UKW-Pläne :
Munition im Puls-Zoff: VPRT und BR fetzen sich nach Gutachten
Der VPRT als Lobby des Privatfunks attackiert die Pläne, BR-Klassik auf UKW durch das junge Puls zu ersetzen, mit einem Gutachten. Der BR schießt zurück.
Der Privatfunk meint es mit seiner Kritik an den UKW-Plänen für die BR-Jugendmarke Puls ernst und bringt mit einem Rechtsgutachten die Münchner ARD-Anstalt gegen sich auf. Christoph Degenhart von der Universität Leipzig erteilt nämlich in der Analyse für den Privatfunkverband VPRT dem geplanten Frequenztausch mit der Welle BR-Klassik, die dann im Gegenzug zu Puls ins Digitalradio DAB+ abwandern soll, eine Absage. Er urteilt, dass "sowohl ein Frequenz- als auch ein Programmwechsel gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt und zudem verfassungswidrig ist".
Degenhart stützt sein Ergebnis unter anderem auf Paragraph 19 Rundfunkstaatsvertrag, wonach die analoge Verbreitung eines bisher ausschließlich digital verbreiteten Programmes "unzulässig" sei. "Diese Bestimmung habe Vorrang vor den anderslautenden Regelungen des Bayerischen Rundfunkgesetzes", teilt der VPRT mit Blick auf das BR-Vorhaben mit. "Gegen den Grundversorgungsauftrag des Bayerischen Rundfunks, der insbesondere auch einen kulturellen Auftrag mit Verfassungsrang" verstoße der Plan ebenfalls – weil der BR mit einer "lediglich digitalen DAB+-Verbreitung von BR-Klassik anstelle einer flächendeckenden UKW-Verbreitung" dem nicht nachkommen könne. Klaus Schunk, im VPRT-Vorstand Vertreter der Radiobranche, hat zudem "wettbewerbspolitischen Befürchtungen": "Ein über UKW verbreitetes BR-Jugendprogramm würde, auch wenn es werbefrei wäre, durch die entsprechenden Reichweitenverluste einige private bayerische Lokalradios sowie den Wettbewerb im gesamten bayerischen Radiomarkt erheblich zu Lasten der Privaten beeinträchtigen."
Die Antwort des Bayerischen Rundfunks fällt erwartungsgemäß geharnischt aus. Dessen Juristischer Direktor Albrecht Hesse kontert: "Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Bayerischen Rundfunks ist das Bayerische Rundfunkgesetz. Danach hat der Bayerische Rundfunk den Auftrag, die gesamte Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen zu versorgen. Dies hat die neueste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum ZDF-Staatsvertrag noch einmal ausdrücklich betont." Um diesen Auftrag erfüllen zu können, müsse er sein Angebot zeitgemäß fortentwickeln können – heißt es mit Blick auf das BR-Vorhaben, auf UKW Jung gegen Alt zu tauschen. Auch der BR zieht Paragraphen aus der Tasche: Dem Zweck der Fortentwicklung diene "die Bestands- und Entwicklungsgarantie, die Verfassungsrang hat und in Art. 1 Abs. 2 des Bayerischen Rundfunkgesetzes noch einmal bekräftigt wird". Die geplanten Maßnahmen dienten dem Ziel, "auch ein jüngeres Publikum zu erreichen und dem drohenden Generationenabriss entgegen zu wirken".
"Vier der fünf UKW-Programme des BR sprechen ein Publikum an, das älter als 50 Jahre ist", meint der BR-Mann mit Blick auf – tatsächlich bestehende – Probleme des BR-Senderportfolios. Bayern 3 erreiche als einziges UKW-Programm noch mehrheitlich Menschen unter 50, könne aber ebenfalls "nicht die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen in großem Umfang ansprechen", gibt der BR preis, der indes eine Verjüngung der Programme selbst nicht in Betracht zieht. Die Umwidmung der UKW-Frequenzen von BR-Klassik für Puls sei überdies nach Art. 2 Abs. 4 des Bayerischen Rundfunkgesetzes zulässig: Die Anzahl der analogen Hörfunkprogramme vergrößere sich nicht, und es entstünden insgesamt keine Mehrkosten. Und: "Die Bestimmung des Bayerischen Rundfunkgesetzes geht als jüngeres und spezielleres Gesetz der Bestimmung im Rundfunkstaatsvertrag vor."
Der Streit wird sich wohl noch hinziehen. Letztendlich muss der Rundfunkrat des BR darüber entscheiden, ob Puls über UKW BR-Klassik ersetzen wird. Auch eine Online-Petition besorgter Bürger versucht das zu verhindern und zählt mittlerweile mehr als 48.000 Unterstützer.
Puls ist im vergangenen Frühsommer erst einmal als multimediales Projekt im Netz und via DAB+ an den Start gegangen; geübt wird allerdings in UKW mit Hilfe eines Nacht-Fensters auf der Popwelle Bayern 3 am Freitag. Von Anfang an hatten die privaten Mitbewerber das Projekt kritisiert.