TechTäglich:
Die fünf besten Neuheiten von der Google-Messe
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit frischen Ideen von Google und mit einem hinreißenden Twitter-Besuch im Corona-Museum.
Die fünf besten Neuheiten von der Google-Messe
Google traut sich was. Während Apple seit der Seuche seine Keynotes aufgezeichnet und brillant choreografiert streamt, übertrug Google den Auftakt seiner Entwicklerkonferenz i/o gestern Abend fast zwei Stunden lang live im Netz. Das war weitaus weniger perfekt und fehlerfrei als bei Apple – dafür aber überaus lebendig und spannend. Bei der frühsommerlichen Open-Air-Show, die bisweilen an eine virtuelle Gartenparty erinnerte, gab es zahlreiche Neuheiten von Android 12 bis zum spektakulären Hologramm-Videochat "Project Starline" zu sehen. The Verge fasst das Spektakel in kompakten 16 Video-Minuten zusammen. Und das sind unsere Top 5:
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Android 12: Nach sehr frühen Entwicklerversionen steht nun die erste Beta von Googles nächstem Mobil-Betriebssystem parat, die zunächst auf den hauseigenen Pixel-Smartphones und auf Handys von OnePlus oder Xiaomi läuft. Android bekommt ein völlig neues Design namens "Material You", dessen Gestaltung die Nutzer zu großen Teilen selbst festlegen dürfen. Sie können zum Beispiel die Farben aus ihrem Lieblingsfoto ziehen – und für das Design ihres persönlichen Android 12 verwenden.
- Datenschutz: Hier hat Google gerade gegenüber Apple viel Nachholbedarf. In einem neuen Privatsphäre-Dashboard können Android-Nutzer künftig genau kontrollieren, welche Apps welche Daten absaugen. Kamera und Mikrofon lassen sich komplett sperren, um die eigene Privatsphäre zu schützen. Und wer mag, kann seine letzten 15 Surf-Minuten vollständig löschen und "unsichtbar" machen.
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Diversere Fotos: Am liebsten und am besten fotografieren Smartphone-Kameras bisher Menschen mit weißer Hautfarbe. "People of Color" werden oft weniger brillant und mit weniger attraktiven Farben wiedergegeben. Hier verspricht Google, dass seine Algorithmen endlich dazulernen. Ab Herbst soll Android dunklere Hautfarben oder lockige Haare besser ins Bild setzen.
- Hologramm-Videochat: Auch wenn sich Menschen nach Corona wieder vermehrt im "richtigen" Leben treffen – der Trend zum Videochat, der teure und klimaschädliche Dienstreisen erspart, wird nicht mehr verschwinden. Um solche Konferenzen künftig realistischer wirken zu lassen, arbeitet Google am Hologramm-Chat "Project Starline". Er soll sich anfühlen, als ob sich die Gesprächspartner direkt gegenüber sitzen. Google spricht von einem "Blick durch ein magisches Fenster". Details oder Starttermin gibt es aber noch nicht.
- Künstliche Intelligenz: AI war wie gewohnt eines der zentralen Themen auf der i/o. Mit der neuen Technologie "Language Model for Dialogue Applications" (LaMDA) sollen sich künstliche Assistenten künftig natürlicher mit Menschen unterhalten können. Als Beispiel gab es verblüffende (aber noch längst nicht perfekte) Gespräche mit einem Papierflieger und dem Planeten Pluto zu bestaunen.
Apple: M1-iMac ist "ein Wunder" – und die nächsten MacBooks kommen im Sommer
Ab übermorgen, 21. Mai, verkauft Apple seine neuen bunten iMacs und die frisch getunten Versionen von iPad Pro und Apple TV 4K. Für das meiste Interesse sorgt sicherlich der erste iMac mit dem hauseigenen M1-Chip, für den jetzt das Test-Embargo gefallen ist. Und die ersten Kritiken klingen überaus positiv bis beinahe hymnisch. The Verge spricht vom "Alles-in-einem-Rechner für fast alle", der die enormen Qualitäten des schnellen M1 auf den Desktop bringt. Beim Tempo liegt der M1-iMac erwartungsgemäß auf dem ohnehin schon hohen Niveau der ersten MacBooks mit dem neuen Chip. Weil der Schreibtisch-Rechner aber weiterhin zwei Lüfter eingebaut hat, könnte bei maximaler Auslastung sogar noch ein wenig mehr Leistung drin sein. Spiegel-Autor Matthias Kremp hat es in seinem einwöchigen Test trotz aller Bemühungen allerdings nicht geschafft, den Bunt-iMac "an seine Grenzen zu bringen".
US-Kollege René Ritchie von iMore schwärmt angesichts der Performance sogar von einem "M1-Wunder": "Apple hat seinen ikonischsten Rechner in ein ganz neues Universum von Leistung und Fähigkeiten befördert." Kritik gibt es auch – am für Profis doch recht kleinen 24-Zoll-Bildschirm (ein größeres Modell soll kommen), an den hellen Rändern ums Display, an der fehlenden Erweiterbarkeit und natürlich am Preis (ab 1.449 Euro). Wer mit dem stationären iMac nicht glücklich wird, wartet womöglich aufs komplett neu designte MacBook Pro mit M1 (oder sogar schon mit M1X oder M2). Der stets gut informierte Mark Gurman von Bloomberg orakelt jetzt, dass neue MacBooks Pro in 14 und 16 Zoll schon im anstehenden Sommer erscheinen. Erfreulicherweise sind demnach SD-Kartenslot, HDMI-Buchse und MagSafe-Ladeanschluss ebenso an Bord wie bis zu 64 GB RAM. Ein überarbeitetes MacBook Air, eine günstigere Variante des MacBook Pro und der neue Profi-Rechner Mac Pro könnten nicht sehr viel später ins Haus stehen.
Ohren-Pause: Spotify bringt Podcasts zum Lesen
Podcast, das ist Radio für die Ohren – und ein Audio-Erlebnis, das in den letzten Jahren ungeheure Erfolge gefeiert hat. Allerdings erreicht das Format nicht alle Zielgruppen: Wer schlecht oder gar nicht hören kann, bleibt bisher außen vor. Spotify will das ändern, mit Podcasts zum Lesen. Das klingt zunächst widersinnig und nach einem Medienbruch – kann aber für mehr Inklusion sorgen. Denn künftig soll es von allen Podcasts auf Spotify automatische Abschriften geben, die von einer Texterkennung erstellt werden. Auch wenn die Podcast-Texte nicht immer perfekt sein dürften, sollen sie auf jeden Fall das Verstehen des Inhalts ermöglichen.
Die neue Funktion ist laut Blogeintrag bereits in den kommenden Wochen für die eigenen Formate "Spotify Exklusive" und "Original Podcasts" in den iOS- und Android-Apps verfügbar und soll später für alle Podcasts kommen. Der Streamingdienst denkt dabei nicht nur an Nutzer mit Hörproblemen, sondern auch an Podcast-Fans, die sich sehr schnell durch die Inhalte bewegen wollen. Wer in der Textabschrift auf eine bestimmte Stelle klickt, springt automatisch zur entsprechenden Passage im Hör-Podcast. So lassen sich Podcasts erstmals auch nach bestimmten Inhalten und Begriffen durchsuchen – was für ganz neue Nutzungsmöglichkeiten beispielsweise zum Recherchieren sorgt. Wer schlecht sieht, kann sich seine Buttons in der Spotify-App künftig drastisch vergrößern.
Hoch hinaus: High-Heels-Spiel erobert TikTok
Julian, stöckel! TikTok-Nutzer hypen gerade eine ganz neue Kategorie von Smartphone-Spielen – die sogenannten "Baddie Games". Wie The Verge aufdröselt, sind "Baddies" fesche, coole, freche, unabhängige junge Frauen und Mädchen. Aktuelles Höchstlob: "Wow, that girl is a baddie!" Und für die "Baddie Girls" gibt es jetzt auch passende Spiele, die in zahllosen TikTok-Videos abgefeiert werden. Den Trend gestartet hat das Casual-Spiel "High Heels!" für iOS und Android, das vom türkischen Entwickler Rollic Games stammt, und das der für seine In-Game-Abzocke gefürchtete US-Publisher Zynga veröffentlicht hat. Darin müssen Spielerinnen (und Spieler) versuchen, auf absurd hohen und stelzenartigen Heels möglichst schnell und unfallfrei Hindernisse zu überwinden.
Deshalb wird "High Heels!" im App Store für iOS amüsanterweise in der Kategorie "Rennspiele" gelistet und liegt dort momentan höchst erfolgreich auf Platz vier. Bei so viel Tempo erhält "RuPaul's Drag Race" eine ganz neue Bedeutung. In Sachen Extra-Käufen für das Gratis-Spiel hält sich Zynga mit maximal 5,49 Euro sogar einigermaßen zurück. Nach "High Heels!", einem der erfolgreichsten Spiele-Debüts des ersten Halbjahres 2021, erscheinen nun immer mehr solcher vermeintlicher "Mädchenspiele für Baddies". In "Squat Master" müssen die Meeedchen, wie Heidi sagen würde, nun ja, ihren Hintern aufpumpen. Und in "Nail Woman" geht es darum, mit meterlangen Stiletto Nails Jungs "aufzureißen" – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Auf TikTok sind die meist pinkfarbigen neuen Spiele auch in der Queer- und LGBTQ-Gemeinde aktuell ein Riesenthema.
Corona-Museum: Twitter feiert Gemälde-Thread
Twitter applaudiert Wolfgang Luef. Der Wiener Journalist, der sich beim SZ-Magazin derzeit in Elternzeit befindet, hat eine sensationell lustige Aktion gestartet, bei der er berühmte Kunstwerke mit aktuellen Corona-Themen verbindet. Dafür gibt es Tausende von Likes und zahllose Retweets. Zum Start des Threads hat Luef kurz und knapp getwittert: "Im Museum gewesen. Überall nur Corona gesehen. Thread."
Dann liefert er ein wahres Schmäh-Feuerwerk von "Corona-Gemälden" mit köstlichen Texten wie diesen: "Am Abend nach der ersten Astra-Dosis hat Sebastian eine leichte Impfreaktion", "Adam (dzt Single) wählt seinen Kontakt-Haushalt aus" oder "Jesus postet seine Impf-Einstichstelle auf Social. Thomas kommentiert: Fake." Die Idee würde auch zu einer grandiosen Bilderstrecke im SZ-Magazin taugen. Aber wegen Luefs Elternzeit freut sich eben Twitter umso mehr. Wenn es das Wort "Klickbefehl" noch gibt – dann gilt es hier!