BDZV/APR/Antenne Bayern :
Print und Funk beklagen Bayern-Veto: ProSiebenSat.1 darf regional werben
Was BDZV, APR und Antenne Bayern aus München hören, macht sie wütend: Entgegen ihrer Erwartung wollen die Länder ProSiebenSat.1 regionalisierte Werbung nach einem Gerichtsurteil erlauben. Bayern bricht wohl aus der Phalanx der Gegner aus.
Eine große Welle der Empörung schwappt über die Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gegen das geplante Verbot regionaler Werbung durch bundesweit sendende TV-Unternehmen. Auslöser dieser Blockade sei offenbar der Freistaat Bayern, mutmaßt der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in einer Mitteilung. Die Verleger haben offensichtlich die gleichen Informationen wie der Privatfunkverband APR und der bayerische Privatsender Antenne Bayern. Sie alle stoßen zum Wochenende ins selbe Horn und verbreiten ihre Befürchtungen vor einer massiven Konkurrenzsituation, nachdem Bayern eingeknickt sei und ProSiebenSat.1 bereits auf dem Vormarsch ist.
Aber zurück zum BDZV. Die von der MPK angekündigte Prüfung und Verschiebung auf den 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei medienpolitisch ein Desaster, kritisiert Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. Der Werbemarkt werde bereits jetzt unter den TV-Anbietern neu verteilt. "Was nicht heute geregelt wird, kommt zu spät. Damit legt die Politik einmal mehr völlig unnötigerweise die Axt an die wirtschaftlichen Grundlagen der Verlage." Wolff verweist auf das Bundesverfassungsgericht, das vor fast 30 Jahren festgehalten habe: "Sollte die Konkurrenz durch den Rundfunk die Funktionsfähigkeit der Presse beeinträchtigen, werde es Aufgabe des Gesetzgebers sein, Vorkehrungen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit zu treffen." Ein ausdrückliches Verbot regionaler Werbung für TV-Anbieter mit nationalem Programm habe es nur deshalb nicht gegeben, weil die TV-Anbieter aus technischen Gründen nicht in der Lage gewesen seien, ihre Werbung regional auseinander zu schalten, so Wolff, der es zudem "pikant" findet, dass allein jenes Bundesland ein Veto einlege, in dem der private TV-Sender ProSieben/Sat.1 seinen Sitz habe.
Für regionale und lokale Radio- und TV-Anbieter – hinter denen wiederum zumeist Verleger stehen – bedauert die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) das weiß-blaue Veto. Das Veto Bayerns gegen die seit Wochen einstimmig im Länderkreis abgestimmte Klarstellung im Rundfunkstaatsvertrag zur regionalen TV-Werbung sei bedauerlich, betont der Verbandsvorsitzende Felix Kovac - ebenfalls aus Bayern. Er befürchtet nun ein "massives Eindringen der beiden privaten TV-Familien in regionale Werbemärkte". Angesichts ohnehin nicht wachsender nationaler Umsätze sei gerade der Hörfunk für die Finanzierung seiner Inhalte auf diese Werbeeinnahmen angewiesen.
Aus Bayern kommt noch mehr Kritik am kolportierten Münchner Sonderweg. "Ein hoch regulierter Hörfunkmarkt gerät weiter unter Druck durch eine einseitige Deregulierung", schimpft Antenne-Bayern-Boss Karlheinz Hörhammer. Die bayerische Staatsregierung, "die vor vielen Jahren diese vielfältige private Hörfunklandschaft geschaffen hat, gefährdet nun genau diese durch so eine Maßnahme", moniert der Privatfunk-Macher. Selbst wenn dies aus standortpolitischen Überlegungen entstanden sein sollte, "dürfte der Eintritt vieler nationaler TV-Anbieter in diesen Markt zu erheblichen Problemen und massiven Umsatzeinbrüchen auf Seiten der privaten Hörfunkanbieter im Freistaat führen", warnt Hörhammer.
Seit Mitte Dezember liegt der ProSiebenSat.1-Familie per Kadi die Erlaubnis vor, den Kunden des hauseigenen Vermarkters SevenOne Media auch regionalisierte Werbung anbieten zu dürfen. Seit Jahresanfang gibt es nun die Offerte, Opel war Premierenkunde. Seit dieser Woche hat der Konzern wichtige Verbündete im umstrittenen Angebot: den NRW/Hessen/BaWü-Netzbetreiber Unitymedia KabelBW und TV Bayern, Werbeverbund der regionalen privaten Fernsehsender im Freistaat – trotz Protesten aus den eigenen Senderreihen. Der Bayern-Deal sieht vor, dass SevenOne Media die kleinen TV-Stationen an der Hand nimmt bei der Vermarktung. Vielleicht muss der Schulterschluss mit den schwächeren Kleinsendern auch als strategischer Schritt der großen TV-AG eingestuft werden: als Türöffner für ein politisches Veto ausgerechnet aus der Münchner Staatskanzlei.