Neues WDR-Gesetz :
NRW reduziert Radiowerbung beim WDR - und schockt Werbungtreibende
Der OWM geht davon aus, dass der am Mittwoch beschlossene Werbebann beim WDR die Kunden ins Digitale treiben wird - am Privatfunk vorbei.
Nun also doch weniger Werbung im WDR-Hörfunk: Der NRW-Landtag hat am Mittwoch mit den Stimmen der rot-grünen Regierungsfraktionen ein neues WDR-Gesetz verabschiedet. Damit wird unter anderem die Werbezeit im Hörfunk der öffentlich-rechtlichen Anstalt schrittweise verringert - von jetzt 90 Minuten täglich auf 60 Minuten bis 2019. Wie beim Vorbild NDR, wird ab dann Werbung zudem nur noch auf einer Welle möglich sein. Alle fünf Landtagsfraktionen bekannten sich im Grundsatz zur Werbefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. WDR-Intendant Tom Buhrow hatte das Reklame-Minus bereits im Vorfeld scharf kritisiert – und tut dies direkt nach dem Landtags-Votum erneut:
"Ich halte dies für eine kurzsichtige Entscheidung, die ausschließlich den Interessen der Verleger und unseren kommerziellen Radio-Konkurrenten folgt. Sie geht komplett zu Lasten des WDR. Das ist ein fatales Signal für unsere WDR-Kolleginnenund Kollegen, die in den letzten Jahren so hart dafür gearbeitet haben, unsere Strukturen schlanker aufzustellen."
Während Privatfunkverbände wie VPRT und APR oder Vermarkter RMS das neue Gesetz umgehend beklatschen, das sie zuvor mit Blick auf das NDR-Modell eingefordert hatten, und die Vorteile für die private Konkurrenz hervorheben, wirkt die werbungtreibende Seite regelrecht geschockt. OWM-Geschäftsführer Joachim Schütz kritisiert den Alleingang Nordrhein-Westfalens mit den Worten: "Mit der heute beschlossenen schrittweisen Reduzierung der verfügbaren Werbezeit schädigt die NRW-Landesregierung alle werbenden Unternehmen im bevölkerungsreichstem Bundesland." Die Entscheidung schwäche die Gattung Hörfunk insgesamt, zeigt sich die Organisation Werbungtreibende im Markenverband überzeugt.
"Die OWM hat bereits 2012 in ihrer Hörfunkstudie nachgewiesen, dass frei werdende Werbegelder bei einer Reduzierung nicht in Richtung Privatradio sondern zugunsten anderer Werbemöglichkeiten aus dem Hörfunk abfließen würden. Diese Gelder kommen insbesondere den digitalen Werbeformen zugute", befürchtet Schütz, der damit ins selbe Horn stößt wie Elke Schneiderbanger wenige Stunden vor dem Beschluss. Die Geschäftsführerin des ARD-Vermarkters AS&S hatte gewarnt: "Die größte Konkurrenz für die Umsätze der privaten und öffentlich-rechtlichen Radiosender ist das Internet. Freiwerdende Budgets wandern daher im Zweifel zu Google & Co oder werden eingespart. Das ist die Realität."
Radio NRW und die NRW-Verleger hinter dem Lokalfunksystem sind naturgemäß zufrieden mit der Entscheidung, wie sie per Mitteilungen verbreiten. Ihre Kollegen aus Bayern fordern prompt Ähnliches für den BR. Und der Radiovorsitzende des Privatfunkverbandes VPRT, Klaus Schunk, sieht für seine Gattung klare Vorteile durch das neue Gesetz. Er tut nach dem Landtagsbeschluss kund:
"Die Zahlenspielereien des WDR und der Aufschrei der ARD-Vermarktungsgesellschaften ändert nichts daran, dass hier ein wichtiger Beitrag zu mehr Gerechtigkeit im Wettbewerb von öffentlich-rechtlichen und privaten Radioveranstaltern geleistet wurde, der der Gattung Radio auch in NRW nicht schaden, sondern den Lokalfunk stabilisieren wird."
Das Gesetz reicht indes noch weiter: Es soll beim WDR neben weniger Werbung auch Transparenz, Kontrolle und Staatsferne regeln. Denn eine umstrittene Millionen-Gage für Thomas Gottschalk hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der Showmaster hatte 2012 die volle Gage erhalten, obwohl seine ARD-Vorabendshow ”Gottschalk live“ vorzeitig abgesetzt worden war. Die WDR-Aufsichtsgremien waren darüber nicht informiert. Künftig unterliegen Programme ab einem Vertragsvolumen von zwei Millionen Euro den Aufsichtsgremien - auch, wenn sie von oder auf Rechnung von Tochtergesellschaften beauftragt werden.