Petra Schwegler:
Kommentar: "Bravo" krankt nicht am Papier, sondern am Inhalt
Längst überfällig findet W&V-Redakteurin Petra Schwegler den jetzt kommunizierten Schritt des Bauer-Verlags, "Bravo" nur noch alle 14 Tage an den Kiosk zu bringen und Inhalte für Teens zeitgemäß übers Internet zu spielen.
Waren Sie in letzter Zeit mal im Zimmer eines Teenagers? Besuchen Sie doch einfach 13- oder auch 16-Jährige – und Sie verstehen dann vielleicht besser, warum eine "Bravo" in der bekannten Form nicht mehr funktionieren kann. Dort liegen USB-Sticks neben dem Smartphone, das wiederum den Raum via Lautsprecher beschallt. Der PC-Bildschirm flimmert, TV samt Festplattenrekorder oder Playstation stehen auf dem Regal parat. Einige ausgewählte CDs lehnen an der Stereoanlage, selbst diverse Zeitschriften ragen unter dem Bett hervor.
Schnell wird klar: Konsumiert wird von der eigentlichen "Bravo"-Zielgruppe ganz gezielt, was interessiert. Das Medium spielt dabei weniger eine Rolle. Hauptsache, die Jugend bekommt etwas Neues und Überraschendes präsentiert. Auf dem Printstapel liegt dann eher eine Ausgabe des monothematischen Benetton-Magazins "Colors", in dem alle Facetten der Apokalypse durchgespielt werden – womit sich die Millennials eben so beschäftigen. Die Vielzahl an Medienkanälen und Angeboten macht es möglich, dass die heutige Jugend von Anfang an sehr selektiv ihre Inhalte konsumiert – das belegen immer mehr Studien. "Bravo" krankt daher nicht am Papier, sondern am Inhalt: Den bunten Strauß an Starschnitten, Dr. Sommer, Mode oder Lovestories will der Teen heute nicht mehr von der "Bravo" per Vorauswahl gepflückt bekommen. Nein, seinen "Content" sucht er sich schon selbst zusammen.
Höchste Zeit also, dass die "Bravo" den radikalen Schritt geht, halb so viel Print macht, das Gedruckte in Form und Anspruch aufwertet und deutlich mehr aufs Digitale setzt. Bei Bravo.de hat die Bauer-Crew übrigens ein viel besseres Händchen und mehr Reichweitenerfolg: Diät-Diskussionen, Neues von Facebook, Google und Konsorten, Dessous-Tipps, Sex-Themen, Star-Gossip, das Ganze garniert mit dem Heftig-Style, zeitgemäß präsentiert für Teens mit vielen Bildern und Social-Web-Buttons. Kurzum: Der Generation Golf graut. Gut so!