
Textilhandel:
So will The North Face die Vernichtung von Retouren vermeiden
Zurück in den Kleiderschrank anstatt auf die Müllkippe: Das will die Outdoor-Marke The North Face mit ihrer neuen Kollektion Renewed erreichen. Die Teile stammen unter anderem aus Retouren.

Foto: The North Face
Das Thema Retouren - und insbesondere die Vernichtung neuwertiger Waren durch Amazon - schlägt gerade hohe Wellen, die Empörung ist groß. Das Problem macht aber auch anderen Versandhandelsunternehmen wie Zalando und Otto zu schaffen. In der aktuellen Situation sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen: Das deutsche Widerrufsrecht spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie der Wunsch der Kunden nach umfassendem Service. Wer die Rückläuferquote senken will, kann an verschiedenen Stellschrauben drehen. Onlineshops fragen daher gezielt nach den Gründen für Rücksendungen. Eine Maßnahme: die Usability verbessern, etwa durch bessere Produktbeschreibungen.
Besonders im Fokus stehen Outdoormarken wie The North Face, Patagonia und Vaude. Denn ihre Zielgruppe ist naturverbunden und umweltbewusst, die verwendeten Materialien sind es jedoch nicht ohne weiteres. Patagonia gilt als Vorreiter in der Branche und hat seit über einem Jahr einen eigenen Webshop für gebrauchte Kleidung.
So funktioniert das Worn-Wear-Programm von Patagonia:
Das Familienunternehmen Vaude positioniert sich bewusst als nachhaltig, erst recht seitdem Antje von Dewitz, Tochter des Gründers, das Ruder übernommen hat. Unter dem Label "second use" werben die Oberschwaben für das möglichst lange Tragen und Reparieren.
Mit The North Face hat nun einer der Schwergewichte das Thema für sich entdeckt. Die Marke gehört zur VF Corporation (im Portfolio: Lee, Wrangler, Vans, Kodiak, Timberland ...).
"The North Face Renewed" heißt die neue Kollektion, die derzeit ausschließlich online erhältlich ist. Retouren, Zweite-Wahl-Artikel und beschädigte Ware werden gereinigt, geflickt und aufgearbeitet (z.B. mit neuen Reißverschlüssen), bevor sie wieder in den Verkauf kommen. Auf die Teile gibt es ein Jahr Garantie gegen Materialverschleiß. The North Face strebe "einen holistischen Ansatz in Bezug auf Nachhaltigkeit" an, sagt James Rogers, Director of Sustainability. "Nachdem wir unsere Produkte und ihre ökologischen Auswirkungen über den gesamten Lebenszyklus betrachten, ist der Wiederverkauf ein wichtiger nächster Schritt, um neue Märkte zu erschließen und unseren ökologischen Fußabdruck zu minimieren." Die Qualität und die Haltbarkeit solle darunter aber nicht leiden.
Angekündigt wurde das Ganze via Instagram:
In Deutschland nehmen Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe die aktuelle Debatte zum Anlass, Forderungen an die Politik zu stellen. "Dass es für Unternehmen attraktiver ist, neue Produkte oder Produkte mit kleinen Mängeln zu zerstören, anstatt diese zu spenden oder als Gebrauchtware zu verkaufen, zeigt, dass etwas gewaltig schiefläuft. Die ökologisch sinnvolle Wiederverwendung von Geräten wird durch den Gesetzgeber nicht gefördert, sondern systematisch gebremst", kritisiert der stellvertretende DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Philipp Sommer. Die DUH plädiert unter anderem für zielgerichtete Kontrollen und Verhängung abschreckender Bußgelder sowie für eine ökologische Reform des deutschen Mehrwertsteuer-Systems, das derzeit Verschwendung begünstige.
Mehr Spielraum sieht auch Stefan Grimm, Geschäftsführer von Restposten.de. "Im Bereich Textilien und Schuhe könnten ein Großteil der Retouren, wahrscheinlich mehr als 90 Prozent, als 1B- oder B-Ware weiter vertrieben werden, wenn die Hersteller, Marken und Händler solche Prozesse unterstützen würden. Weitere Anteile an Retouren könnten über Instandsetzungen wieder marktkonform aufbereitet werden. Insgesamt gilt, je höher der Verkaufspreis des Produktes und je niedriger dessen Komplexität, desto eher lassen sich Prüfungs- und Aufbereitungskosten durch den Verkaufspreis einer Zweitverwertung decken."