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Öffentlich-rechtliches TV:
Das ZDF experimentiert mit "Bares für Rares"
Ein neuer Sendeplatz, mehr Social Media - die ZDF-Manager Hans-Joachim Strauch, Oliver Heidemann und Stefan Bayerl erzählen, was sie mit dem Format vorhaben.
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Foto: ZDF/Frank Dicks
Vor rund sechs Jahren startete das ZDF eine Show rund um das Thema Antiquitäten, Kunst und Trödel: "Bares für Rares", so der Titel, war damals einer von mehreren Versuchsballons im Bereich Factual Entertainment. Die ersten Versuche im sonntäglichen Nachmittagsprogramm liefen dann auch einigermaßen solide, aber nicht aufregend.
"Trotzdem wussten wir: Da ist was", erinnert sich Oliver Heidemann, Hauptredaktionsleiter Show im ZDF. Es wurde also weiter experimentiert, ein anderer Sendeplatz im nachmittäglichen Programm ausgetestet. Und dann, so Heidemann, "begann es zu laufen." Und zwar ziemlich gut.
Mittlerweile ist die Sendung ist mit Abstand Marktführer in ihrem Genre und brauche den Vergleich "mit vermeintlichen 'Primetime-Formaten' nicht zu scheuen", findet Hans-Joachim Strauch, Geschäftsführer des ZDF Werbefernsehens. Im Jahr 2018 erreichte "Bares für Rares" auf dem Sendeplatz Montag bis Freitag um 15.05 Uhr eine Reichweite von rund drei Millionen Zuschauern. Das entspricht einem Marktanteil von durchschnittlich knapp 25 Prozent in der Zielgruppe der Erwachsenen ab 14 Jahren. "Zum Vergleich: RTL hatte von Montag bis Freitag im Jahr 2018 in der sogenannten Primetime zwischen 20.15 und 21.15 Uhr eine durchschnittliche Reichweite von 2,4 Millionen Zuschauern und einen Marktanteil von 8,4 Prozent", so Strauchs Bilanz.
Inzwischen ist "Bares für Rares" eine echte Bank für den Sender. Und zwar so sehr, dass die von Horst Lichter moderierte Sendung neben der Daily-Schiene und nach den ersten Specials im Abendprogramm nun einen regulären Sendeplatz in der Primetime erhält: Ab 14. September läuft die Trödel-Show immer samstags um 19.25 Uhr – ein Sendeplatz, der bis vor kurzem Serien vorbehalten war. Kein einfacher Timeslot, denn zur gleichen Zeit läuft in der ARD die "Sportschau" mit den samstäglichen Bundesliga-Begegnungen.
"Wir freuen uns sehr, dass wir unseren Kunden das Marktführer-Format 'Bares für Rares' zur besten Sendezeit in unserem Werberahmenprogramm samstags, um 19.25 Uhr anbieten können. Wir rechnen damit, dass das Format auch auf diesem Sendeplatz wieder für herausragende Quoten sorgen wird", so Strauch.
Weitere Abendshows
Daran zweifelt auch sein Team nicht im geringsten. Dass die Show auch auf dem neuen Platz funktionieren kann, hätten bereits die großen Abend-Specials gezeigt, die nun schon einige Male an Wochentagen um 20.15 Uhr gezeigt wurden: "Die Ausgabe im Mai hatte 6,5 Millionen Zuschauer – das sind Werte, die schon fast an Fußball heranreichen", so Heidemann. Für 2020 sind daher weitere vier dieser Show-Specials geplant.
An solche Werte kamen die Mitbewerber, die sich mit einer Fülle ähnlicher Formate eine Scheibe vom Erfolg abschneiden wollten, bislang nicht heran. "Am Ende ist das Original halt doch das beste", sagt Stefan Bayerl, Teamleiter Daytime und Talk beim ZDF. "Das Ganze hat einfach einen ganz bestimmten Zauber."
Auch die Geschichten der Menschen seien ein wichtiger Faktor – ebenso wie die Person des Moderators Lichter: "Er hat eine ganz große Strahlkraft." Er sei vollkommen echt, selbst begeisterter Sammler und an den Menschen und ihrer Geschichte interessiert: "Er ist sozusagen der Herbergsvater, der sich um alle kümmert."
"Kümmern um die Community"
Das ZDF will dem Publikum aber nicht nur im TV mehr "Bares für Rares" vorsetzen. Auch im digitalen Bereich stehen die Zeichen auf Expansion: Aktuell werden etwa weitere Online-Formate für die Website gedreht, darunter die "Pub-Duelle", bei dem sich die Antiquitäten-Händler aus der Show den Quiz-Fragen von Zuschauern stellen.
Auch Social Media wird ausgebaut. "Das Kümmern um die Community ist wichtig", betont Bayerl. Auf YouTube etwa hat "Bares für Rares" zahlreiche Fans: Im Jahr 2018 gab es für die Clips der Show rund 200 Millionen Aufrufe. Allein acht Millionen davon steuerte eines der bisherigen Sendungs-Highlights bei: Der Verkauf des bislang teuersten Objekts in der Sendung – ein Reliquienkreuz in Schwerin, das der Besitzer für 42.000 Euro an eine der Händlerinnen veräußern konnte.
Der Erfolg von Factual Entertainment sorgt beim ZDF nicht nur für den Ausbau von "Bares für Rares", sondern des gesamten Genres. Auch auf "Mit 80 Jahren um die Welt", bei der Senioren abenteuerliche Reisen unternehmen, gebe es eine positive Zuschauerresonanz – "das spricht einfach aus dem Herzen der ZDF-DNA", sagt Heidemann. Öffentlich-rechtliches Fernsehen habe auch "eine Verantwortung, solche relevanten Themen zu behandeln." Ein weiteres Projekt in dieser Richtung ist schon in Arbeit: Für kommendes Jahr ist ein Format geplant, in dem Demenzkranke in einem Chor singen.