
Gastkommentar:
Schlecker-Nachfolger Dayli: "Zu austauschbar und fast seelenlos"
Warum Schlecker-Nachfolger Dayli eine E-Commerce-Strategie braucht und wie die Marke ihre "Tante-Emma-DNA" nutzen sollte, darüber schreibt Johannes Mettler in einem Gastkommentar für W&V Online. Mettler weiß, wovon er spricht: Er war in der Geschäftsführung von Schlecker Home Shopping für den Online-Shop zuständig.
Einige der einstigen Schlecker-Filialen werden unter dem Namen Dayli wiederbelebt. In Bayern sollen drei Filialen im Mai eröffnen, das kündigte Schlecker-Investor Rudolf Haberleitner an. In Österreich gibt es bereits erste Testläden. Sie verkaufen nicht nur Drogerieartikel, sondern wollen mit einem Lebensmittelsortiment als Nahversorger wahrgenommen werden.
Warum Dayli eine E-Commerce-Strategie braucht und wie die Marke ihre "Tante-Emma-DNA" nutzen sollte, darüber schreibt Johannes Mettler in einem Gastkommentar für W&V Online. Der Berater hat Anfang 2012 in der Geschäftsführung von Schlecker Home Shopping den Online-Shop des Händlers betreut.
von Johannes Mettler
Die Frage, ob Dayli erfolgreich im deutschen Markt sein kann, wird in diesem Fall nicht in den Städten, sondern in der Provinz entschieden. Kurz nach der Insolvenz-Meldung von Schlecker haben sich die Anrufe von Bürgermeistern aus dünn besiedelten Regionen gehäuft, die Sorge um den letzten Nahversorger hatten. Schlecker bildete vielfach die letzte Bastion, um vorzugsweise ältere Menschen ohne E-Commerce-Faszination in ländlichen Gebieten zu versorgen. Eine besonderer Vorteil gerade der ländlichen Schlecker Filialen war die Tatsache, dass dort auch Apotheken-Produkte der hauseigenen Versand-Apotheke Vitalsana zusätzlich zu den Drogerie-Artikeln angeboten wurden. Das stärkte die Marke Schlecker in der Provinz, während in den Städten die Wettbewerber, zumindest stationär, erfolgreicher waren.
Mir persönlich ist die Marke Dayli zu englisch, mit wenig USP ausgestattet, zu austauschbar und fast seelenlos. Den Geist von Schlecker sollte die Marke Dayli nicht beschwören, sich wohl aber die guten Taten in der Provinz vor Augen führen und daraus Maßnahmen ableiten. Ich stamme selbst aus einer Krämerfamilie aus dem Hunsrück und ich habe es immer bedauert, dass die reizenden Tante-Emma-Läden kaum eine Chance gegen die gut organisierten Ketten hatten. Wie schön war es doch, dass man damals dem Krämer sein Lieblingsprodukt nannte und er es für einen "listete".
Letztlich empfehle ich Dayli das Thema E-Commerce schnell, und zwar mit Partnern zu besetzen, denn hier kann ein echter Multichannel-Ansatz in der Provinz entstehen. Etwas, was kein Start-Up in Berlin, zumindest aktuell, planen würde. Dayli hat eine "Tante-Emma-DNA" aus Österreich und beweist dort, dass man Geld verdienen kann. Überzeugt Dayli die Bajuwaren, könnte es ein kleiner Siegeszug werden. Zu wünschen wäre es den Schlecker Angestellten, die noch keine Beschäftigung gefunden haben, und den Vermietern, deren Flächen häufig noch nicht vermietet sind.