
Steuer? Fällig pro Haushalt?:
Karlsruhe klärt, ob der Rundfunkbeitrag rechtmäßig und gerecht ist
Unter anderem Sixt klagt – und das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Mittwoch über die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrages. Mehr Gerechtigkeit könnte angemahnt werden.

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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entscheidet am Mittwoch darüber, ob der Rundfunkbeitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio in seiner jetzigen Form rechtmäßig ist oder nicht.
Im Kern geht es dabei um zwei Fragen: Zum einen muss das höchste deutsche Gericht feststellen, ob es sich bei dem Beitrag nicht vielmehr um eine Steuer handelt. Wäre dies der Fall, hätten die Länder, die den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag aufgesetzt haben, keine Gesetzgebungskompetenz.
Zum zweiten muss geklärt werden, ob es zulässig ist, den Beitrag von derzeit monatlich 17,50 Euro pro Haushalt beziehungsweise Wohnung zu erheben - und nicht mehr wie vor der Reform im Jahr 2013 nach Art und Zahl der Geräte. Bei Firmen ist seitdem unter anderem die Anzahl der Beschäftigten, Betriebsstätten und der Dienstwagen ausschlaggebend.
Wie es zum Rundfunkbeitrag kam
Das geräteunabhängige Zahlmodell war aus Sicht der öffentlich-rechtlichen Sender in Zeiten von Smartphone und fernsehfähigen Computern eine überfällige Reform. Die Neuregelung trat jedoch eine wahre Prozesslawine gegen die ”Zwangsabgabe“ vor den Verwaltungsgerichten los.
Auch die Landesverfassungsgerichte in Bayern und Rheinland-Pfalz urteilten dazu - und erklärten den Beitrag bislang für rechtmäßig, ebenso wie mehrfach das Bundesverwaltungsgericht. Drei Privatleute sowie der Autoverleiher Sixt sind nun bis zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe gezogen. Sie sehen den Beitrag als Steuer und wehren sich gegen die aus ihrer Sicht ungerechte Belastung.
Der gewerbliche Kläger Sixt wehrt sich dagegen, dass etwa für private Fahrzeuge kein Beitrag fällig ist, für betrieblich genutzte Fahrzeuge aber schon. Zweitwohnungsbesitzer würden darüber hinaus benachteiligt, die zweifach zahlen müssen, obwohl sie ja immer nur in einer Wohnung Radio hören oder fernsehen könnten. So hatte einer der drei privaten Kläger bei der Verhandlung am 16. Mai argumentiert und für einen personenbezogenen Beitrag geworben.
Intensiv beschäftigten sich die Verfassungsrichter auch damit, ob es fair ist, wenn beispielsweise zwei in einer Wohnung wohnende Doppelverdiener genau so viel bezahlen müssten wie eine alleinerziehende Mutter; wenn Studenten einer WG sich den Beitrag teilen können - und ein alleinwohnender Single ihn hingegen alleine tragen muss. Der Beitrag werfe "Probleme einer gleichheitsgerechten Belastung auf", hatte der Vorsitzende des Ersten Senats, Ferdinand Kirchhof, während der Verhandlung gesagt - und kritische Fragen gestellt.
Was Karlsruhe entscheiden könnte
Korrekturen am Beitragsmodell könnten also höchstrichterlich angemahnt werden. Einer generellen Schelte und Kritik des Angebots der Öffentlich-Rechtlichen gaben die Verfassungsrichter während der Verhandlung hingegen keinen Raum.
Die Öffentlich-Rechtlichen führen ins Feld, dass in fast allen Haushalten mindestens ein Fernsgerät stehe. Der Beitrag sei allein schon durch die bloße Möglichkeit gerechtfertigt, die Angebote zu nutzen. "Das jetzige System ist ungeheuer einfach und es belastet nicht mehr als früher", hatte etwa der Bevollmächtigte der Bundesländer, Dieter Dörr, in der Verhandlung gesagt.
Ein Befangenheitsantrag gegen Kirchhof war übrigens drei Wochen vor der Verhandlung zurückgewiesen worden. Die Verfasser des Ablehnungsgesuchs wollten ihn nicht über den Rundfunkbeitrag mitentscheiden lassen: Kirchhofs Bruder und früherer Verfassungsrichter Paul Kirchhof hatte im Jahr 2010 für ARD, ZDF und Deutschlandradio ein Gutachten zu der damals noch nicht umgesetzten Abgabe erstellt. Und war zu dem Schluss gekommen, dass sie verfassungsgemäß ist.
W&V Online/dpa