Der Verdachtsfall war für männliche und weibliche Befragte identisch, für die beiden anderen Fälle wurden jeweils geschlechtsspezifische Varianten präsentiert. Eine eindeutige Kennzeichnung von kommerziellen Inhalten ist die Ausnahme, konstatieren die Autoren, obwohl in beinahe der Hälfte der Posts ein Produkt oder eine Dienstleistung erwähnt wurde. In 5,5 Prozent aller Fälle tauchte zudem ein expliziter Kaufappell in einem nicht als werblich gekennzeichneten Post auf und in 2,5 Prozent der gekennzeichneten Beiträge.

Junge können Influencer-Werbung gut einschätzen

Aus Sicht des Jugendmedienschutzes gibt es aber auch beruhigende Befunde. In den Interviews der HdM-Forscher mit Jugendlichen zeige sich, dass diese über einen relativ hohen Wissensstand zum Thema Influencer und Werbung verfügen und können im Allgemeinen gut einschätzen, wo die Werbung anfängt. Wenn die Rezipienten Gymnasiasten sind und ein höheres Alter haben, dann ist ihre Einschätzung entsprechend umso genauer.

An Wichtigkeit nimmt offenbar auch die ästhetische Gestaltung der werblichen Inhalte zu. Oft wird auch an der Qualität des Materials erkennbar, dass es sich um Werbung handelt. "Offenkundig bilden in der Wahrnehmung einer jüngeren Mediengeneration Ästhetisierung und Authentifizierung keine Widersprüche mehr. Neben der ästhetischen Qualität spielt der Grad der empfundenen persönlichen Nähe oder Verbundenheit zum/r Influencer/in eine Rolle für die Wertschätzung eines Posts", heißt es im Fazit.

Direkte Werbung für Kinder gibt es kaum

"Aus Sicht des Kinder- und Jugendmedienschutzes gibt es allerdings auch beruhigende Befunde", konstatieren die Autoren. "Themen und Produkte, die primär Kinder adressieren, spielen in den untersuchten Postings insgesamt eine weniger bedeutsame Rolle, was das Wirkungspotenzial des Influencer-Marketings bezogen auf diese besonders schutzbedürftige Zielgruppe eher einschränkt."

Des Weiteren scheut sich auch die KJM nach mehr Regulierung und Kontrolle zu rufen. In dem Fazit bemerken die Autoren kritisch: "Angesichts der Kombination aus einem hohen täglichen Output eines breiten Spektrums von Influencern mit dem, wie unsere Studie zeigt, hohen Anteil an Posts, die nach einer aufsichtsrechtlichen Prüfung verlangen, ist eine Programmbeobachtung nach dem Vorbild der Rundfunk-Regulierung kaum vorstellbar." Hier müsse man wohl eher auf maschinelles Lernen setzen.

Die KJM empfiehlt außerdem weitere umfassendere Studien zum Themenfeld.


Autor: Anja Janotta

seit 1998 bei der W&V - ist die wohl dienstälteste Onlinerin des Hauses. Am liebsten führt sie Interviews – quer durch die ganze Branche. Neben Kreativ- und Karrierethemen schreibt sie ab und zu was völlig anderes - Kinderbücher. Eines davon dreht sich um ein paar nerdige Möchtegern-Influencer.