Print-Innovation:
Bild testet neues Politik-Magazin
Wie Springer den Nerv einer Generation treffen will, die sich von politischen Magazinen abgewandt hat.
Rechthaberei ist eigentlich nicht Mathias Döpfners hervorstechende Eigenschaft. Doch bei einer Veranstaltung am Donnerstagabend in Berlin konnte sich der Vorstandschef von Axel Springer nicht verkneifen, den versammelten Journalisten den Spiegel vorzuhalten.
Als der Konzern vor etwa fünf Jahren seine Regionalzeitungen an Funke verkaufte, habe es überall geheißen, Springer verabschiede sich vom Journalismus. Und er, Döpfner, habe damals gewettet, dass das Gegenteil der Fall sein werde und habe Recht behalten. 30 neue Printprodukte habe Springer seither getestet, 15 davon seien heute noch am Markt - Blau oder Icon beispielsweise. Nicht funktioniert hat dagegen eine eigenständige Fußball-Bild.
Idee der jungen Vorstandsassistentin Selma Stern
Im Frühjahr 2019 will Springer mit dem Wochenmagazin Bild Politik ein weiteres gedrucktes Objekt im Einzelverkauf in den Markttest geben - vermutlich in Nordrhein-Westfalen, wo Menschen in Städten und in ländlichen Räume gut erreicht werden können.
Das Magazin will "die wichtigsten Fragen der Woche" in Rubriken wie "Freude", "Ärger" und "Neugier" einordnen und die emotionalsten politischen Themen der Woche für den Leser komprimiert aufbereiten, auch mit klar getrennten Meinungsbeiträgen. Details zu Umfang, Auflage und Preis gibt es noch nicht.
Die Idee für das wöchentliche Politik-Magazin kam von der 32-jährigen Vorstandsreferentin Selma Stern. Sie hat das Magazin zusammen mit Politikchef Nikolaus Blome, 55, entwickelt und verantwortet es gemeinsam mit dem Bild-Vize.
Stern glaubt, dass es in einem Markt, wo alle politischen Magazine unter rückläufigen Auflagen leiden, eine Lücke geben könnte, wenn man die Leser anders anspricht als bisher. Sie stellt sich Bild Politik als eine Mischung aus Economist und Bild vor - maximal verdichtet auf das Wesentliche, emotional, in einer zeitgemäßen, neuen Form.
Das Laborprodukt, dessen Inhalte und Titel in Gruppendiskussionen mit potenziellen Lesern getestet wurde, soll den Nerv einer Generation treffen, die sich von politischen Magazinen abgewandt hat, aber dennoch politisch interessiert ist - eine tendenziell jüngere Zielgruppe als die der Bild.
In der Testphase entsteht das Wochenmagazin aus der Politik- und Wirtschaftsredaktion der Bild heraus - allerdings in einem eigenen Team. Die Beiträge sollen eigenständig sein und kein Recycling von bereits veröffentlichtem Bild-Material.
Digitales Geschäft als Umsatzbringer
Wichtig ist dem Springer-Boss natürlich auch der Fortschritt bei seiner Online-Strategie: "Bei Axel Springer wird digitaler Journalismus zunehmend profitabler" so Döpfner.
Mit aktuell gut 300 Millionen Unique Usern der journalistischen Angebote (digital und gedruckt) sei es Springer gelungen, die Nettoreichweite im Segment News Media in den vergangenen fünf Jahren mehr als zu verdreifachen.
Im Fokus: die internationalen Angebote Business Insider und Upday sowie national Bild und Welt, die im Oktober gemeinsam erstmals die Marke von 500.000 zahlenden Abonnenten überschritten hätten. Bild Plus allein sei weltweit das fünftgrößte journalistische digitale Bezahlangebot und erreiche die größte Abonnentenzahl außerhalb des englischsprachigen Raums, heißt es weiter in der Aufzählung von Superlativen.