Spredder, Suite101, Raufeld: Was ist mit den Content-Börsen los?
Ernste Konkurrenz für den Journalismus sieht anders aus: Hajo Schumachers Spredder ordnet sich bei DieRedaktion unter, Suite101 ist führungslos, Zalbertus‘ Inhaltefabrik hat sich umorientiert, Raufeld Content ist erst frisch am Start. Eine Analyse von W&V-Online-Redakteurin Petra Schwegler.
Im vergangenen Jahr hat Demand Media nach drei Jahren im Markt begonnen, auch Verlage mit Akkord-Artikeln zu Ramsch-Preisen zu versorgen. Journalisten und Verlage auf der ganzen Welt hat der Vorstoß in Angst und Schrecken versetzt. Niedrig vergütete Lohnschreiber, die Texte und Videos wie am Fließband zu den meist gesuchten Themen bei Google verfassen und jederzeit kostengünstig abrufbar sind, bedrohen die Qualitäts-Journaille – so das Fazit damals. Mittlerweile ist in diesem Segment durchaus die Erkenntnis eingekehrt: So einfach geht das nicht.
Aktuell gibt es schon einmal die erste Fusion unter den Journalismusbörsen: Die Deutsche Post legt ihre im März gestartete Offerte DieRedaktion.de mit dem Konkurrenten Spredder zusammen. So soll das Geschäft mit den Verlagen angekurbelt werden. Spredder-Gründer Hajo Schumacher begründet in der offiziellen Pressemitteilung den Schritt mit der Förderung des Qualitätsjournalismus. "Unser gemeinsames Ziel ist es, Journalisten, Redaktionen und Verlage zu vernetzen. So fördern wir den Qualitätsjournalismus als ein Stück deutschen Kulturguts." Schuhmacher wird das Projekt auch weiterhin als unabhängiger Berater begleiten.
Sehr früh hat auf dem deutschen Markt Center-TV-Macher und Medienunternehmer Andre Zalbertus die US-Idee des Marktplatzes für journalistische Inhalte umgesetzt. Sein ursprünglich als "Demand Medien" lanciertes Vorhaben musste im Juli vor einem Jahr unter dem Titel "Inhaltefabrik" starten, weil die Amerikaner den deutschen Klon einbremsten. Seither heißt es, Demand Media will eine deutsche Content-Farm errichten. Noch ist sie nicht in Sicht - dafür arbeitet Content.de mit Autoren, die für zehn Euro 500 Wörter lange Artikel verfassen.
Zalbertus ist heute mit seiner Inhaltefabrik schlauer – reine Akkordarbeit der Autoren ist nicht gefragt: "Wir sind im letzten Sommer gestartet, haben aber frühzeitig unser Modell den Marktgegebenheiten angepasst: Für mich war abzusehen, dass die reine Ausrichtung nach Algorithmen nicht zielführend sein konnte – Google hat dementsprechend dann auch reagiert und versucht Demand Media das Leben schwer zu machen. Wir setzen bereits seit einigen Monaten bei unserer Inhaltefabrik konsequent auf Bewegtbild in Verbindung mit Social Media."
Jüngster Neuzugang im Segment der Inhalte-Lieferanten ist die Raufeld-Medien-Offerte Raufeld Content, angeführt vom Bildblog-Mitgründer Christoph Schultheis. Dort klingt man freilich euphorisch. So spricht Projektleiterin Birgit Metzner von einer "äußerst" positiven Resonanz. "Innerhalb von nur zwei Wochen weist die Seite schon mehr als 18.000 Seitenaufrufe auf. Und viele Besuche führen bereits zum Kauf unserer Medienpakete", so Metzner. Erste Kunden seien häufig Betreiber von Online-Magazinen, aber auch Ratgeber-Zeitschriften, TV-Programmzeitschriften und Anzeigenblätter. "Besonders stark nachgefragt werden derzeit Beiträge zu den Themen Gesundheit, Reise und Automobil, aber auch unsere Specials werden sehr gut gekauft. Neben der Nutzung unserer Servicepakete gibt es zudem erste Anfragen für die Erstellung von Exklusivmaterial", so Metzner über die ersten Wochen von Raufeld-Content.de.
Man habe den Nerv der Zeit getroffen, heißt es bei Raufeld Content in Berlin – das zeige auch das große Medienecho auf den Launch. Zum Angebot selbst fügt Birgit Metzner hinzu: "Wir positionieren uns damit, dass wir journalistisch hochwertige, garantiert PR-freie Beiträge zu niedrigen Preisen anbieten. Diese Mischung weckt natürlich Interesse, sowohl auf Seite der Medienjournalisten als auch auf Seite potentieller Kunden. Wir unterscheiden uns von anderen Anbietern dadurch, dass wir ausschließlich mit uns vertrauten Redakteuren zusammen arbeiten, um so einen gleichbleibend hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten." Alle Artikel, die online gehen, würden redaktionell geprüft und aktualisiert.
Und so arbeitet Raufeld Content: Täglich wird die Seite mit neuen Inhalten gefüllt. Jede Woche sind in jedem Ressort neue Artikel zu lesen. In einer per Newsletter verschickten Wochenvorschau wird auf die kommenden Themen aufmerksam gemacht, die häufig einen aktuellen, beispielsweise saisonalen Bezug haben. Bildmaterial, Grafiken und Videos gibt es im Komplettpaket.
Doch zurück zum "Altbestand". Erwähnt sei hier besonders Suite101.de, eine der ältesten Content-Farmen mit Start vor 14 Jahren in Kanada. Das Online-Autorennetzwerk dürfte sich hierzulande gerade in einer Phase der Umorientierung befinden, nachdem der bisherige Chefredakteur Dirk Westphal im Juni das Handtuch bei der Burda-Seite geworfen hat. Möglicherweise sind unterschiedliche Auffassungen über die Strategie der Grund für seinen Abschied. Fest steht nur: Per Stellenanzeige hat das Unternehmen einen neuen Chefredakteur gesucht, der "die Entwicklung der nächsten Generation der Plattform gemeinsam mit dem Team in Vancouver" gewährleistet.
Ein etwas anderes Geschäftsmodell pflegt die auf Ratgeber ausgelegte Plattform Helpster.de. Der Ableger von Gutefrage.net steht ebenfalls unter der Leitung des früheren Holtzbrinck-Managers Stephan Roppel. Er beschwört, dass das Portal eine Ergänzung zum klassischen Journalismus biete, der ausschließlich Ratgeber orientiert ausgerichtet sei und dabei hohe Qualitätsstandards verfolge. Und wer schreibt für Helpster? "Steuerbeamte, Krankenschwestern, Rentner – viele Leute, die aktiv im Beruf stehen und anderen gute Tipps geben möchten. Es kommt auch vor, dass Journalisten mitwirken, die sich zwischendurch leichter Kost widmen möchten", sagt Roppel. Zehn Euro gibt es pro Anleitung, 30 Euro für ein Erklär-Video. Knapp 40.000 Beiträge sind seit Start von Helpster.de vor einem Jahr zusammengekommen. "Wir sind im B-to-C-Bereich der erfolgreichste Anbieter", sagt Roppel. Die IVW hat dem Portal zuletzt im Juni mehr als drei Millionen Visits ausgewiesen.
Hinter dem Ratgeber-Portal steht für Stephan Roppel aber in erster Linie noch nicht ausgeschöpftes Werbepotenzial. Er schätzt den Markt für Kampagnen im Umfeld der ratgeberorientierten Content-Plattformen auf mehrere hundert Millionen Euro. Das dürfte auch der Grund sein, warum Insider von einer Reihe von ausländischen Investoren berichten, die bei deutschen Content-Portalen einsteigen oder investieren möchten.