Aus für Amazonas: OLG verhindert VoD-Ehe von RTL und ProSiebenSat.1
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das Verbot der gemeinsamen Video-On-Demand-Plattform "Amazonas" von RTL und ProSiebenSat.1 bestätigt. Das Bundeskartellamt hatte dieses Verbot ausgesprochen - aus Angst vor dem Duopol auf dem Markt der TV-Werbung...
Die Videoplattform Amazonas wird wohl Wunschdenken bleiben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am Mittwoch sein Urteil über das gemeinsame Projekt von RTL und ProSiebenSat.1 gefällt - und das Verbot bestätigt. Das Bundeskartellamt hatte dieses Verbot bereits am 17. März vergangenen Jahres ausgesprochen, da die beiden privaten Senderfamilien aus Sicht der Behörde auf dem Markt für Fernsehwerbung ein Duopol bilden. Amazonas dürfte endgültig am Ende sein, denn das OLG hat die so genannte Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, um den Fall vor den Bundesgerichtshof bringen zu können.
Auf Anfrage heißt es bei ProSiebenSat.1: "In der Sache können wir die Entscheidung gegen eine sinnvolle, verbraucherfreundliche, sender-offene Videoplattform nicht nachvollziehen. Wir werden uns die Urteilsbegründung genau ansehen und prüfen, ob wir Rechtsmittel einlegen. Es sei übrigens auch eine Entscheidung gegen die deutsche Medienwirtschaft, "denn ausländische Konzerne werden nicht mehr lange zögern, diesen Markt aufzurollen", so der Münchner Konzern, der bedauert, dass nun kein "Hulu" aus deutschen Händen gestemmt wird.
Darum ging es: Unter dem Arbeitstitel Amazonas hatten die Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 geplant, gemeinsam ein Video-on-Demand-Portal aufzubauen. Auf dieser technischen Plattform wollten die Sender ihre Serien, Shows und anderen Formate verbreiten und vermarkten. Jeder Sender sollte dabei für seinen eigenen Bereich verantwortlich sein. Das Bundeskartellamt hatte das Vorhaben trotzdem untersagt, weil - so die Argumentation - die Plattform die marktbeherrschende Stellung der beiden Sendergruppen verstärken würde. Ohnehin war ihre Dominanz im Werbemarkt schon vor Jahren Inhalt einer Kartellstrafe. RTL und ProSiebenSat.1 hatten gegen das Veto der Bonner Behörde geklagt, erst vor dem Düsseldorfer Landgericht, dann vor dem OLG. Das Oberlandesgericht hatte bereits am 18. April in einer mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es der Argumentation des Bundeskartellamtes im Prinzip folgt.
Helmut Janssen von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft erläutert das Veto von Kartellamt und OLG für W&V Online. "Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass die beiden Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 in Deutschland ein Duopol auf dem Markt für Fernsehwerbung bilden. Sie herrschen mit einem stabilen Marktanteil von 80 bis 90 Prozent. Wettbewerber wie die Sendergruppen ARD und ZDF kommen jeweils ledig auf drei bis sechs Prozent. RTL und ProSiebenSat.1 bieten monatlich jeweils über 30.000 Minuten Werbung an, ARD und ZDF hingegen jeweils nur 600 Minuten. Wer heute in Deutschland Werbung im Fernsehen schalten will, kommt an den beiden Privaten daher nicht vorbei." Hinzu komme, dass zwischen ihnen "kein wesentlicher Wettbewerb" stattfinde. Mit "Amazonas" hätten beide Familien über eine gemeinsame Plattform so genannte In-Stream-Video-Werbung verbreitet. "Das Bundeskartellamt meinte, dass diese Werbeform aus Sicht der Werbekunden (Agenturen, werbetreibende Industrie) vielleicht schon heute, zumindest aber perspektivisch dem Fernseh-Werbemarkt zuzurechnen sei. Die beiden Privatsender würden durch das gemeinsame VoD auf diesem aktuellen Markt kooperieren und sich zudem zusammen einen Zukunftsmarkt sichern. Dies werde ihre ohnehin schon bedenkliche Marktmacht weiter stärken."
Außerdem war, so Janssen, wesentlich, dass die beiden Mediengiganten sich darauf verständigt hatten, die Inhalte auf der Plattform nur für eine abgesprochene Dauer (eine Woche) gratis – das heißt werbefinanziert – einzustellen. "Beide hatten sich zwar nicht auf eine gemeinsame Vermarktung der Werbekapazitäten geeinigt, aber Zeitpunkt und Qualität der Angebote sollten für Jeden verbindlich festgelegt werden. Damit hätten Werbekunden weniger Wahlmöglichkeit", so der Rechtsanwalt. Die Folge aus Sicht des OLG und Kartellamts: "Wer eine Werbekampagne von mehreren Wochen schalten wollte, würde von RTL und ProSiebenSat.1 mehr oder weniger einheitliche Angebote mit der Begrenzung auf eine Woche erhalten. Das Bundeskartellamt will hingegen, dass die Medienhäuser miteinander um jeden Kunden konkurrieren und unterschiedliche Angebote machen", so Janssen.
Zwischenzeitlich liegt das weitere deutsche VoD-Projekt der Öffentlich-Rechtlichen in Zusammenarbeit mit Produzenten, Germany's Gold, beim Bundeskartellamt zur Prüfung. Noch steht kein Termin in Aussicht. Chef des Ganzen ist der langjährige TV-Manager Jochen Kröhne. Interessant wird sein, ob diese Konstellation vor den Kartellbehörden bestehen kann...