Gerichtsurteil:
Netflix darf nicht willkürlich die Preise erhöhen
Nach einer erneuten Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband hat das Landgericht Berlin nun Teile von Netflix' Nutzungsbedingungen für unwirksam erklärt. Es geht um die mangelnde Transparenz bei den Preisen.
Netflix räumt sich in seinen Nutzungsbedingungen das Recht ein, die Abo-Preise "von Zeit zu Zeit" und "nach billigem Ermessen" zu ändern, "um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln." Als Beispiele für preisbeeinflussende Kostenelemente nannte das Unternehmen unter anderem Produktions- und Lizenzkosten, Kosten für Personal, Marketing, Finanzierung oder IT-Systeme.
Landgericht Berlin: "Spielraum für willkürliche Preiserhöhungen"
Diese Klausel zum Thema Preisänderungen ist jedoch trotz einer Überarbeitung noch immer nicht klar und verständlich genug – und somit letztlich unwirksam, entschied das Landgericht Berlin im Dezember 2021 in einem Urteil, das nun veröffentlicht wurde. Verklagt worden war der Streaminganbieter vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die Verbraucherschützer werfen Netflix vor, seine Nutzungsbedingungen derart unklar formuliert zu haben, "dass sie dem Konzern Spielraum für willkürliche Preiserhöhungen bieten".
Die Bedingungen für Preisanpassungen seien nicht ausreichend transparent, erklärte das Landgericht Berlin. Als Teil eines internationalen Streamingkonzerns bleibe es unklar, welche Kosten die in Deutschland geforderten Preise von Netflix beeinflussen. Diese müssten einen konkreten Bezug zu den Kosten der Bereitstellung des Dienstes in Deutschland haben.
Konkret ging es um den Abschnitt 3.5 aus den Nutzungsbedingungen von Netflix. "Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln."
In der Klausel fehlen Preissenkungen
Im Folgenden zählt Netflix verschiedene Faktoren auf, die die Abopreise beeinflussen könnten, darunter zum Beispiel "Produktions- und Lizenzkosten, Kosten für die technische Bereitstellung und die Verbreitung unseres Dienstes", aber auch "allgemeine Verwaltungs- und andere Gemeinkosten". Dazu betont Netflix, dass alle Preisänderungen frühestens 30 Tage nach Bekanntgabe gelten und dass sich Abos jederzeit während der Kündigungsfrist kündigen lassen.
Das Gericht beanstandete außerdem eine mangelnde Ausgewogenheit der Klausel. Es fehle die Klarstellung, dass Netflix die Preise nicht nur nach oben anpassen darf, sondern bei Kostensenkungen verpflichtet ist, die Preise zu ermäßigen.
Netflix hat bereits Berufung eingelegt
Die Vzbv hatte Netflix schon einmal wegen einer intransparenten Preisanpassungsklausel verklagt. Die früher verwendete Klausel enthielt keine Kriterien für Preisänderungen und wurde vom Berliner Kammergericht im Dezember 2019 für unzulässig erklärt. Das entsprechende Urteil ist inzwischen rechtskräftig, konkrete Folgen für die Preisgestaltung von Netflix in Deutschland hatten die Klagen jedoch bisher nicht.
Gegen das aktuelle Urteil hat Netflix nun vor dem Berliner Kammergericht Berufung eingelegt. Der Vzbv sieht sich vorbereitet: "Sollte die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel auch von den nächsten Instanzen bestätigt und dann rechtskräftig werden, so wären Preiserhöhungen, die sich auf diese Klausel gestützt haben, aus unserer Sicht ohne wirksame Grundlage erfolgt", sagte eine Vzbv-Sprecherin gegenüber dem Magazin Golem. Betroffenen könnten dann Rückforderungsansprüche zustehen.