Kolumne:
Warum Kinder Podcasts brauchen
Lauschen statt lesen: Die Gute-Nacht-Geschichte ein schönes Ritual, findet W&V-Autor Stephan Schreyer - und plädiert dafür, dass Unternehmen das Potenzial der jungen Zielgruppe noch mehr für sich nutzen sollten.
Wer erinnert sich nicht gerne daran? Jeden Abend das gleiche, beruhigende, schöne Ritual: Schlafanzug an, Zähneputzen - und dann die Gute-Nacht-Geschichte. Entweder vorgelesen oder zum Hören als Kassette bzw. CD. Das wohlig warme Gefühl der Geborgenheit aus Kindheitstagen bleibt bis ins Erwachsenenleben. Seit Jahren wächst der Hörbuch- und Hörspielmarkt. Bestes Beispiel dafür: "Die drei ???". Mittlerweile gibt es die sogar als Live-Event.
Immer öfter wird digital gehört
Doch zurück zu den Kindern. 86 Prozent hören regelmäßig Geschichten - und das fünf Stunden pro Woche.* Immer öfter wird digital gehört. Via Smartphone, Smartspeaker oder Toniebox. Für Unternehmen und das Marketing ein hochspannender Markt:
- Audio ist gegenüber Video "positiver" aufgeladen, Eltern reglementieren Audio deutlich weniger als Video
- Audio können alle konsumieren – auch wer (noch) nicht lesen kann
- Audio regt die Fantasie an, lässt Bilder im Kopf entstehen, fördert die Kreativität und vor allem die Loyalität (Stichwort "Die drei ???")
Kurz: Hörspiele, Hörbücher und "Wissen auf die Ohren" sind der sichere "Audio-Hafen" für Kinder und Jugendliche. Audio ist heute fester Content-Bestandteil von Kindern und Jugendlichen im Alltag. Dadurch ergeben sich für das Marketing vollkommen neue, andere Herausforderungen und Chancen. Warum Audio als große Chance in der Customer-Journey insbesondere für Kinder und Jugendliche derzeit (noch) so wenig genutzt wird, erschließt sich mir nicht. Es ist schlichtweg verschenktes Potenzial. Grund: Je nach Untersuchung sind bis zu dreiviertel der Eltern gegenüber Podcasts von Unternehmen für Kinder aufgeschlossen – auch, wenn sie von Unternehmen kommen.
Unternehmen experimentieren mit Audioangeboten für Kinder
Neu sind diese Ideen nicht. Neu ist jedoch die Adaption von und mit Audio. Corporate-Content für Kinder und Jugendliche gibt es bereits wie Sand am Meer. Egal ob Kinderbücher vom Babybreihersteller, dem Comic der Bank oder dem "Bobby Car" von Porsche bzw. der Kinderkaffeemaschine von Bosch. Für die beiden letzteren bezahlen wir sogar noch.
Einzelne Unternehmen wie die Bahn oder die Lufthansa sind schon dabei und experimentieren mit eigenen Audioangeboten für Kinder, vorzugsweise für die Reiseunterhaltung. Im übrigen auch ein spannender Bereich für die Autoindustrie. Aber das nur am Rande und quasi frei Haus als Tipp.
Ein weiteres Beispiel gefällig? In meiner letzten Kolumne habe über "Educasts" geschrieben. Lern-Angebote auf die Ohren. Wenn nicht für Kinder und Jugendliche - für wen dann? Didaktisch konzipiert, mit interaktiven Möglichkeiten stillen sie den Wissensdurst, unterstützen das Lernen für die Schule und den Trend zum mobile Device und Smartspeaker.
Technisch ist das alles machbar, zum Beispiel mit der App "Entale". Hier kann man Podcasts hören und gleichzeitig mit Artikeln und weiteren Medien interagieren. Dass dadurch die Engagement-Raten signifikant gesteigert werden können, versteht sich von selbst.
Neue Formate müssen her
Noch sind wir in Deutschland führend. Zumindest was den Bereich Hörbuch/Hörspiel für Kinder angeht. In keinem anderen Land der Welt ist der Audio-Content für Kinder derart hochwertig produziert wie bei uns. Aber es gilt sich weiterzuentwickeln. Neue Formate müssen her. Episodische Formate, Formate die aus den bestehenden Audio-Gattungen neu zusammengesetzt und kreiert werden. Und, die natürlich sämtliche Möglichkeiten der Digitalisierung und Interaktion ausnutzen sollten.
Audio-Content für Kinder ist hochspannend für Unternehmen und das Marketing. Hier wird der Grundstock für Markenbindung und Markenbildung gelegt. Und das nicht nur, weil eine Generation heranwächst, für die auditiver Content vollkommen selbstverständlich ist. Kinder sind neugierig, wissenshungrig – und sie hören alles! Alle Eltern unter den Lesern wissen genau, was ich damit meine.
*Quelle: KB&B – Family Marketing Experts Gmbh & Co. KG – Hamburg.