Mediareports Prognos:
Forscher warnen TV vor Netflix-Invasion
Steht TV mit der wachsenden Zahl an Streaming-Angeboten ein Bedeutungsverlust wie der Musikindustrie bevor? Davor bewahren will die neueste Analyse von Mediareports Prognos.
Auch wenn Netflix die deutschen TV-Sender erst einmal nicht in Angst und Schrecken versetzt: Die Ankunft des erfolgreichen US-Videostreaming-Anbieters im deutschen Markt in diesem Herbst "markiert den Beginn eines grundlegenden Wandels des Fernsehsystems". Zu diesem Schluss kommen die Forscher hinter Mediareports Prognos, die das Werk "Fernsehen 2018. Das personalisierte Programm" vorlegen. Dort heißt es: "Den etablierten Fernsehstationen droht dabei ein ähnlicher Bedeutungsverlust wie der Musikindustrie." Zwar sei ein schneller Niedergang des Fernsehens in Deutschland, Österreich und der Schweiz unwahrscheinlich. Noch sei kein Ausverkauf, kein "Viewly" als Pendant zur kürzlich gestarteten Magazin-Flatrate Readly zu erwarten. "Doch der Trend zur nicht-linearen Fernsehnutzung und zum personalisierten Programm ist unaufhaltsam", fassen die Forscher um Daniel Hürst zusammen.
So leitet der neueste Mediareports Prognos seine Thesen her: Netflix wird als eine von vielen neuen Alternativen zum herkömmlichen Fernsehen angeführt. "Noch setzen Fernsehsender, Kabelnetzbetreiber, Telekommunikationsunternehmen und Anbieter wie Netflix auf jeweils unterschiedliche technische, inhaltliche und wirtschaftliche Konzepte. Noch spekuliert jeder Akteur auf die eigene Marktdominanz und auf ein überproportional großes Stück vom Kuchen", heißt es. So gebe es bislang zum Beispiel keine umfassende gemeinsame Media- und Videothek aller Fernsehsender und Filmproduzenten, die alle denkbaren Nutzungswünsche und -muster über alle möglichen technischen Plattformen abdecken könne, heißt es in der Studie. Das deutsche Bundeskartellamt hatte sowohl die privatwirtschaftlichen als auch die öffentlich-rechtlichen Versuche einer Online-Videothek vereitelt. Die Forscher bemängeln: "Jedem Einzelanbieter fehlen mehr oder minder viele Puzzlestücke zu einem harmonischen Gesamtangebot. Mediatheken sind lückenhaft, Online-Videotheken sind schlecht sortiert, Videoportale unpopulär." Ein solchermaßen zersplittertes Angebot könnte sich noch als kontraproduktiv erweisen, warnt die Studie. Denn: Zuschauer würden für ein personalisiertes Programm nur dann bezahlen, "wenn es hält, was es verspricht".
Mediareports Prognos rät nun dringend zur Kooperation; ohne werde es nicht gehen. "Die Fernsehakteure haben noch die Wahl, ob sie den anstehenden Wandel abwehrend oder gestaltend angehen wollen. Die Gratwanderung zwischen Wettbewerb und Kooperation ist angesichts des vorherrschenden Lagerdenkens in der Fernsehbranche schwierig, aus Sicht der Mediareports-Autoren aber notwendig", heißt es da. Passiere dies nicht, dann teilen sich "branchenfremde Akteure den zukünftigen Markt unter sich auf". Das Beispiel der Musikindustrie habe gezeigt, dass man den richtigen Zeitpunkt verpassen und zu lange am herkömmlichen Geschäftsmodell festhalten könne, so die Analyse.
Die redaktionelle Verantwortung der neuen Studie liegt bei der Freiburger Mediareports Prognos. Die Mediareports entstehen in Kooperation mit der Unternehmensberatung Prognos mit Sitz in Basel und Berlin.