Das bei Verlagen allseits beliebte Metered Model, bei dem der Leser online nur bestimmte Zahl von Gratis-Artikeln konsumieren kann, hält Steingart allerdings für wenig zielführend. Damit erziehe man die Menschen nur zum Wenig-Lesen: "Sie lesen dann nie mehr als zehn Beiträge, tun alles, um das Weiterlesen zu vermeiden." Das sei wie in einer Bar, in der es drei Drinks gratis gibt und es danach teuer wird. Steingart: "Diese Bar wäre schnell pleite. Der kluge Gastronom macht es umgekehrt: Von Anfang an wird bezahlt, für Stammgäste gibt es zum Schluss eine Runde aufs Haus. Wir sollten von den Gastronomen lernen", so Steingart im Gespräch mit W&V. 

Am wichtigsten sei aber, dass die Verlage endlich näher zusammenrücken, so Gabor Steingart: "Die Zeit ist reif für eine größere Kooperation der Verlage, gerade um die publizistische Selbstständigkeit zu bewahren und auszubauen." Vorstellbar seien dafür alle so genannten Backoffice-Tätigkeiten - von der Anzeigendisposition bis hin zum Einkauf von Technologie. "Dass jeder Verlag seine eigene Paid-Content-Plattform baut oder gebaut hat, zählt zum Irrsinn unserer Industrie. Hier hätte rechtzeitige Kooperation Hunderte von Stellen für Journalisten retten können."

Steingarts Fazit: "Kaufmännische Kooperation schafft die Voraussetzung für publizistischen Wettbewerb. Wo immer eine Spar- oder gar Entlassungsrunde für Journalisten angesetzt wird, sollten die Redaktionen ihre Verlagsfürsten zum Kreuzverhör laden. Der Gegner des Qualitätsjournalismus steht oft im eigenen Haus."

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Manuela Pauker
Autor: Manuela Pauker

ist bei W&V Themenverantwortliche für Media und Social Media; zwei Bereiche, die zunehmend zusammenwachsen. Die Welt der Influencer findet sie ebenso spannend wie Bewegtbild - als echter Serienjunkie ist sie sowohl im linearem TV als auch im Streaming-Angebot intensiv unterwegs. Ein echter Fan von Print wird sie aber trotzdem immer bleiben.