Neue Software-Einheit:
VW will 10.000 Digitaler unter ein Dach packen
Im Powerhouse in Berlin hat Volkswagen seine kreativen Kräfte gebündelt, jetzt will der Autobauer Ähnliches auch mit seinen IT- und Digitalspezialisten tun. Es geht um 10.000 Arbeitsplätze, die teils aus anderen Einheiten wechseln, teils neu entstehen.
Diese Zahl lässt aufhorchen: Bis 2025 will die Car.Software-Organisation des Volkswagen-Konzerns mehr als 7 Milliarden Euro investieren. Allerdings erhofft sich der Autobauer erkennbare Skaleneffekte von der neuen Tochter, die Fachkräfte aus den Marken Volkswagen Pkw, Audi und Porsche zusammenführt. Dadurch sollen die Kosten für die Software pro Fahrzeug für alle Marken deutlich sinken.
Die neue Software-Einheit von Volkswagen soll vom Jahreswechsel an die Kompetenzen in der Fahrzeug-IT zusammenführen und mittelfristig noch einmal deutlich aufgestockt werden. Zunächst will das Unternehmen dabei rund 3000 eigene Experten zum Großteil aus Beteiligungen der VW-Gruppe einsetzen - bis 2025 sollen es inklusive externer Einstellungen, Firmenübernahmen und Fachleuten aus den Konzernmarken selbst mehr als 10.000 werden. Ihre Basis hat die Car.Software-Organisation bei Audi Electronics Venture, weitere deutsche Standorte entstehen in Berlin, Bochum, im Raum Ingolstadt, im Raum Stuttgart und in Wolfsburg. Internationale Standorte der Software-Organisation sind unter anderem in Seattle und Peking.
Der Aufbau stärkerer hausinterner IT-Fähigkeiten und Software-Entwicklung gehört zu den strategischen Schwerpunkten von Konzernchef Herbert Diess. Ziel ist unter anderem ein digitales "Ökosystem", das Schnittstellen zwischen Anwendungen im Auto, dem Hersteller und verschiedenen Dienstleistern bietet. VW setzt dabei auch auf Datenverarbeitung über Cloud-Dienste und schloss eine Partnerschaft mit Microsoft. Andere Autobauer stecken ebenfalls viel Geld in die Vernetzung digitaler Infrastrukturen. Sie wollen so auch verhindern, bei der Entwicklung des autonomen Fahrens langfristig zu abhängig von den amerikanischen Internet-Riesen zu werden.
"Wir werden unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, indem wir in Zukunft einen deutlich größeren Teil der Wertschöpfung in der Digitalisierung unserer Fahrzeuge beherrschen", sagte Digitalvorstand Christian Senger. Der Anteil selbst entwickelter Software soll bei VW von derzeit weniger als zehn auf mehr als 60 Prozent steigen.
Die Organisation entwickelt markenübergreifend Software in den fünf Domänen "Connected Car & Device Platform", "Intelligent Body & Cockpit", "Automated Driving", "Vehicle Motion & Energy" und "Digital Business & Mobility Services". Ziel ist es, eine konzernweit einheitliche Software-Architektur zu etablieren und bislang parallele Entwicklungspfade in den Marken zusammenzuführen.
Die Domänen umfassen die Entwicklungsarbeit an einem einheitlichen Fahrzeug-Betriebssystem "vw.os" für alle Konzernfahrzeuge und ihre Anbindung an die Volkswagen Automotive Cloud, eine standardisierte Infotainment-Plattform, alle Assistenzsysteme bis hin zum hochautomatisierten Fahren und Parken in Endkunden-Fahrzeugen, Software-Funktionen zur Verbindung von Antrieb, Fahrwerk und Ladetechnologie, sowie Ökosysteme für alle Mobilitätsdienste und digitalen Geschäftsmodelle der Marken.
Rund um den geplanten Aufbau einer "konzernweit einheitlichen Software-Architektur" sind allerdings noch einige Details zu klären - etwa zur betrieblichen Mitbestimmung. Volkswagen-Personalvorstand Gunnar Kilian sagte, man habe sich mit den Betriebsräten bereits "darauf verständigt, für die neue Car.Software-Organisation wettbewerbsfähige tarifliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, die sowohl Zukunftsausrichtung und Herausforderungen der Softwarebranche als auch Arbeitgeberattraktivität abbilden." Außerdem betonte er: "Agile und vernetzte Arbeitsformen innerhalb der Softwarebranche als auch im unmittelbaren Wettbewerb sowie die Interessen von zukünftigen Beschäftigten müssen dabei Berücksichtigung finden.
Die Betriebsratschefs von VW, Audi und Porsche betonten in einem Brief an die Belegschaften, die Gründung der Software-Einheit sei ein "Meilenstein". Die Belange der Beschäftigten müssten dabei sorgfältig berücksichtigt werden, heißt es in dem Schreiben von Bernd Osterloh, Peter Mosch und Werner Weresch, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt: "Bei der Ausgestaltung der neuen Gesellschaft und ihrer Arbeitsbedingungen muss Qualität vor Schnelligkeit gehen." So sei nur ein freiwilliger Wechsel zulässig. "Niemand muss Verschlechterungen befürchten, Benachteiligungen müssen ausgeschlossen sein." Und schließlich: "Auch in der neuen Gesellschaft ist die betriebliche Mitbestimmung vollumfänglich gewährleistet."
am/mit dpa