TV-Saison 2013/2014:
So will Frank Hoffmann RTL zurück in die Spur bringen
Fußball, Gottschalk, Jauch, mehr Information, deutsche Fiction: RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann hat Pfunde, mit denen er wuchern kann.
Der Mann hat es seit Amtsantritt im Februar wahrlich nicht leicht: Die Monatsmarktanteile seines Senders liegen deutlich unter jenen der Vorjahre, Programm-Highlights und einstige Quotenwunder wie "DSDS" scheinen nicht mehr so hell. Sendergesichter wie Inka Bause oder Christian Rach hat man offenbar nicht mehr exklusiv. Und dennoch steht RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann dort auf dem blauen Teppich unter Kronleuchtern im Hamburger Hotel Atlantic relativ relaxed. So hat es zumindest den Anschein. "Ja, wir haben verloren - und nein, wir fühlen uns nicht als Verlierer", sagt Hoffmann gleich zu Beginn. Vielmehr hat er sich und seinem Sender ein neues Motto verordnet, es scheint zu lauten: die neue Bescheidenheit. Understatement. Seien Sie geduldig mit uns, bittet er die Journalisten. Man könne keine Hits auf dem Reißbrett entwickeln. Der Druck auf Hoffmann ist im Vorfeld des Programm Screenings ja auch enorm gewesen. Die veröffentlichte Meinung lautete: RTL muss liefern. RTL braucht richtige Programm-Innovationen, darf nicht mehr nur an kleinen Rädchen drehen, um seinen – bei den werberelevanten 14- bis 49-Jährigen, oder der selbst definierten, erweiterten Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen – immer noch vorhandenen Branchenprimus-Status nicht zu verspielen.
Und? Hat die Präsentation des Programms der kommenden TV-Saison Anlass zur Annahme gegeben, dass dies gelingt? Ja. Understatement und Bescheidenheit kann man sich schließlich auch erst richtig leisten, wenn man weiß, was man in der Hinterhand hat. Das erstaunlichste Pfund, mit dem Hoffmann aufwartet, erwähnt er en passant ganz am Ende seiner Präsentation: RTL wird ab Herbst 2014 wieder größer ins Fußball-Geschäft einsteigen und insgesamt 20 Qualifikationsspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die Europameisterschaft 2016 und die WM 2018 zeigen. Die Events selbst sind dann bei ARD und ZDF im Programm, die offenbar von RTL bei den Quali-Rechten überboten worden sind. Die Kölner sollen laut "Bild" rund 100 Millionen Euro für das gesamte Fußball-Paket geboten haben.
Was daneben für das Gesamtprogramm deutlich wird, ist, dass Hoffmann seinem Sender ein stärker journalistisch-informatorisches Profil verpassen will." Neben der bekannten Informationsschiene mit "RTL aktuell" und Co. soll es weitere Folgen vom "Jenke-Experiment" und - nach dem erfolgreichen Piloten - vom "Team Wallraff" geben. Zudem wird der frühe Morgen umstrukturiert: Unter dem Label "Guten Morgen Deutschland" fassen die Kölner ab September "Punkt 6" und die 30-minütige "Punkt 9"-Sendung zu einem zweieinhalbstündigen Info-Magazin zusammen. Außerdem gibt es ab Herbst ein neues Sonntagsmagazin zwischen 12.00 und 14.00 Uhr: "Unser Sonntag" soll Infotainment pur bieten.
Zu den potenziellen Hits im Show-Bereich zählen sicher die - schon im Vorfeld bekannt gewordene - interaktive Sendung "Die Zwei" mit Günther Jauch und Thomas Gottschalk. Letzterer wird offenbar eine Unterhaltungs-Allzweckwaffe bei RTL. So darf Gottschalk auch zwei Jubiläumsshows anlässlich des 30-Jährigen RTL-Geburtstages im Januar 2014 moderieren. Hinzu kommen zwei Shows zur schwedischen Pop-Band "Abba". Nicht mehr dabei sein wird Gottschalk aber offenbar beim "Supertalent". Hier hat man (außer Dieter Bohlen) Bruce Darnell zurückgeholt, vom Schwestersender Vox leiht man sich Modeexperte Guido Maria Kretschmer für die Primetime aus, hinzu kommt wohl noch ein weibliches Jury-Mitglied, die man aber offenbar noch nicht gefunden hat. Was mit "DSDS" passieren wird, wie das Format umgebaut werden soll - dazu sagt Hoffmann nichts.
In der Fiction setzt man donnerstags künftig im Kern auf Eigenproduktionen: Vor allem weibliches Publikum dürfte die Romantic-Drama-Serie "Doc meets Dorf" locken, die von Fritzi Frühling erzählt, einer neurotischen Städterin, die irgendwo auf dem Land ein neues Leben beginnt. Außerdem startet RTL eine – bereits länger angekündigte – Comedy-Offensive: Diana Amft spielt in "Christine. Perfekt war gestern!" eine geschiedene Mittdreißigerin und Mutter. In der – schon im letzten Jahr angekündigten – Serie "Sekretärinnen – Überleben von neun bis fünf tyrannisiert ein cholerischer Chef seine Untergebenen. Außerdem ab 2014 bei RTL zu sehen: die neue Constantin-Television-Produktion "Schmidt – Chaos auf Rezept" über einen sehr lässigen und unkonventionellen Kiez-Arzt. Film-Highlight soll die Eigenproduktion "Helden - Wenn Dein Land Dich braucht" werden. Neben deutscher Fiction gibt es auch ein bisschen US-Ware: zum einen die hoch gelobte Crime-Serie "The Following" mit Kevin Bacon und zum anderen die Krimi-Serie "Perception", in der ein launischer, aber brillanter Arzt dem FBI hilft, komplexe Fälle zu lösen. Ein potenziell erfolgreicher Nachfolger der Serie "Monk".
Im Real-Life-Segment kehren viele gute Bekannte wieder: Es gibt neue Staffeln vom "Bachelor", "Undercover Boss", "Raus aus den Schulden", "Christopher Posch" oder "Secret Millionaire", Außerdem sucht RTL künftig "Die schönste Frau Deutschlands" – mit Hilfe eines Teams von drei Mentoren. Einer davon ist wieder Vox-Gesicht Kretschmer. Neu im Real-Life-Portfolio auch "Der VIP Bus – Promis auf Pauschalreise" mit Dschungel –Star Olivia Jones. Etwas seriöser mutet im Real-Life-Bereich die Doku "Generation Luxus – Was kostet die Welt?" an: Junge Deutsche leben und arbeiten an den Produktionsorten, an denen ihre geliebten T-Shirts, Thunfisch-Sandwichs und Handtaschen hergestellt werden.
Die werktägliche Daytime mit den Scripted-Dokus will Hoffmann neu ausrichten, nachdem einige Formate zuletzt nicht mehr hinreichend Zuschauer binden konnten und - wie "Mitten im Leben" - aus dem Programm genommen wurden. Bei den neuen Daytime-Formaten wie "Hilfe Pubertät" handelt es sich zwar ebenfalls wieder um Scripted-Reality - allerdings angereichert um Tipps und Coaching echter Experten. Hier hat sich Hoffmann offenbar stark von der Machart der Formate inspirieren lassen, die er bei Vox erfolgreich etabliert hat. "Ich denke, wir haben insgesamt ein gutes Fundament", sagt Hoffmann zum Schluss noch einmal. Nach allem was man gesehen hat, kann man ihm nicht widersprechen.