E-Privacy:
"Einwilligung ist ein denkbar schlechtes Instrument"
Als Justiziar beim Digitalverband BVDW begleitet Michael Neuber seit Jahren die Datenschutz-Gesetzgebung der EU. Beim derzeitigen Entwurf zur E-Privacy-Verordnung sieht er schwarz.
Noch ist die E-Privacy-Verordnung der EU nicht in Stein gemeißelt. Das Gesetzgebungsverfahren liegt derzeit im Rat der EU, der seinen "Gemeinsamen Standpunkt" formulieren muss. Dieser bildet die Grundlage für weitere Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Rat, dem so genannten Trilog.
Was sich jetzt abzeichnet, sehen viele Markt-Teilnehmer allerdings ziemlich kritisch. Wir haben Michael Neuber, Justiziar und Leiter Politik und Recht beim Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) dazu befragt.
Herr Neuber, mit welchen Veränderungen ist bei der E-Privacy-Verordnung zu rechnen?
Der derzeitige Entwurf der E-Privacy-Verordnung sieht beim Endgerätezugriff für praktisch jede Form der Datenverarbeitung im Ergebnis eine Einwilligung vor. Hier bedarf es weiterhin Diskussionen und Vorschläge für eine DSGVO-kongruente Lösung. Anderenfalls wäre das in dieser Form das Ende vieler digitaler Geschäftsmodelle.
Auch aus der Nutzersicht ist die Einwilligung ein denkbar schlechtes Instrument. Auch wenn es zunächst absolut plausibel klingt, dass Nutzer auf diese Weise stets wissen, wie die von ihnen generierten Daten verarbeitet werden, bewirkt eine solche Regulierung im Bereich digitaler Verarbeitungen genau das Gegenteil. Auf Basis einer Einwilligung können weit mehr personenbezogene Datenerhebungen gerechtfertigt werden als für das Geschäftsmodell oftmals nötig wäre.
Die Frage ist, ob die Nutzer die Einwilligung überhaupt erteilen, wenn sie auf Webseiten jeder Datenverarbeitung separat zustimmen müssen.
Stimmt. Sie stimmen entweder blind zu oder eben zumeist eher gar nicht mehr – nur noch abhängig von der Frage, ob sie einen Dienst kennen oder nicht. Mechanismen wie Datensparsamkeit oder Schutzmaßnahmen wie die Pseudonymisierung werden überhaupt nicht abgebildet.
Dabei muss es doch viel sinnvoller erscheinen, typische Regelverarbeitungen in Apps oder auf Web-Seiten, die mit technischen Schutzmaßnahmen arbeiten, gesetzlich zu fördern. Da waren wir mit unserem Telemediengesetz schon einmal weiter.
Was erwarten Sie vom Gesetzgeber?
Die E-Privacy-Verordnung wird nur dann sinnvoll umsetzbar sein, wenn sich die Gesetzgebung davon distanziert, unrealistische Legal-Ausnahmen zu formulieren und ansonsten jede Form der Datenverarbeitung auf Einwilligungsbasis regeln zu wollen. Ebenso müssen die Probleme rund um das Verbot der Kopplung von Einverständnis und Ausspielen des Contents, sowie die Softwarekontrolle gelöst werden.
Zumindest bei Letzterem scheint die österreichische Ratspräsidentschaft unsere Argumente verstanden zu haben.
Gibt es noch Einfluss-Möglichkeiten für die digitale Industrie?
Viele der problematischen Aspekte rund um das Thema Einwilligung haben einige politische Entscheider noch immer nicht in Gänze erfasst. Es fehlt hier nicht selten das Verständnis zu den Prinzipien und Funktionsweisen digitaler Dienste. Hier ist die Politik darauf angewiesen, sich dazu Impulse aus der Wirtschaft zu holen, die wir gerne geben, um eine für alle Seiten vernünftige Lösung zu entwickeln.
Der BVDW ist seit Beginn in das Verfahren zur E-Privacy-Verordnung involviert und bringt seine Expertise mit ein. Unsere Verantwortung besteht vor allem darin, Bedürfnisse und auch Bedenken der Digitalbranche dort zu repräsentieren. Hier geht es ums Überzeugen durch das Vermitteln von Fakten und das Formulieren rechtsklarer Positionen, nicht um blinde Beeinflussung.
Der dritte Teil der Serie Daten-Management in der aktuellen Ausgabe von W&V (40/2018) beschreibt den Status Quo der aktuellen Datenschutz-Gesetzgebung der EU und zeigt die Auswirkungen auf das Thema Daten-Management. Hier gibt's die Serie zum Bestellen.