
Markenschutz:
Fremde Marken fürs eigene Marketing nutzen?
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, sich über andere Marken selber in Szene zu setzen. Wir sprachen mit den Markenrechtsexperten Katharina Reuer und Thorsten Troge, was erlaubt ist und was nicht.

Foto: Kyle Head Unsplash
Eine fremde Marke als Keyword für die eigene Brand nutzen, sie für sich arbeiten lassen? Tatsächlich gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, den Glanz und die Bekanntheit etablierter Marken für sich zu nutzen – wenn man die Vorgaben für vergleichende Werbung beachtet. Bloße Alibi-Vergleiche gehen nicht. Was erlaubt ist und was nicht, wollten wir von den beiden Markenrechtsexperten Katharina Reuer und Thorsten Troge von der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing wissen.
Frau Reuer, Herr Troge, die Umsätze im E-Commerce steigen kontinuierlich – in Zeiten von Corona noch mehr – und der Wettbewerb im Netz wird härter. Welche Rolle spielen da Marken?
Katharina Reuer: Marken haben den Vorteil, dass sie quasi einen Vertrauensvorsprung mitbringen, dass der Verbraucher schon eine Vorstellung von dem Image und der Qualität des Produktes hat. Gerade wenn es nicht möglich ist, die Produkte live und in Farbe anzufassen und auszuprobieren – wie im Internet –, bieten etablierte Brands einen unschätzbaren Vorteil. Hinzukommt, dass sie über die Eingabe der Marke gezielt gesucht werden können und so viel schneller gefunden werden. Umso wichtiger ist es für Markeninhaber, ihre Marken auch im Internet zu verteidigen.
Thorsten Troge: Marken werden von Nutzern in Suchmaschinen auch oft genutzt, um ganz bestimmte Produktarten, -funktionalitäten oder Styles zu finden. Sie sind dann sozusagen ein Synonym für eine breitere Suche nach einer bestimmten Art von Produkten – unabhängig von der jeweiligen Marke. Das machen sich teils auch die Konkurrenten zu Nutze.
Wenn ich noch keine eigene starke Marke habe, kann ich offensichtlich auch von etablierten und bekannteren Marken profitieren und diese sogar für eigene Werbezwecke nutzen. Ist das wirklich rechtlich sauber?
Thorsten Troge: Rechtlich unproblematisch sind Kooperationen und Co-Branding, also eine aktive Zusammenarbeit. Oft ist das aber von beiden Seiten nicht gewollt, so dass man andere Wege finden muss, um auf sich aufmerksam zu machen. Dabei kann man fremde Marken geschickt für sich nutzen, zum Beispiel beim Keyword-Advertising.
Wie das rechtlich funktioniert, haben Sie jüngst auch in unserem W&V Report Markenschutz im Detail beschrieben. Ist es denn erlaubt, fremde Marken als Keyword zum Beispiel für Google Ads oder Bing Ads für eigene Produkte zu buchen?
Katharina Reuer: Grundsätzlich ja. Jedenfalls, wenn ich ein paar Regeln beachte. Ich darf also eine fremde Marke als Keyword für meine Anzeige buchen. Die fremde Marke darf dann aber nicht mehr in der Anzeige selbst erscheinen und diese muss klar erkennen lassen, dass es um mein Produkt es geht, also eine andere Marke. Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass ich mit meinem Produkt in einer Partnerschaft mit dem Markeninhaber stehe.
Thorsten Troge: Ansonsten gelten natürlich auch hier die allgemeinen Regeln, das heißt, ich darf den Markennamen in der Anzeige verwenden, wenn ich berechtigt Originalware verkaufe, oder angemessen auf eine Kompatibilität mit dem Markenprodukt hinweise. Wichtig ist aber auch hier die sorgfältige Gestaltung der Anzeige, vor allem wenn der Kunde auf eine Seite gelotst wird, die auch konkurrierende Produkte enthält.
Gibt es weitere Möglichkeiten, fremde Marken für das Online-Marketing einzusetzen?
Thorsten Troge: Außerhalb des Keyword-Advertising ist der Spielraum gering. Nutzt man etwa fremde Marken für SEO, also um bei einer Suche nach der Marke in den natürlichen Suchergebnissen zu erscheinen, birgt dies in den meisten Fällen erhebliche Risiken. So führt die Nutzung fremder Marken als Meta-Tags im Quellcode von Webseiten, die Verwendung in weißer/versteckter Schrift oder in versteckten Links in der Regel zu Markenverletzungen.
Katharina Reuer: Anders ist das bei seiteninternen Suchmaschinen von Onlinehändlern und Marktplatzbetreibern wie zum Beispiel Amazon oder Zalando. Eine Verschlagwortung mit fremden Marken, um das Produkt in den Suchergebnissen dieser Seiten erscheinen zu lassen, wenn ein Nutzer nach dieser Marke sucht, ist grundsätzlich dann zulässig, wenn die Suchergebnisseite klar gestaltet ist. Es muss also für den Nutzer erkennbar sein, dass neben den gesuchten Markenprodukten auch ähnliche Produkte in den Ergebnissen enthalten sind, und es muss gewährleistet sein, dass diese markenfremden Produkte ihrerseits klar mit ihrer eigenen Marke oder Bezeichnung gekennzeichnet sind, so dass keine Verwechslungsgefahr entsteht.
Eine offene Verwendung von fremden Marken ist also außer in den genannten Fällen stets unzulässig?
Thorsten Troge: Eine der wichtigsten weiteren Ausnahmen ist der Werbevergleich. Beachtet man die Vorgaben für vergleichende Werbung, können fremden Marken für diesen Zweck genutzt werden, um das konkurrierende Produkt in dem Werbevergleich zu identifizieren. Auch hier ist Vorsicht angebracht. Bloße Alibi-Vergleiche, also „ähnlich wie“ oder „nicht Markenprodukt XY“) reichen natürlich nicht, um von der Ausnahme für vergleichende Werbung zu profitieren. Zudem muss man vor allem aufpassen, nicht den Ruf der fremden Marke unlauter auszunutzen oder zu beschädigen.
Katharina Reuer: Macht man aber eine solche zulässige vergleichende Werbung vor, dürfte man hierfür sogar Meta-Tags oder Hashtags mit der fremden Marke setzen.
Die Autoren
Katharina H. Reuer ist Rechtsanwältin und Salary Partnerin bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehören die außergerichtliche Beratung und die Prozessführung in Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrechtsstreitigkeiten sowie der Begleitung von Werbekampagnen sowie die Betreuung von deutschen, EU- und internationalen Markenanmeldungen.
Thorsten Troge, ebenfalls Rechtsanwalt und Partner bei Taylor Wessing, berät in allen Fragen des Schutzes des geistigen Eigentums und des Wettbewerbsrechts. Seine Tätigkeit umfasst die Beratung und gerichtliche Vertretung auf dem Gebiet des Markenrechts, des Urheberrechts und des Rechts des unlauteren Wettbewerbs sowie den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören die Begleitung von Werbekampagnen und neuen Produkten, die Beratung von Online-Shops und Internetdienstleistern sowie Lizenz- und F&E-Verträge.
Tipp: Wie Sie Ihre Marke erfolgreich gegen Produktpiraterie und anderen Übergriffen schützen, zeigt Rechtsanwalt Stefan Fröhlich hier in seinem Gastbeitrag auf.
W&V REPORT MARKENSCHUTZ
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