Umfrage:
Wobei Frauen sich bei der Arbeit diskriminiert fühlen
Trauriger Arbeitsalltag für Frauen: Sexismus ist noch gang und gäbe, beim Bewerbungsgespräch wird's indiskret und das Gender Pay Gap bleibt weiter sperrangelweit offen.
Noch immer klafft laut dem Statistischen Bundesamt eine Lücke von 21 Prozent zwischen dem Verdienst von Männern und dem Verdienst von Frauen in Deutschland. Doch die Zahl sagt wenig darüber aus, inwieweit sich Frauen tatsächlich in ihrer Arbeitswelt diskriminiert fühlen. Dem ging der Büroanbieter Viking in einer aktuellen Umfrage nach.
Die Mehrheit der Frauen (75,1 Prozent) gaben an, dass sie am Arbeitsplatz bereits das Gefühl hatten unterbezahlt zu sein, mit wenig Aussicht auf Besserung: Jede fünfte Befragte sagte, dass sie befürchtet, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle niemals verschwinden wird. Immerhin gehen 40 Prozent der Frauen davon aus, dass sich die Lohnlücke innerhalb von 11 bis 50 Jahren schließen wird.
Vermutlich wird es länger dauern, denn das World Economic Forum aus Genf hat kürzlich berechnet, dass es noch 217 Jahre dauern wird, bis die Lohnlücke vollständig geschlossen ist.
Katharina Wrohlich forscht zum Thema Gender Pay Gap am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. "Eine wichtige Ursache sind die familienbedingten Erwerbsunterbrechungen, die fast nur Frauen betreffen", sagt sie. "Erwerbsunterbrechungen und Teilzeittätigkeiten verringern zudem die Chancen von Frauen, Führungspositionen zu erlangen – auch dies ist eine Ursache für den Gender Pay Gap."
Das bestätigt auch die Umfrage: 42,4 Prozent der befragten Frauen sagten, dass die größte Herausforderung im Beruf gegenüber ihren männlichen Kollegen der geringere Verdienst sein. Dicht gefolgt von 37 Prozent, die die größte Hürde in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehen und 24,4 Prozent, die das Gefühl haben, im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen nur begrenzte Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung zu haben.
Mehr als die Hälfte der befragten Frauen (56,4 Prozent) empfinden, dass Kinder einen negativen Einfluss auf die Karriere haben. Dreiviertel der befragten Frauen, die Kinder haben (74,42 Prozent) sagten, dass sie die Umstände ihrer Arbeit ändern mussten seit sie Mutter geworden sind und 68 Prozent der Mütter wechselten nach dem Wiedereinstieg in den Beruf in die Teilzeit.
Sexismus im Berufsleben beginnt oftmals bereits im Vorstellungsgespräch. Mehr als der Hälfte aller Frauen (52,6 Prozent) wurden während eines solchen Gespräches bereits eine oder mehrere "unzulässige Fragen" gestellt. Jeder dritten Frau in der Altersgruppe 24 bis 35 Jahre wurde im Bewerbungsgespräch die Frage nach der Familienplanung gestellt. Am Arbeitsplatz haben bereits 38 Prozent der Frauen nach eigenen Angaben Sexismus erlebt.
In der Umfrage gaben 76,6 Prozent der Frauen an, dass sie nach einer Gehaltserhöhung fragen würden, wenn sie erfahren würden, dass ein männlicher Kollege mit ähnlichen Fähigkeiten und Erfahrungen in einer gleichwertigen Rolle mehr verdient.
Als einen Schritt in die richtige Richtung wertet Henrike von Platen die neue gesetzliche Regelung. Sie ist die Gründerin des FPI Fair Pay Innovation Lab, das Unternehmen bei der praktischen Umsetzung nachhaltiger Entgeltstrategien unterstützt. "Wir alle müssen die Klischees in unseren Köpfen, die überholten Rollenbilder und Stereotypen hinterfragen. Dazu brauchen wir keine Präsenz- sondern eine Ergebniskultur, flexible Arbeitszeitmodelle, die 32-Stundenwoche als neue Vollzeit, mehr Frauen in Führung und auch sonst mehr Diversität in Entscheidungspositionen."
Die Umfrage wurde gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut OnePoll durchgeführt. Dazu wurden in Deutschland rund 1000 berufstätige Frauen im Mindestalter von 18 Jahren befragt, die einer Bürotätigkeit im weitesten Sinne nachgehen.