
Blattkritik:
"Treat": So stellt sich der Burda-Nachwuchs das Magazin der Zukunft vor
Nachwuchsredakteure der Burda Journalistenschule haben "Treat" als Abschlussarbeit von der ersten Konzeptidee bis hin zur Marktreife entwickelt. Burda schickt das Werk mit einer Druckauflage von 50.000 Exemplaren in den Handel. W&V-Redakteurin Petra Schwegler hat sich den Titel angeschaut.
"Treat" will mit Essen spielen. Das ist der Leitgedanke hinter dem neuen People & Food-Magazin aus der Burda Style Group. Der vorläufige One-Shot hat ganz besondere Eltern, die die Kiosk-Premiere am 18. September von vorne bis hinten prägen: 23 Nachwuchsredakteure der Burda Journalistenschule haben "Treat" als Abschlussarbeit von der ersten Konzeptidee bis hin zur Marktreife entwickelt. Burda schickt das Werk mit einer Druckauflage von 50.000 Exemplaren und zum Preis von 3,90 Euro in den Handel.
Ein genauerer Blick ins Blatt lohnt – wo sich doch der journalistische Nachwuchs ganz anders mit Themen auseinandersetzt. Er lässt sich offensichtlich von der eifrig genutzten, bunten Online-Welt inspirieren. Klar, dass auch Blogger und Bloggerinnen zu Wort kommen. "Food- und Feier-Favorites" kommen in "Treat" eben von der Lesmads-Frau Katja Schweitzberger. Überraschend ist die tolle Haptik für das Magazin für die Zielgruppe der 25- bis 35-Jährigen; starke Vorgaben der vergangenen Monate wie der aufwendige Food-Titel "Sweet Paul" des Kieler Medienhauses Falkemedia dürften in diesem Segment sicher die Hürden erhöht haben. Die Bilder in "Treat" schwanken zwischen Retro (für "Ganz großes Kino", wo die witzigsten Koch- und Esshappenings der TV-Geschichte aufgelistet werden), künstlerisch ("Eat, Play, Love", eine Fotohommage an Lebensmittel als Kunstwerk), solide (ein Food-Trip mit Wotan Wilke Möhring durch die Hauptstadt unter der Überschrift "So schmeckt Berlin") oder auch schlicht anstrengend (Bild-Montagen wie jene zum Artikel "Platz da, hier kommt die Prominenz!" rund um die Sansibars und Borchardts in diesem Land).
"Mit der Verschmelzung von Food, Stars, Musik und Mode überschreitet Treat spielerisch Grenzen und spricht mit seiner unkonventionellen und kreativen Optik eine junge und medienaffine Zielgruppe an", betont der Verlag im Zusammenhang mit dem Neustart. Doch gerade dieses Konzept könnte Burda auch zum Nachteil gereichen: Print funktioniert noch gut in der Sparte – mit dem People-Ansatz rückt Burda aber von der Sparte ab. Der "Food"-Strang wird unterdessen nicht richtig ausgelebt, wenn Multi-Kulti-Promis wie Schauspielerin Mina Tander ihre Lieblingsgerichte unter der Überschrift "Futter wie bei Muttern" verraten, "Treat" aber die Kochanleitung für afghanisches Bolani schuldig bleibt.
Fazit: "Treat" kommt frisch daher und wird der deutschen Bedeutung des Wortes - Hochgenuss oder Leckerbissen – mit der Themensetzung, mit der Optik und in der Haptik gerecht. Allerdings hapert es zuweilen in der Umsetzung des Konzepts "People & Food". Beispiel Titelmodel Eva Padberg: Sie macht auf dem Cover freilich viel her. Ihre Kochleidenschaft in der Titelgeschichte nehmen wir dem schlanken Topmodel aber nicht so ganz ab. Dass auch hier die Lieblingsrezepte zum Nachkochen fehlen, verwundert nicht. Viel People ergo, weniger Food. Aber bei Padberg ist es wie mit vielen der Promis in "Treat": Man kennt sie aus den anderen Magazinen der Burda-Familie, beispielsweise aus dem People-Klassiker "Bunte". Dessen Chefredakteurin Patricia Riekel steht auch hinter "Treat" – als Redaktionsdirektorin der Burda Style Group und Schirmherrin des Projekts. Sie lobt die Arbeit der Absolventen: "Das Magazin inspiriert und informiert, entdeckt kulinarische Trends und Trendsetter und macht intuitiv und impulsiv Lust auf das Leben."
Zeitgemäß ist an "Treat", dass drei Journalistenschüler in ihrem Blog "Three is a Party" nutzwertige Informationen zum Heft liefern. Und dass sich die jungen Redakteure über die passende Facebook-Fanseite sowie über den Pinterest-Auftritt mit ihrer Zielgruppe vernetzen. "In Treat steckt jede Menge Kreativität und Originalität – die jungen Macher haben mit viel Leidenschaft, Engagement und großem Ideenreichtum über den Tellerrand geguckt und gemeinsam dieses außergewöhnliche People & Food-Magazin geschaffen", zitiert der Verlag Nikolaus von der Decken, Leiter der Burda Journalistenschule. Auch für ihn ist es eine Premiere: Der ehemalige Burda-Konzersprecher begleitet zum ersten Mal das Abschlussprojekt in Offenburg.
Übrigens: "Treat" weist (neben dem Einstand als Testballon) gewisse Parallelen mit dem Projekt "Hollyhome" der Vorjahresabsolventen von Burda auf. Damals arbeitete Gruner + Jahr zeitgleich mit dem Offenburger Nachwuchs an einem Magazin, das Mode und Wohnen für junge Leserinnen verknüpft. Die Hamburger brachten später "Couch" an den Kiosk. Der One-Shot "Treat" hat erneut ein Konterfei bei Gruner: Wie der W&V-Schwestertitel "Kontakter" berichtet, arbeitet "Essen & Trinken" an einer Line Extension für jüngere Kochbegeisterte...