. Ende August teilten dann die Unternehmen Pepsico und Sodastream mit, dass der Getränkekonzern den Sprudelgerätehersteller für rund 2,8 Milliarden Euro übernehmen werde (W&V Online berichtete). 

Denn auch Pepsi hat erkannt, dass sie das Bedürfnis der Konsumenten nach "personalisierten Getränkelösungen für zu Hause" befriedigen müssen. Sodastream sprudelt nicht nur, es lassen sich auch Sirups zumischen, mit denen verschiedene Erfrischungsgetränke selbst zubereitet werden können. Der Kauf von Sodastream passt zur Strategie des Getränke- und Lebensmittelkonzerns Pepsico, mehr auf kalorienärmere und umweltfreundlichere Produkte zu setzen. Sodastream erlöste zuletzt 543 Millionen Dollar und sieht sich als weltweit größten Anbieter und Händler von Sprudlersystemen für den Heimgebrauch.

Ob sich die Übernahme dann auch positiv auf Pepsis Einwegflaschenproduktion auswirken wird, darüber gaben die Partner zunächst nichts bekannt. Bislang hatte Sodastream die Konzerne, auch Pepsi, in seinen Kampagnen oft direkt angegriffen, gern anlässlich des weltgrößten Fernseh-Liveereignisses Super Bowl. Der Deutschlandsitz von Sodastream ist in Frankfurt. Der internationale Konzern brachte 1994 brachte den ersten Trinkwassersprudler in Deutschland auf den Markt. Weltweit sind die Sprudler in 46 Ländern präsent und sprudeln nach Unternehmensangaben in mehr als acht Millionen Haushalten die Getränke; 1,5 Milliarden Liter kommen so zusammen. Zum Vergleich: Die deutsche Mineralbrunnenindustrie setzte 2017 14,5 Milliarden Liter Mineralwasser ab. 349 Millionen Liter Mineralwasser wurden 2017 exportiert, 1,2 Milliarden Liter importiert. 47,6 Prozent des Absatzes entflie auf PET-Einwegverpackungen. 2017 wurden in Deutschland durchschnittlich 144,3 Liter Mineral- und Heilwasser pro Jahr je Einwohner konsumiert (Quelle: Statista).


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.