
Interview mit Cyperfection:
Lanzarote-Büro ist Investition in die Mitarbeiterbindung
Gemeinsam Spaß haben und den Teamgeist stärken, das ist nur die eine Seite. Cyperfection-Chef Sven Korhummel findet das Pop-Up-Office auf Lanzarote sinnvoll für die Mitarbeiterbindung. Die Kollegen sind begeistert, es gibt nur einen Wermutstropfen: Hunde müssen draußen bleiben.

Foto: Anne Mück
Eine kurze Auszeit vom Büro-Alltag, dazu Sonne und das Meer in Sichtweite. Wer wünscht sich das nicht? Agenturen setzen solche Popup-Offices gezielt als Anreiz für ihre Mitarbeiter ein, gleichzeitig ein ideales Instrument fürs Employer Branding. Die Digitalagentur Cyperfection schlägt deswegen ab Oktober ihre Zelte auf Lanzarote auf. W&V sprach mit Sven Korhummel, geschäftsführender Gesellschafter von Cyperfection, über die Vorbereitungen und seine Ziele.
Herr Korhummel, Sie haben im Mai dieses Jahres angekündigt, Ihren Mitarbeitern eine 'Workation' in einem Pop-up-Office auf Lanzarote zu ermöglichen – dem Cy-Hub. Erläutern Sie uns bitte das Konzept dahinter?
In erster Linie bedeutet das Sonne und Meer im Winter! Das Pop-Up-Office ist ein Baustein neben anderen New-Work-Aktivitäten wie Homeoffice und Teamevents, aber mit Sicherheit das Highlight. Der Ortswechsel soll jedem die Möglichkeit geben, sich in einer neuen Umgebung auszuprobieren und abseits des Büroalltags weiterzuentwickeln. Dabei geht es darum, Ideen und Potenziale unserer Mitarbeiter zu fördern und den Teamgeist zu befeuern. Letzten Endes geht es um das, was Cyperfection schon immer ausgemacht hat: Gemeinsam Spaß und eine gute Zeit haben und das mit produktiver und kreativer Arbeit zu verbinden. Die Agentur steuert allmählich auf ihr 25-jähriges Jubiläum zu – und da ist es schließlich ein bisschen wie in einer guten, länger bestehenden Ehe: Auch wenn's gut läuft, darf man sich ab und zu mal etwas Besonderes einfallen lassen, um für frischen Wind zu sorgen.
Das ist natürlich auch mit Kosten verbunden.
Ja, wir übernehmen die Kosten für Unterbringung sowie die Hin- und Rückreise. Verpflegen werden sich die Teams allerdings selbst. Wir sehen das Ganze als echte Investition in unsere Mitarbeiter. Gerade der Aspekt der Mitarbeiterbindung ist es uns wert, denn auch das Recruiting von neuen Kollegen ist mit einem eminenten zeitlichen und monetären Aufwand verbunden. Zunächst werden 2019 homogene sechsköpfige Kompetenzteams aus Designern, Beratern und Konzeptionern vor Ort sein. 2020 wollen wir diese Gruppen dann mixen. Der Ortswechsel und die Location an sich sind ideale Bedingungen, um die Neugier des Einzelnen zu fördern, auch einmal über den eigenen Tellerrand zu schauen und die verschiedenen Bereiche der Agentur stärker zusammenzubringen. So ein interdisziplinärer Ansatz erzeugt auch mehr Verständnis für die jeweiligen Arbeitsprozesse der Kollegen.
Gab es Einwände? Und wenn ja, wie konnten Sie diese entkräften?
Für manche Kollegen, die kleine Kinder zu Hause haben, ist das Pop-Up-Office leider nicht so gut realisierbar. Das ist schade, aber das verstehen auch beide Seiten. Ein Wermutstropfen sind auch unsere Office-Hunde: Die sind leider in der Unterkunft nicht gestattet, weshalb nicht alle Hundebesitzer mitkommen können. Der einzige wirkliche Einwand ist das Thema CO2-Ausstoß durch die Flüge nach Lanzarote. Hierfür werden wir einen Ausgleich schaffen, indem wir Kompensationsprojekte der Plattform Atmosfair unterstützen.
Was sagen Ihre Kunden? Hatte jemand kritische Nachfragen?
Viele unserer Kunden sind von der Idee begeistert. Manche langjährigen Klienten würden am liebsten teilnehmen bzw. mitkommen, was leider aus Compliance-Gründen nicht möglich ist. Wir müssen natürlich gewährleisten, dass auch auf Lanzarote die Kundenkommunikation mit den entsprechenden Ansprechpartnern ohne Reibungsverluste funktioniert – worin wir aber kein Problempotential sehen. Kritische Stimmen sind uns bis dato noch nicht begegnet – warum auch?
Ein Haus am Strand und arbeiten, wo andere Urlaub machen – klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Was sind Ihre konkreten Erwartungen an das Projekt – und an die teilnehmenden Kollegen?
Vor allem erwarten wir, dass die Kreativität der einzelnen Teams befeuert wird. Außerdem soll dort ein essenzieller Wert in unserer Agentur gestärkt werden: Die Neugier! Eine spezifische Lernkultur entsteht auf allen Ebenen – auf Unternehmens-, Führungskräfte-, Team- und Mitarbeiterebene – wenn immer wieder hinterfragt wird: Was können wir/ich bereits gut oder besonders gut? Was können wir/ich noch besser machen? Das Ziel ist, nachhaltig und iterativ besser zu werden.
Kontinuierliches Lernen und Verbessern sind Erfolgsfaktoren in einer Zeit, in der die einzige Konstante der stetige Wandel ist. Teamzusammenhalt ist ein weiterer Punkt: Sich gegenseitig noch besser zu kennen, sowohl Stärken als auch Schwächen, gegenseitiges Vertrauen – all das erhöht die Bereitschaft, auch mal füreinander in die Bresche zu springen, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Unserer Philosophie nach sind das DIE Erfolgsfaktoren für ein echtes Team – die wir auch täglich leben.
Fürchten Sie nicht, dass die Produktivität sinken und das Geschäft leiden könnte?
Wir glauben an das Gegenteil: Die Produktivität wird gesteigert und vertrauen da in die Selbstorganisation der einzelnen Teammitglieder. Wir planen eine 4-Tage-Woche 'Daily Work' und einen Tag freie Projektarbeit, Workshops, Methodentrainings oder Arbeit an strukturellen, internen Themen. Dazu gehören u.a. Trendrecherchen und die Fragestellung, wie wir dieses Trends (z.B. Voice) teamübergreifend in unsere Lernkultur etablieren können. Ein freier Projekttag schafft Raum für den gegenseitigen Austausch und den Anstoß zur Integration neuer Prozesse im Agenturalltag. Außerdem beugen wir so dem Druck vor, sich nach der kundenbezogenen Arbeit quasi in der Freizeit noch mit internen Projekten befassen zu müssen.
Wie wollen Sie möglichen technischen und anderen Schwierigkeiten begegnen?
Für eine stabile und robuste Technik vor Ort ist bereits gesorgt – Digitales ist ja genau unser Ding. Klar, schwierig würde es, wenn das Internet auf der Insel ausfallen sollte, aber das ist ja nicht anders als in Deutschland. Die Infrastruktur auf Lanzarote ist unserer Prüfung nach sehr gut, wieso sollten wir also von einem solchen Fall ausgehen? Wir haben bereits seit mehreren Jahren effiziente Kollaborations- und Kommunikationstools erfolgreich im Einsatz, nicht zuletzt auch in der Kommunikation zwischen unseren Offices in Ludwigshafen und Berlin. Diese funktionieren reibungslos und fördern eine ortsunabhängige Projektkultur.
Apropos: Natürlich gehen wir davon aus, dass das Inselleben genossen wird – das spornt ja nebenbei auch an. Unsere Mitarbeiter sind durch die Bank verantwortungsvolle Persönlichkeiten, die ihr Maß zwischen Freizeit und Arbeit auch unter derart ablenkungsreichen sonnigen Bedingungen finden werden. Vielleicht haben Ludwigshafen und Umgebung nicht unbedingt diesen Ruf, aber Sie dürfen mir glauben: Wer sich von Freizeitangeboten so ablenken lässt, dass die Arbeit darunter leidet, schafft das in der Rhein-Neckar-Region sicher genauso gut wie auf der Kanarischen Insel. Auf Lanzarote wird man dabei vielleicht sonnengebräunter und springt nach getaner Arbeit lieber in den Atlantik als in den Rhein.
Ist eine Fortsetzung geplant?
Wir werden umgehend nach Abschluss der sechs Monate eine Mitarbeiterbefragung angehen und die Ergebnisse dem kompletten Team präsentieren. Gemeinsam werden wir die Highlights der gewonnen Erkenntnisse diskutieren und somit ein transparentes Feedback erhalten. Die Erfolgsparameter sind die Mitarbeiter und ihre persönlichen Erfahrungen.