Rassismus-Shitstorm über "Bild"
Da kann auch "Bild"-Chef Kai Diekmann kein Auge zudrücken: Ein aktueller Kommentar von Nicolaus Fest, Stellvertretender Chefredakteur der "Bild am Sonntag", hat im Netz derart heftige Reaktionen hervorgebracht, dass Diekmann seinen Kommentator öffentlich rüffeln und sich distanzieren muss.
Da kann auch "Bild"-Chef Kai Diekmann kein Auge zudrücken: Ein aktueller Kommentar von Nicolaus Fest, Stellvertretender Chefredakteur der "Bild am Sonntag", hat im Netz derart heftige Reaktionen hervorgebracht, dass Diekmann eingreifen und sich distanzieren muss. Fest hatte in einem islamkritischen Beitrag geschrieben: "Ist Religion ein Integrationshindernis? Mein Eindruck: nicht immer. Aber beim Islam wohl ja. Das sollte man bei Asyl und Zuwanderung berücksichtigen." Kurz darauf war ein heftiger Shitstorm entbrannt, der ihm unverhohlenen Rassismus vorwarf. Noch am Sonntagmorgen hatte Fest auf Twitter amüsiert kommentiert:
#Antisemitismus #Homophobie Herrlicher Shitstorm! Offensichtlich finden viele Homophobie, Antisemitismus & Ehrenmorde völlig ok.
— Nicolaus Fest (@NicolausFest) July 27, 2014
Aber bald schon hatte Fest nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch die "Bild"-Chefredaktion gegen sich. Diekmann höchstpersönlich sah sich zu einem richtigstellenden Kommentar gezwungen. Er wendet sich darin gegen den Islamismus, den Islam aber nimmt er in Schutz: "Wer eine Religion pauschal ablehnt, der stellt sich gegen Millionen und Milliarden Menschen, die in überwältigender Mehrheit friedlich leben." Zwar geht Diekmann nicht direkt auf das Manifest des "BamS"-Mannes ein, aber deutlicher kann man sich kaum distanzieren.
Auch Fests Vorgesetzte, "BamS"-Chefredaktuerin Marion Horn, stellt via Twitter klar:
.@BILDamSonntag hat Gefühle verletzt. Ganz deutlich: Wir sind nicht islamfeindlich! Ich entschuldige mich für den entstandenen Eindruck
— Marion Horn (@marionhorn) July 27, 2014
Allerdings, so ganz ohne Gegenwehr lässt Fest die öffentliche Maßregelung nicht über sich ergehen: Sein letzter, schon früh abgesetzter Twitter-Kommentar jedenfalls macht deutlich, dass er kaum - wie Diekmann - zwischen Islam und Islamismus trennen mag:
Morgen inBILD: Diekmann zu #IntegHindernisIslam. Aber gibt es Grenze zw. Islam / Islamismus? Antisem.Demonstranten waren Mütter & Normalos.
— Nicolaus Fest (@NicolausFest) July 27, 2014
Der umstrittene Kommentar vom Wochenende jedenfalls hat den "BamS"-Vize zu einer ungeahnten Prominenz verholfen. Nicht nur, dass Medienjournalist Stefan Niggemeier in seinem Blog Fest als streitbaren Hardliner porträtiert, die Medien berichten breit über den Fauxpas, und Grünen-Politiker Beck fordert eine Entschuldigung.
Daneben hat Nicolaus Fest erstmals einen Eintrag bei Wikipedia erhalten: Dort allerdings ist nur die Debatte um den islamkritischen Kommentar dokumentiert, weitere Informationen zu ihm als Person fehlen bislang. Festgehalten jedenfalls ist, dass Fest ausgebildeter Rechtsanwalt ist: Als dieser dürfte er wissen, mit welchen öffentlichen Äußerungen er sich auf dünnem Eis bewegt.
Ob die Äußerungen nun für ihn auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben werden? Springer-Sprecher Tobias Fröhlich weicht auf Anfrage von W&V-Reporter Florian Zettel aus: "Kai Diekmann hat heute in 'Bild' unmissverständlich klargestellt, dass im aktuellen Fall die Meinung des Autors nicht die Meinung von 'Bild' oder von Axel Springer ist. Damit ist aus unserer Sicht alles gesagt."
Update: Gegen den islamfeindlichen Kommentar von Fest in der "BamS" sind bereits 148 Beschwerden beim Deutschen Presserat eingegangen, wie Geschäftsführer Lutz Tillmanns dem "Tagesspiegel" mitteilt. Beanstandet worden sei etwa ein möglicher Verstoß gegen Ziffer zehn des Pressekodex', wonach die Presse darauf verzichtet, religiöse Überzeugungen zu schmähen. Der Presserat prüfe nun, ob die Beschwerden zulässig seien. Zeitgleich setzt sich die stets Diekmann-kritische "taz" auf ihre Art mit dem Fall auseinander ...
Jetzt offiziell: Dank @KaiDiekmann gehört der Islam jetzt auch zur @BILD - #taz Titel der Dienstagausgabe pic.twitter.com/AEIs2YR8EE
— Ines Pohl (@inespohl) 28. Juli 2014