Geschlechtergerechtigkeit:
Nur 21 Prozent der Agenturchefs sind Frauen
In der Werbebranche regieren die Machos: Nur 21 Prozent der Führungskräfte sind weiblich. Beim Verdienst klafft ebenso eine deutliche Lücke zwischen Männern und Frauen.
Die Studie ist ernüchternd: Das Stuttgarter Digitalunternehmen Filestage hat Filmproduktionen und Werbeagenturen zur Geschlechtergerechtigkeit befragt und Deutliches zutage gefördert. Nur 17 Prozent der Führungspositionen in der Filmwirtschaft werden von Frauen besetzt. Bei Werbeagenturen sind es 21 Prozent. Das Ungleichgewicht ist noch deutlicher bei der Bezahlung. Frauen in Führungspositionen verdienen in Werbeagenturen durchschnittlich 37 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.
Die Werbung wie die Filmproduktion bleiben männerdominiert. Denn obwohl 42 Prozent aller Absolventen an deutschen Filmhochschulen weiblich sind, werden anschließend nur 15 Prozent der Jobs in Kino- und Filmproduktionen an Frauen vergeben. Und 90 Prozent aller Fördermittel im Filmgeschäft fließen an Projekte, die von Männern geleitet werden.
Niklas Dorn, Gründer von Filestage und Herausgeber der Studie, arbeitet für Werbe- wie Filmunternehmen. "Irgendwann ist uns aufgefallen, das strategische Entscheidungen fast ausschließlich von Männern getroffen werden – und das, obwohl der Frauenanteil in der Kreativbranche 49 Prozent beträgt." Ein Grund, warum Filestage 986 Werbeagenturen und 920 Filmproduktionen an sieben Kreativstandorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt hat. Die Resonanz ist ernüchternd: "Frauen werden in hohen Positionen oft weniger ernst genommen. Nach meiner persönlichen Erfahrung bezieht sich das vor allem auf Äußerlichkeiten", erklärt beispielsweise Jule Everts, Geschäftsführerin und Executive Producerin bei Bigfish Filmproduktion. Und Bianca Schilling, Geschäftsführerin der Agentur Jäger von Röckersbühl, moniert: "Männer werden oft mit Vorschusslorbeeren überhäuft und dadurch gleich auf ein höheres Level gestellt. Nicht nur gefühlt muss man sich als Frau länger beweisen und härter für den nächsten Karriereschritt kämpfen."
Städtevergleich: Wo der Geschlechterunterschied besonders groß ist
Trauriges Schlusslicht der Filestage-Erhebung: Hamburg. Dort ist der Frauenanteil in der Führungsetage besonders gering. Laut der Studie sind nur 10 Prozent der Agenturgeschäftsführung von Frauen besetzt. In München sind dies immerhin 19,9 Prozent, in Berlin 28,4 Prozent und in Köln 28,1 Prozent. Stefanie Ortmann, Inhaberin von 539090 Filmproductions in Hamburg, hat das Problem an der Vereinbarkeit von Kindern und Karriere festgemacht: "Das Herz blutete, wenn man seine Kinder durch ständige Timing-Änderungen und Drehs im Ausland über mehrere Wochen zu oft betreuen lassen muss", sagt die Filmproduzentin. "Deshalb sollte ein Management Home-Office-Tage für Mütter mit kleineren Kindern einbauen – so können die Frauen beiden Seiten gerecht werden und man muss trotzdem nicht auf ihre Kompetenz verzichten."
Lohnungleichheit auch bei Niedrigverdienern
Diese Ergebnisse stützt auch eine Untersuchung der Studie „Entgeltmonitor2017" von Compensation Partner ausgewertet hat: Demnach beträgt die Entgeltlücke allgemein - über alle Berufe hinweg - unbereinigt 25,2 Prozent. Während eine Frau im Schnitt 36.605 Euro im Jahr verdient, sind es bei den Männern 48.937 Euro im Jahr. Je höher die Verdienstklassen desto weiter geht die Schere auseinander. Deswegen hat Designerdock die jeweiligen Einkommensgruppen miteinander verglichen.
Bei den Werbe- und PR-Fachkräften, die zwischen 30.000 und 35.000 Euro im Jahr verdienen, liegt die bereinigte Verdienstlücke demnach bei 3,9 Prozent. Da sind andere Branchen wie die Metallindustrie oder der Tourismus weit schlimmer dran.
Sobald es aber um höhere Einkünfte geht (zum Beispiel bei den Beziehern von 55.000 bis 66.000 Euro im Jahr), ist plötzlich die Werbe- und PR-Branche trauriger Spitzenreiter: Nach der Auswertung von Designerdock beträgt die Entgeltlücke 12,9 Prozent. Übrigens, Der Erhebung nach gibt es auch Branchen, in denen das Geschlechterverhältnis umgekehrt ist: Hier verdienen die Frauen mehr als die Männer. Zum Beispiel in der Touristik (-6,2 Prozent) und in der öffentlichen Verwaltung (-2,9 Prozent).