Millennials-Ansprache:
"Chatbots haben in jeder Branche Potenzial"
Gerade Millennials lassen sich über Chatbots gut erreichen. Warum das so ist - und wie es geht, erklärt Digital-Experte Carsten Christian von OSK im Interview.
Ohne Customer Experience geht im Marketing im Moment nichts – was heißt das für die Ansprache der Millennials?
"Im Kontext der Millennials, die in den 80ern und 90ern geboren wurden, bedeutet Customer Experience vor allem, dieser Zielgruppe auf Augenhöhe zu begegnen. Das bezieht sich auf die Art und Weise, also wie wir sie ansprechen, aber auch auf die Kanäle, also wo wir sie erreichen. Am besten spricht man sie dort an, wo sie sich sowieso aufhalten. Sie konsumieren nicht nur Inhalte, sondern produzieren sie auch und möchten mit Marken so kommunizieren, wie sie es auch mit der Familie oder mit Freunden tun. Das findet im Social Web statt und vor allem mobil. Kommunikationsprofis bietet das die Möglichkeit, ihre Kunden über Messenger-Dienste entlang der Customer Journey direkt zu begleiten. Millennials sind zudem technisch aufgeschlossen und offen für neue Kommunikationswege, daher eignen sich für sie zum Beispiel Chatbots, mit denen sie interagieren und über die sie individuelle Inhalte und Formate abrufen können. Mit dem Verbot, via Whatsapp Massennachrichten zu versenden, wird das Thema Messenger Marketing natürlich komplexer, weil ein einfacher und leistungsstarker Kanal wegbricht. Doch es gibt Alternativen, wie beispielsweise den Facebook Messenger und Telegram."
Wie können Marken die flatterhaften jungen Menschen an sich binden?
"Der erste Schritt ist – wie natürlich bei allen Zielgruppen – Aufmerksamkeit zu gewinnen. Die heute 20- bis 40-Jährigen sind jedoch bei der Medienauswahl wesentlich kritischer als vorherige Generationen. Es ist daher eine Herausforderung für Kommunikatoren, ihr Interesse für ein Unternehmen oder eine Marke zu gewinnen und sie bestenfalls daran zu binden. Auch weil Millennials quasi ein 24/7-Angebot erwarten, das gleichzeitig individuelle Kommunikationsbedürfnisse und Kundenwünsche erfüllt. WhatsApp, Facebook Messenger und Co. sind bei ihnen so beliebt, weil die Kommunikation schnell, direkt sowie unkompliziert funktioniert und immer verfügbar ist. So hat fast jeder junge Nutzer zwischen 14 und 29 Jahren einen Messenger-Dienst auf seinem Smartphone installiert. Darauf müssen Marken mit passenden Services reagieren. Zudem muss man das Kommunikationsbedürfnis und den Nutzungskontext berücksichtigen. So bringt der Wunsch nach leichter Unterhaltung ganz andere Anforderungen mit sich als eine konkrete Informationssuche. Dabei ist Kontinuität in Sachen Inhalt und Frequenz wichtig. Deshalb steht am Anfang der Konzeption eines Chatbots immer die Frage, ob es sich um eine zeitlich begrenzte Kampagne oder eine dauerhafte Maßnahme – zum Beispiel für ein Produktsegment – handelt, für die langfristig spannende Inhalte verfügbar sein müssen. Denn wenn der Nutzer die Inhalte als irrelevant empfindet und dadurch genervt ist, wirkt sich das negativ auf die Botschaft und das Unternehmensbild aus."
Was heißt das konkret? Warum sind Messenger und Chatbots gerade bei Jüngeren relevant?
"Chatbots eigenen sich, um die Inhalte einer Story, Informationen oder Kampagnen-Elemente personalisiert via Messenger-Dienste zu auszuspielen. Die Individualisierungsmöglichkeiten im Storytelling via Chatbot sind ungemein groß: Unternehmen sprechen User nach deren jeweiligen Bedürfnissen an und informieren zum Beispiel zu Produkten, Sonderangeboten, Anleitungen und Services. Der User bestimmt selbst, zu welchen Themen er Input bekommen möchte, zum Beispiel zu Produkten, der Unternehmens-Geschichte, Mitarbeiter-Profilen oder Stellenanzeigen. Clever aufgesetzt, greift der Bot auf einen ausgewogenen Mix aus Texten, Bildern und audio-visuellen Elementen zurück. Dass diese Art der Kommunikation sich vor allem für jüngere Menschen eignet, hat etwas mit Vertrautheit zu tun. Millennials sind mit den neuen Technologien aufgewachsen und digitale Medien sind Teil ihres Alltags. Rund zwei von fünf Personen aus der Generation Y sind sogar der Meinung, dass Bots besseren Service leisten als Menschen."
Was macht einen guten Chatbot aus?
"Rechtliche Aspekte und der Datenschutz bilden die Basis für einen durchdachten Chatbot. Der Nutzer muss zum Beispiel selbst bestimmen können, wann er den Chatbot verlässt oder sich vom Messenger abmeldet. Zudem gibt es einige datenschutzrechtliche Bestimmungen, die unbedingt einzuhalten sind, wie beispielweise die Double-Opt-In-Anmeldung durch den User. Entscheidend ist im nächsten Schritt, dass direkt klar wird, was der Service bringt. Daneben müssen die Anbieter gewährleisten, dass der Chatbot – solange er aktiv ist –, gleichbleibende Qualität liefert. Also dass beispielsweise alle Nachrichten in das Gesamtkonzept passen oder dass der Kunde weiß, wie lange es das Angebot geben wird. Das bedenken viele Entscheider nicht. Dabei reicht es schon, wenn der Chatbot irgendwann sagt ‚Vielen Dank, war ‘ne schöne Zeit mit uns beiden, aber ich muss jetzt offline gehen‘. Fast schon selbstverständlich scheint hingegen, dass es im Messenger Marketing eine gute, kreative Story braucht. Dabei ist es wichtig, den Kunden nicht mit werblichen Informationen zu nerven. Es geht um gute Geschichten, um echte Unterhaltung und keine plumpem Werbebotschaften.
Ist das für jedes Unternehmen / jede Branche ein geeignetes Mittel? Was gilt es bei der Umsetzung zu beachten?
"Jedes Unternehmen muss individuell klären, ob ein Chatbot für das jeweilige Kommunikationsziel Sinn ergibt. Allerdings hat die Technologie für jede Branche Potenzial. Ob spannende Geschichten für Endkunden, informierende Inhalte im B2B-Bereich oder guter Service im Customer Relation Management – der ungefilterte und direkte sowie individualisierte Kontakt hat immer das Potenzial, Kunden zu begeistern und langfristig zu binden. Zwar denkt man zunächst nur an Consumer Products und Services, wenn es um Chatbots geht. Doch auch beispielsweise für Zulieferer kann das eine spannende Lösung sein. Fest steht: Es braucht Zeit, um ein Chatbot-Projekt zu planen und umzusetzen."
Carsten Christian ist Experte für Digital Trends bei OSK.