Blogger will Telefonica O2 zum Netzausbau bewegen
Der Softwareentwickler Matthias Bauer ärgert sich über Störungen im O2-Netz und die Abwiegelung der Probleme als "Einzelfälle". Er sammelt online weitere dieser "Einzelfälle". O2 reagiert professionell, nimmt das Thema ernst und verhindert den Shitstorm.
Der Ärger über den eigenen Mobilfunkanbieter gehört ja schon fast zu jedem Kneipengespräch. Dem Softwareentwickler Matthias Bauer reicht es aber nicht aus, sich nur privat über die technischen Probleme seines Anbieter Telefonica O2 auszutauschen. Er hat daher den Blog Wir-sind-Einzelfall eingerichtet, um Druck auf das Unternehmen aufzubauen.
Bauers Ziel war, O2 zum Eingeständnis von Netzproblemen bringen. Denn bisher hörte er in der Hotline nur, seine Schwierigkeiten mit den Datenverbindungen seien ein "Einzelfall" oder eine "temporäre Störung". Doch daran will Bauer nicht glauben und sammelt daher nun weitere "Einzelfälle" über ein Online-Formular. "Es geht mir darum, dass man so nicht mit Kunden kommunizieren kann", sagt Bauer. Nach drei Tagen zählt er schon 700 Meldungen und hat eine erste Auswertung vorgenommen. Die Meisten Störungs-Fälle wurden demnach aus Hamburg und Berlin gemeldet und bestätigen so seine Vermutung, dass Probleme vor allem in Großstädten auftauen – womöglich aufgrund der hohen Smartphone-Dichte. Eigentlich ist O2 für den Softwareentwickler noch immer ein sympathisches Unternehmen mit attraktiven Tarifen. Doch während O2 immer mehr Smartphones verkauft, werde zu wenig für den Netzausbau getan, so Bauers Vorwurf.
Die gemeldeten "Einzelfällen" will Bauer auswerten. Zunächst plante er, eine offenen Brief über das Social Web und die Presse verbreiten. "Ziel der Aktion ist, mindestens O2 dazu bewegen, die Probleme einzugestehen und einen konkreten Plan zur Beseitigung der Probleme in naher Zukunft vorzulegen, statt andauernd abzuwiegeln", so Bauer. Doch der Brief ist vielleicht gar nicht mehr nötig.
O2 nimmt das Thema sehr ernst, erklärt Pressesprecher Markus-Oliver Göbel auf Anfrage von W&V Online. Ein Gespräch zwischen ihm und dem unzufriedenen Nutzer Matthias Bauer fand bereits statt. "Unser Erfolg im Smartphone-Bereich hat unsere Erwartungen übertroffen, deshalb werden wir in den nächsten Monaten unsere Netzwerkkapazitäten ausbauen", heißt es von O2 - das klingt weniger nach Abwiegelung denn als Eingeständnis. Allein für das kommende Jahr seien Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe geplant, "insbesondere in Kapazitäten und Transport-Layer", so Göbel.
Bauer hat das Gespräch bereits in seinem Blog zusammengefasst und versichert, "O2 haben glaubhaft kommuniziert, dass sie im Ausbau sind, und die Informationen der Liste helfen da natürlich, dass auch alle Probleme ordentlich gelöst werden." Er wird dem Unternehmen einen anonymisierten Auszug aus seiner Liste schicken, aus dem Fehlerbeschreibung, Stadt und Stadtteil hervorgeht. Diese Daten "will O2 mit ihrem Netzausbauplan abgleichen und sicherstellen, dass die Brennpunkte ausreichend ausgebaut werden."
Auch kommunikativ bescheinigt Bauer dem Mobilfunkbetreiber ein offenes Vorgehen. "In diversen Social Networks hat der Pressesprecher Social Media das Kapazitätsproblem mit dem Smartphones schon bestätigt." Auch dass O2 verstärkt den Kontakt zu Betroffenen suchen will, rechnet er dem Unternehmen an.
Letzlich dürften beide Seiten gewinnen, Bauer hat den unzufriedenen Kunden eine Stimme gegeben, die tatsächlich von dem Unternehmen gehört wurde. O2 erhält Daten zu Kapazitätsproblemen und kann vielleicht sogar davon profitieren, auf seine Kritiker zugegangen zu sein. Wäre dieser Schritt nicht erfolgt, hätte die Geschichte sicher das Potential eines Shitstorms gehabt. Das Beispiel zeigt, dass er verhindert werden kann, wenn das Unternehmen kommunikativ aber auch operativ reagiert.