Mehr Videos länger online:
Gutachter für mehr Bewegtbild von ARD und ZDF im Netz
Auch Öffentlich-Rechtliche sollten künftig im Internet freier unterwegs sein können, fordert eine Studie im Auftrag des ZDF.
In einer vom ZDF in Auftrag gegebenen Studie fordern die Autoren eine längere Abrufbarkeit von Videos aus Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender. Derzeit sind Serien und Fernsehfilme oft nur sieben Tage online, Nachrichtensendungen hingegen bis zu einem Jahr.
"Es ist den Zahlern des Rundfunkbeitrags nicht zu vermitteln, warum die mit den Rundfunkbeiträgen produzierten Sendungen nicht unabhängig von dem Sendetermin der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen sollen", schreiben Dieter Dörr, Bernd Holznagel und Arnold Picot. Für eine breitere und längere Verfügbarkeit der Videos müsse aber der Rundfunkstaatsvertrag geändert werden. Die Studie wurde am Freitag bei der Sitzung des ZDF-Fernsehrats in Mainz vorgestellt.
Die Gutachter führen in ihrer Untersuchung mit dem Titel "Legitimation und Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Zeiten der Cloud" weiter aus: Gerade online seien Videos besonders nachgefragt und wichtig. Und im Internet, ergänzte ZDF-Intendant Thomas Bellut, liege die Zukunft. "Entscheidend wird sein, wie man im Netz unterwegs sein wird."
Auch Kaufware sollen in die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen
Der Medienrechtler Dörr, der Rechtswissenschaftler Holznagel und der Betriebsökonom Picot schlagen vor, das Verbot aufzuheben, wonach angekaufte Serien und Filme nicht online gestellt werden dürfen. Auch im Sport, wo die Grenzen für Online-Videos ganz besonders eng sind, sollte das Gesetz flexibler gestaltet sein, schlagen sie vor.
Außerdem sollten ARD und ZDF ihre Angebote ruhig auch mehr auf Drittplattformen anbieten dürfen. "Gegenwärtig werden Drittplattformen wie Youtube oder Facebook noch nicht konsequent genug strategisch für eigene Inhalte genutzt", heißt es in der Studie. Dort werde eigentlich nur für die TV-Sendungen geworben, aber diese nicht publiziert. Marlehn Thieme, die Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, sagte, die öffentlich-rechtlichen Sender müssten dorthin, wo die Nutzer sind. So blieben sie für die Menschen auffindbar und leicht zugänglich.
Immer mehr Zuschauer ziehen die Inhalte aus dem Netz
Bellut sieht in dem Gutachten eine wichtige Grundlage für die Arbeit des ZDF. "Das Fernsehen, aber auch unsere Gesellschaft verändern sich rasant. Das spüren wir jeden Tag." Bislang, schränkte er ein, seien die Zahlen der Online-Zuschauer noch vergleichsweise gering. Die "heute show" werde im Hauptprogramm von 3,5 Millionen Menschen geschaut, in der Mediathek von wenigen Hunderttausend. Doch in zehn oder zwanzig Jahren sehe das sicherlich ganz anders aus. "Die Bewegung Richtung Netz ist da", so Bellut. In der ZDF-Mitteilung ist die Rede von der Produktion für die "Cloud".
Auf die Zukunftsfähigkeit des ZDF zahlt auch ein: Moderator und Comedian Jan Böhmermann wird bis Ende kommenden Jahres bleiben. Der Vertrag sei für das Jahr 2017 verlängert worden, sagte Bellut.
Böhmermann hatte in den vergangenen Monaten mit seinem "Schmähgedicht" gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan großes Aufsehen erregt. Der TV-Satiriker und Grimme-Preisträger produziert für das ZDF die wöchentliche Show "Neo Magazin Royale". Weitere Projekte seien "im Gespräch", sagte Bellut weiter. Der Intendant merkte aber, auch angesichts der Talkshow von Böhmermann mit Musiker Olli Schulz an: "Er ist schon ganz gut ausgelastet."
W&V Online/dpa