Bayerischer Verfassungsgerichtshof:
Klage gegen Rundfunkbeitrag: Rossmann kassiert Schlappe
Mehr als fünf Mal so viel Rundfunkbeitrag pro Jahr für Rossmann nach dem Systemwechsel bei ARD und ZDF? Das sei okay, urteilen Bayerns Verfassungsrichter.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat den Rundfunkbeitrag als verfassungsgemäß bestätigt. Die Abgabe verletze keine Grundrechte und sei auch keine Steuer, begründet das Gericht die Entscheidung am Donnerstag in München. Die Popularklagen seien daher unbegründet. Den Prozess hatten der Anwalt Ermano Geuer aus Ingolstadt und die Drogeriemarktkette Rossmann angestrengt. Sie halten den Beitrag in der seit 2013 geltenden Form für ungerecht. Danach bemisst sich die Beitragshöhe für Unternehmen unter anderem danach, wie viele Beschäftigte, Betriebsstätten und Firmenfahrzeuge sie haben.
Das Verfahren der Firma Rossmann vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof richtete sich konkret gegen die Zustimmung des Bayerischen Landtags zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Dass die Klägerin "Rundfunkabgaben in Höhe von 200.000 Euro jährlich entrichten soll, obwohl sie aus dem staatlichen Angebot kaum einen Nutzen zieht, sprengt jede vernünftige Dimension", hieß es in der Klage. Rossmann kündigte vergangenes Jahr an, man werde nötigenfalls auch vors Bundesverfassungsgericht ziehen, zumal sich die Abgabenbelastung mehr als verfünffacht habe (bis Ende 2012 zahlte Rossmann 39.500 Euro jährlich an Rundfunkgebühren). Auch die beiden am Donnerstag Unterlegenen wägen den Weg durch alle Instanzen ab.
Der Kommentar der in diesem Fall zuständigen Münchner ARD-Anstalt Bayerischer Rundfunk lässt nicht lange auf sich warten. Dort betont der Juristische Direktor Albrecht Hesse nach dem Urteil: "Es ist sehr erfreulich, dass nach dem Verfassungsgerichtshof von Rheinland-Pfalz auch der Bayerische Verfassungsgerichthof den Rundfunkbeitrag als verfassungsgemäß bestätigt hat. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Rechtssicherheit. Das Fundament der Reform hat sich damit als stabil und tragfähig erwiesen." Aber Hesse räumt auch Nachbesserungen am Systemwechsel hin zum Rundfunkbeitrag ein. Er sagt weiter: "Auf gesicherter Grundlage besteht nun die Chance, im Rahmen der geplanten Evaluierung die Auswirkungen des Staatsvertrags noch einmal sorgfältig zu prüfen und, wo nötig, einzelne Regelungen zu überarbeiten." BR-Intendant Ulrich Wilhelm hatte Ende 2013 dafür plädiert, angesichts der Mehreinnahmen durch den Rundfunkbeitrag diejenigen Beitragszahler zu entlasten, die "überproportionale Kostensteigerungen zu verzeichnen haben". Dazu gehörten Firmen ebenso wie soziale Einrichtungen. Allerdings ist inzwischen beschlossen worden, die Mehreinnahmen für eine Senkung des Beitrags im kommenden Frühjahr zu verwenden.
Für die Unternehmen reagiert auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, die die Entscheidung des Gerichtshofs in einer Mitteilung bedauert. VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt appelliert: "Es ist jetzt eine politische Gerechtigkeitsfrage für die Länder, eine Korrektur des Gebührensystems vorzunehmen." Die Länder sind es, die die Rundfunkstaatsverträge und damit auch die Gebührenordnung in der Hand haben. Der Wirtschaftsverband rechnet weiter vor, dass Firmen bei den Mehreinnahmen für ARD, ZDF und Deutschlandradio von über 1,15 Milliarden Euro bis 2016 überdurchschnittlich viel beisteuern würden. Brossardt: "Die KEF rechnet allein im Kfz-Bereich mit Mehreinnahmen von 87,7 Millionen Euro und bei den Betriebsstätten von 492,6 Millionen Euro." Diese Mehrbelastung der Wirtschaft sei "nicht akzeptabel".
Am Dienstag hatte bereits der rheinland-pfälzische VGH eine ähnlich gelagerte Klage abgewiesen. Im Kern ging es in diesem Verfahren darum, ob das öffentlich-rechtliche Finanzierungsmodell Grundrechte wie den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Das verneinte der VGH eindeutig. Die Unterschiede bei der Abgabenlast von Privatpersonen und Unternehmen beruhten auf vernünftigen, einleuchtenden Gründen. Es sei auch nichts dagegen einzuwenden, dass Unternehmen je nach Zahl der Betriebsstätten, der Mitarbeiter sowie der Firmenfahrzeuge typisiert würden und nicht jeder Fall einzeln betrachtet werde.
Bundesweit sind noch viele ähnliche Klagen vor Verwaltungsgerichten anhängig, etwa von dem Autovermieter Sixt, der notfalls ebenfalls bis nach Karlsruhe ziehen will.