KI, Targeting und Customer Journey:
Trends 2020: Wieviel Data darf es sein?
Zwischen bewusstem Konsum und Cookie-kritischen Usern: Diese Punkte werden im neuen Jahr über die Customer Journey entscheiden.
Direct to Consumer (D2C)
Andreas Fruth, Gründer und Managing Director der Global Savings Group: "Ein Trend, der im englischsprachigen Raum schon weiterverbreitet ist und der im nächsten Jahr auch Deutschland erreichen wird, ist das "Direct to Consumer"-Konzept (D2C). Bei diesem Geschäftsmodell umgehen Marken etwaige Zwischenhändler und verschaffen sich damit gleich mehrere Vorteile. Erstens erlaubt D2C einer Marke den direkten Aufbau einer Kundenbeziehung und bietet die Chance, die eigene Geschichte nach den eigenen Vorstellungen zu erzählen. Zweitens liefert ein Direktverkauf mehr Kundendaten, die die Marken mit der Zwischenschaltung von Drittplattformen verpassen würden. In einer Ära der Walled Gardens und einem Mangel an Third-Party-Cookies ist das ein großer Gewinn. Und zu guter Letzt sind Marken bei der Kreation einer guten Customer Experience nicht länger auf Einzelhändler angewiesen."
Auch der POS wird digital
Torsten Oppermann, Managing Director MSM.digital: "Die Verkäufe steigern und den Traffic im Handel vervielfachen, welches Unternehmen will das nicht? Um diese Ziele zu erreichen, müssen sich Marken, Hersteller und Händler stärker als bisher mit der modernen Customer Journey auskennen. Sie umfasst fünf Elemente: Kaufimpuls setzen, Informationssuche unterstützen, Kunden in die (gut ausgestatteten) Läden bringen, Sortiment anpassen und Kundenbindung. Aufmerksamkeit schaffen zum Beispiel PR, Social Media und Blogger-Marketing. Um Kunden in den Laden zu locken, bietet sich eine Facebook-Kampagne an, die Kunden auf eine Landing-Page schickt, auf der sie Produktinformationen erhalten und einen Termin in ihrem Retail-Outlet vor Ort vereinbaren können. Der POS selbst überzeugt dann idealerweise, sodass Kunden ihre Daten für Beratung und weitere Informationen hinterlassen – der Startschuss für die gesamte weitere Beziehung. Doch nur die Hersteller und Händler, die alle Touchpoints bestmöglich verknüpfen, werden sich durchsetzen."
Linkedin als Advertising-Chance
Jenny Gruner, Director Digital Marketing bei Hapag Lloyd: "Ein zentrales Thema 2019 war definitiv LinkedIn. Wir haben erste Schritte im LinkedIn-Advertising unternommen. Außerdem haben wir uns intensiv mit Webanalyse auseinandergesetzt und so einen globalen Multichannel-Approach in 144 Ländern hochgezogen. 2020 steht Programmatic im Fokus. Wir wollen so unsere Reichweite erhöhen, neue Zielgruppen ins Visier nehmen und die Relevanz durch lokale Nähe erhöhen. Das Thema Customer Experience wird ebenfalls weiter an Bedeutung gewinnen, die ist nämlich in Zukunft rein datengetrieben."
KI unterstützt Personalisierung
Björn Radau, Director Marketing & Communications DACH bei Teads: "Rückblick 2019: Rückblickend war erneut Interaktivität ein wichtiges Thema. Obwohl schon seit Jahren gepredigt wird, dass Nutzer stärker eingebunden werden müssen, um digitale Werbung erlebbarer zu machen, wurde dies dank großer Fortschritte in Sachen AR, Voice und KI-Einsatz bei DCO-Werbemitteln sowie mehr Mut seitens der Advertiser 2019 stärker in die Tat umgesetzt als bisher.
Ausblick 2020: Auch wenn 2019 schon viel über künstliche Intelligenz oder Machine Learning in der Adtech-Branche gesprochen wurde, glich viel davon mehr einem Buzzword-Bingo. Marketer werden sich nämlich erst langsam wirklich bewusst, welche konkreten Vorteile sie dadurch gewinnen und wo genau sie solche Technologien sinnvoll einsetzen. Deswegen wird auch 2020 das Interesse an KI nicht abnehmen, besonders dort, wo komplexe Prozesse vereinfacht werden, wie etwa bei der Ausspielung personalisierter digitaler Werbung. Außerdem wird niemand im kommenden Jahr mehr an der Frage nach der Zukunft von Cookies vorbeikommen. Das wird eine der zentralen Herausforderungen für die Digitalbranche 2020."
Nachhaltige Innovationen
Willms Buhse, Gründer und CEO der Hamburger Managementberatung Doubleyuu und des Weiterbildungspartners D-cademy: "Immer mehr Unternehmen entdecken die Greta in sich. Heißt: Nachhaltigkeit entwickelt sich zum bestimmenden Commerce-Trend. Allerdings beobachte ich schon seit längerem eine komplizierte Spaltung im Konsumverhalten. Die einen hauen raus, was nur geht. Ob nun Kreuzfahrten oder SUVs, während die anderen immer bewusster konsumieren.
Für Unternehmen ist dies eine schwierige strategische Herausforderung, auf welche Zielgruppe man setzt. Das erinnert etwas an die Automobilindustrie, die auf E-Autos setzen und ihr Geld mit SUVs verdienen. Wir bei Doubleyuu plädieren deshalb für eine Strategie der nachhaltigen Innovationen. Denn mit Verzicht allein wirtschaftet sich schlecht. Genau darin wird im kommenden Jahr die große Kunst bestehen. Es wird darum gehen, sich für das neue nachhaltig zu positionieren, es zu fördern und aktiv anzugehen."
Transparenz der Marketingerfolge
Nicole Bucher, CMO, Offerista Group: "Die Messbarkeit des Erfolgs steht an erster Stelle, und bei Bedarf müssen Budget und Kanal bei der Ausspielung adaptierbar sein. Dabei darf Social Media im Marketing-Mix nicht fehlen. 2020 wird die, gerade im Handel noch sehr stark vorhandene Silodenke, weiter abnehmen. Cross-Channel-Kampagnen und Near-Time-Optimierung der Kosten spielen eine immer stärkere Rolle – mit dem Ziel, das Werbebudget effizienter einzusetzen und eine abgestimmte 360°-Kommunikation zu schaffen. Damit einher wird nächstes Jahr der Fokus vermehrt auf performance-orientierte Kampagnen und ihre Conversion liegen. Im Hinblick auf eine Cookieless World gilt es jetzt außerdem, Alternativen zu finden, die sich gegebenenfalls zu neuen Standards entwickeln. Programmatic Advertising wächst 2020 weiter – DOOH gewinnt an Bedeutung".
Benjamin Thym, Geschäftsführer der Offerista Group: "Rückblick 2019: Kunden unterscheiden nicht mehr zwischen Offline und Online - auch zwischen einzelnen Digitalkanälen wird nicht differenziert. Eine Verzahnung sämtlicher Marketingaktivitäten entlang der gesamten Customer Journey ist deshalb unumgänglich. Dies erfordert ein Umdenken in den Marketingabteilungen und eine durchdachte Cross-Channel Strategie, um Konsumenten an jedem relevanten Touchpoint mit der richtigen Botschaft zu erreichen.
Ausblick 2020: Es gilt, den Konsumenten am richtigen Touchpoint mit der PERSONALISIERTEN Botschaft zu erreichen, um die wenige Aufmerksamkeit des Kunden zu gewinnen. Zunehmend wichtig ist die Haltung der Marketingabteilung innerhalb des Unternehmens durch nachweisbare Erfolge, die für alle Abteilungen zu jedem Zeitpunkt sichtbar sind."
Consent statt Cookies
Stephan Jäckel, Geschäftsführer der Telekom-Tochter Emetriq: "Die große Debatte über Datenvalidierung und Datentransparenz ist in diesem Jahr ausgeblieben, wird aber 2020 endlich Bahn brechen. Die Unternehmen waren 2019 sehr stark mit dem Thema Datenschutz beschäftigt und sind dadurch die notwendigen internen Debatten und Investitionen zum Aufbrechen von Datensilos nicht mit dem notwendigen Mut und der gebotenen Konsequenz angegangen.
Im neuen Jahr werden Alternativen für das Third-Party-Tracking stärker in die Öffentlichkeit rücken. Damit ist die Cookie-Technologie aber noch lange nicht tot, denn: Marken und Publisher werden keinen Rückschritt in puncto Targeting akzeptieren. Daher lohnt es sich schon jetzt, den Consent der Nutzer für das Tracking aktiv einzuholen, um die Algorithmen für die echte cookieless Ära fit zu machen."
Corinna Hohenleitner, Industry Director Retail DACH bei Criteo: "Auch das Jahr nach der DSGVO stand stark im Zeichen des Spannungsfelds aus Datenschutz und damit verbundenen technologischen Fragestellungen. Diese Themen werden uns 2020 weiter begleiten. Es gilt, den datenschutzrechtlichen Fragen Rechnung zu tragen und zugleich zu gewährleisten, dass die Internetnutzer nicht in ihrer User Experience beeinträchtigt werden. Hier sind wir als Branche gefragt, eine Balance zu finden und gleichzeitig sicherzustellen, dass werbetreibende Unternehmen weiterhin durch die zielgerichteten Möglichkeiten des digitalen Marketings die Inhalte des Internets finanzieren können. Nur durch die Zusammenarbeit aller Marktteilnehmer können wir hier konstruktive Lösungen finden."
Andrea Buzzi, Gründerin und Geschäftsführerin von Frau Wenk und The Medical Network: "Gerade die zweite Jahreshälfte 2019 wurde immer mehr von den beiden Themenschwerpunkten Cookieless und Haltung beherrscht. Spätestens 2020 muss jedes Unternehmen, das mit Online-Marketing zu tun hat, eine Antwort auf die Frage finden, mit welcher Strategie es den schwindenden Einfluss von Cookies begegnet. Zudem muss jede Firma klären, wie sehr man Haltung in den Mittelpunkt der eigenen Marketingstrategie rückt. Wenn noch nicht geschehen, müssen Unternehmen dringend eine Haltung zur Haltung entwickeln. Es ist an der Zeit, dass wir wieder die positiven Aspekte von Digitalisierung und Technologien herausstellen. Deshalb sehe ich auch als weitere Trends Tech for Good und E-Health. 2020 wird das Jahr, in dem wir so engagiert wie nie zuvor über die riesigen Chancen sprechen, die in der Digitalisierung des Gesundheitsmarktes liegen."