Marktforschung:
Online-Umfragen: Das Schummeln fängt schon beim User an
Wer sich im Internet Marktforschungsdaten beschafft, sollte eines wissen: einige Angaben rücken die Nutzer ungern heraus, etwa ihre Telefonnummer. Lieber flunkern sie.
Beim Online-Kauf von Produkten oder Dienstleistungen geben gut 41 Prozent der Verbraucher einer globalen Umfrage zufolge falsche personenbezogene Daten an. Die häufigsten falschen Angaben betreffen Telefonnummer, Geburtsdatum und die E-Mail-Adresse, teilte das IT-Sicherheitsunternehmen RSA Security mit. Das zum Computerbauer Dell gehörende Unternehmen hatte 7500 Erwachsene in Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA befragt - natürlich online.
Diese ernüchternden Zahlen sind Wasser auf die Mühlen all derer, die der Marktforschung und ihren Datenquellen misstrauen. "Wer Quick and Dirty bestellt, bekommt leider eben oft genau das," kommentierte dazu W&V Kollege Thomas Nötting.
Der Schwarze Peter geht in diesem Falle aber an die Unternehmen und ihre aufdringlichen Call-Center: Als wichtigste Gründe für Fantasie-Angaben nannten die Befragten die Vermeidung unerwünschter Anrufe (59 Prozent) und befürchteter Marketingmaßnahmen (57 Prozent).
In der Umfrage gaben zudem 78 Prozent an, bewusst die Menge an personenbezogenen Informationen zu beschränken, die sie online weitergeben. Allerdings würden nur 55 Prozent der Befragten die Weitergabe ihrer Daten an ein Unternehmen vermeiden, von dem sie wüssten, dass es Daten ohne Einwilligung verkauft oder missbraucht habe. 90 Prozent der Teilnehmer haben demnach ihre Befürchtungen in Bezug auf Verlust, Diebstahl oder Manipulation ihrer Daten geäußert.
"Den Verbrauchern ist der Wert ihrer persönlichen Daten völlig klar, und trotz aller angebrachten Vorsicht sind sie auch bereit, diese unter den passenden Umständen weiterzugeben", sagte Rashmi Knowles, Manager bei RSA Security. Knapp ein Drittel sei überzeugt, so bessere und personalisierte Produkt-Angebote zu erhalten. Gut ein Viertel (26 Prozent) würden gern ihre Daten preisgeben, wenn sie dafür einen besseren Service erhielten.
Das sollten Marketer wissen:
Zwar besitzen die Unternehmen heute mehr Daten über ihre Kunden als je zuvor, aber nur 15 % sind wirklich überzeugt, dass die Marken deshalb bessere und personalisiertere Produkte/Dienstleistungen bieten.
Nur jeder Vierte (25 %) wäre bereit, personenbezogene Informationen für ein besseres Einkaufserlebnis/bessere Serviceleistungen weiterzugeben.
48 % glauben, dass es keine Alternative zur Weitergabe personenbezogener Daten beim Kauf von Produkten und Serviceleistungen von Unternehmen gibt. Die 18-24- und die 25-34-Jährigen sind am wahrscheinlichsten dieser Meinung (49 % bzw. 53 %).
38 % fühlten sich gezwungen, personenbezogene Daten an Unternehmen weiterzugeben, die ihrer Meinung nach für das betreffende Produkt bzw. die betreffende Dienstleistung unerheblich waren.
30 % der 18-24-Jährigen "resignieren" und geben ihre personenbezogenen Daten einfach weiter.
Mehr als die Hälfte (55 %) ist der Meinung, dass die Verbraucher so an die Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten gewöhnt sind, dass eine Trendumkehr praktisch unmöglich ist.
Hier flunkern die Deutschen am meisten:
Über ein Drittel der Deutschen (39 %) gab zu, personenbezogene Informationen bei der Registrierung für ein Produkt/eine Dienstleistung absichtlich zu fälschen.
Je jünger eine Person ist, desto wahrscheinlicher fälscht sie personenbezogene Informationen. 65 % der 18-24-Jährigen und 58 % der 25-34-Jährigen räumten dies ein.
Die am häufigsten gefälschten personenbezogene Informationen sind:
- Telefonnummer (26 %)
- Geburtsdatum (15 %)
- Name und Alter (jeweils 12 %)
Das sind die wichtigsten Gründe für das Fälschen personenbezogener Informationen:
- Vermeidung unerwünschter Kommunikation (d. h. Anrufe, SMS, E-Mails) von Unternehmen (59 %)
- Wollen nicht das Ziel von Marketingmaßnahmen werden (57 %)
- Die angeforderten Daten sind ihrer Meinung nach für das jeweilige Produkt/die jeweilige Dienstleistung unerheblich (44 %)
- Mangelndes Vertrauen, dass das Unternehmen mit den personenbezogenen Daten korrekt umgeht (34 %)
Hier sind die Deutschen besonders heikel:
Auf die Frage, welche personenbezogenen Daten sie geschützt wissen wollen ...
- gab die Mehrheit der Befragten in Deutschland (81 %) ihre Finanz- und Bankinformationen an, dicht gefolgt von ihren Sicherheitsinformationen (77 %) einschließlich Passwörtern
- erklärten drei Viertel (70 %), dass sie Wert auf den Schutz ihrer Ausweispapiere, d. h. Personalausweis, Pass und Führerschein, legen
- antworteten deutsche Verbraucher, dass ihnen der Schutz ihrer Kontaktinformationen (53 %), Kommunikationsdaten (d. h. Kurznachrichten und E-Mails) (52 %) und genetischen Daten (d. h. ihre DNA) (51 %) weniger wichtig ist.
Das ängstigt die Deutschen:
- Mehr als die Hälfte (55 %) findet es "unheimlich", dass Tracking-Technologien und Wearables, wie beispielsweise Fitnesstracker, Daten über jeden ihrer Schritte erfassen und speichern.
- 65 % fürchten, dass Geld ohne ihr Wissen von ihrem Konto abgehoben werden könnte
- 52 % haben Angst vor Identitätsdiebstahl.
- Ein Drittel (29 %) fürchtet durch Tricks zur Preisgabe ihrer Passwörter verleitet zu werden
- 38 % äußert die Befürchtung, dass kompromittierende oder sensible Informationen an die Öffentlichkeit gelangen
- Ein Viertel hat Angst vor Erpressungen aufgrund des Verlusts, des Diebstahls oder der Manipulation von Nachrichten
Zur Methode:
Wenn nichts Gegenteiliges angegeben ist, stammen alle Zahlen von YouGov Plc. Die gesamte Stichprobe umfasste 7.579 Erwachsene aus UK, US, Frankreich, Deutschland und Italien. Die Umfrage fand zwischen 15. Dezember 2017 und 3. Januar 2018 statt. Die Umfrage wurde online durchgeführt. Die Zahlen wurden gewichtet und sind für alle Erwachsenen (über 18 Jahre) in der jeweiligen Region repräsentativ.
Die deutsche Stichprobe umfasste 2.232 Erwachsene.
am/dpa