
Roland Berger Snapshot:
FTD-Entscheidung: Marketer rechnen mit Wechsel ins Digitale
Deutsche Top-Marketer glauben nicht mehr daran, dass die "Financial Times Deutschland" in ihrer bisherigen Form weiterbestehen kann. Das ergab eine Umfrage von Roland Berger, Münchner Gespräche und W&V.
Medien- und Marketingentscheider sehen die Zukunft der derzeit viel diskutierten Wirtschaftszeitung "Financial Times Deutschland" (FTD) von Gruner + Jahr in erster Linie als reine Digitalpublikation oder als ein- bis zweimal pro Woche erscheinender Print-Titel mit täglichem Online-Ableger. Das besagt die gemeinsame Erhebung "Snapshot from the Chiefs of Marketing" von Roland Berger Strategy Consultants, Münchner Gespräche sowie Werben & Verkaufen. Beteiligt an der Umfrage per Smartphone haben sich 78 der 500 Top-Marketingchefs und Creative Minds in Deutschland.
Eine kleine Mehrheit von fast 35 Prozent der Befragten rechnet damit, dass der Hamburger Verlag die "FTD" künftig zu einer reinen Online- beziehungsweise Digitalpublikation umfunktioniert. Fraglich bleibt bei diesem Modell, welche Investitionen damit verbunden sind und ob die Marke sich als reines Digitalprodukt durchsetzen kann. Nur wenig kleiner ist mit 31 Prozent der Anteil derjenigen Media- und Marketingprofis, die mit einer eingeschränkten Printversion der "FTD" rechnen – also ein ein- bis zweimal pro Woche gedruckt erscheinendes Printprodukt, daneben ein erweitertes Online-Angebot. Für ein gedrucktes Angebot vor dem Wochenende gepaart mit gelegentlichen (Hochglanz-)Beilagen wie "How to Spend it" ließen sich möglicherweise noch einige Inserenten aus dem Luxusgüterbereich gewinnen; die "taz" schwenkt wohl mittelfristig auf so ein Modell um.
Knapp ein Fünftel der Befragten (18 Prozent) rechnet hingegen damit, dass die Marke "Financial Times Deutschland" nach mehr als einem Jahrzehnt wieder komplett verschwindet: Die Zeitung wird eingestellt und das Online-Angebot geschlossen. Allerdings wäre auch diese Lösung mit hohen Kosten verbunden – je nachdem wie viel Personal bei den weiteren, aber ebenfalls einstellungsgefährdeten G+J Wirtschaftsmedien oder im Konzern untergebracht werden kann. Die Lösung wäre aber das geläufige "Ende mit Schrecken" im Gegensatz zu einem "Schrecken ohne Ende": Nur rund ein Siebtel - und damit die wenigsten der Befragten (14 Prozent) - halten das Szenario, dass Gruner + Jahr ohne Maßnahmen zum Tagesgeschäft übergeht, für am wahrscheinlichsten: also die Zeitung wie bisher weiter erscheinen lassen und nach zusätzlichen Möglichkeiten für Kosteneinsparungen suchen. Dies zöge vermutlich in regelmäßigen Abständen die gleiche Diskussion über den Bestand und die Zukunft der "FTD" nach sich.