Recruiting für mittelgroße Agenturen:
"Gute Texter sind besonders schwer zu bekommen"
Werbetexter, Projektmanager und Seniors sind rar - ganz besonders im Rheinland. Das sagt auch Iris Heilmann, Geschäftsführerin von Palmer Hargreaves. Wie man als mittelgroße Agentur und trotz starker Konkurrenz zu guten Leuten kommt, erzählt sie im Interview.
Werbetexter, Projektmanager und Seniors sind rar - ganz besonders im Rheinland. Das sagt auch Iris Heilmann, Geschäftsführerin von Palmer Hargreaves. Diese gehört zu den ersten Agenturen, die in Köln 2015 bei der vom GWA initiierten Nachwuchsinitiative Adday/Adnight dabei waren. Im Interview erzählt die Geschäftsführerin des 100-Mann-Unternehmens, wie man auch als mittelgroßer Player gute Leute findet, aber auch wie schwer die Suche ist.
Ihr Kollege aus der Netzwerk-Agenturwelt, Christian Rätsch, hat uns neulich erzählt, wie schwierig es für Agenturen ist, Talente und vor allem Mitarbeiter auf Senior-Level zu finden und zu binden. Haben Sie ähnliche Schwierigkeiten?
Ja, klar. Wir haben derzeit einen Arbeitnehmermarkt und Bewerber – die Generation Y, die Millennials – die andere Prioritäten setzen. Für uns bei Palmer Hargreaves kommt noch eine Besonderheit hinzu: Wir suchen nicht nur Menschen mit den unterschiedlichsten rollenspezifischen Fähigkeiten, sondern auch noch mit einer Leidenschaft, sich tief in teils sehr komplexe Themen einzugraben.
Wie sieht denn Ihre spezifische Recruiting-Strategie aus?
Wir nutzen sämtliche Kanäle, also die bekannten Plattformen wie Stepstone, Dasauge, PR Journal, W&V, in letzter Zeit zunehmend Indeed. Da wir stark gewachsen sind und teilweise in wenigen Wochen über 20 Mitarbeiter eingestellt haben, setzen wir auch auf Headhunter, vor allem für erfahrene Kräfte und Führungspositionen. Zudem werden Social Media und die direkte Ansprache über Xing immer wichtiger. Daher erweitern wir zurzeit auch unser eigenes HR-Team. Außerdem verfügen wir über ein starkes Netzwerk, auch mit Ehemaligen. Die empfehlen uns weiter oder kommen gleich selbst wieder zurück, so genanntes Boomerang-Recruiting.
Ist es denn schwieriger, junge Talente zu finden oder erfahrene Mitarbeiter?
Definitiv letzteres. Ich bin oft sehr begeistert darüber, was für tolle, junge Menschen bei uns starten – mit vielfältigen Fähigkeiten, die oft weit über eine begrenzte Rolle hinausgehen. Hier haben wir eher die Herausforderung, zu fördern und zu entwickeln, um die Besten möglichst lange bei uns zu halten.
Erfahrene Mitarbeiter sind ein anderes Thema. Gute Werbetexter, die auch konzeptstark sind, oder B2B-kompatible Social-Media-Consultants sind zum Beispiel besonders schwer zu bekommen. Wir konkurrieren hier im Rheinland ja nicht nur mit anderen Agenturen, sondern auch mit sehr gut zahlenden Marketing- und Kommunikationsabteilungen vieler großer Konzerne.
Gibt es durch die Bewerber-Knappheit Stellen, die lange Zeit unbesetzt bleiben?
Ja, vor allem im Bereich Text und Projektmanagement – bei beidem allerdings eher auf Seniorlevel.
Wie lang dauert es im Normalfall, bis Sie dann den richtigen Bewerber auf der richtigen Position installiert haben?
Das variiert von Stelle zu Stelle und hängt immer auch von den Kündigungsfristen des Bewerbers ab. Die Range liegt zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Juniorpositionen sind in der Regel viel schneller zu besetzen als Stellen auf Seniorlevel. Gemäß dem Leitsatz "train for skills, hire for attitude" legen wir dabei großen Wert darauf, dass neben dem Professional fit auch der Cultural fit passt.
Wie lange ist in der Regel die Einarbeitungszeit, und was tun Sie gezielt fürs Onboarding?
Das ist je nach Position unterschiedlich. Unsere "Neuen" stecken jedoch meist ganz schnell tief in ihren Themen und Bereichen drin. Bei PH gibt es verschiedenste Bausteine, die den Onboarding-Prozess definieren: Dazu gehören ein Patenprogramm, ein sogenannter "Starter-Workshop", in dem sich alle Neuen vorstellen und von der Geschäftsführung begrüßt werden, sowie Veranstaltungen zur Einführung in Softwareprogramme und verschiedene Abteilungen. Auch sogenannte "Job-Shadowings" tragen zum besseren Verständnis der verschiedenen Kompetenzen und Teams bei.
Welche Rolle spielt für Ihr Recruiting die Adday/Adnight?
Das ist eine ganz großartige Initiative mehrerer namhafter Agenturen am Standort Köln, die sich hier in der Stadt toll entwickelt hat. Bei der letzten Veranstaltung im November hatten wir rund 500 Teilnehmer. Wir haben darüber viele spannende junge Talente kennengelernt und vielversprechende Bewerbungen erhalten. Es geht uns hierbei vor allem auch um langfristiges Employer Branding.
Ein interessanter Aspekt: Die Geschäftsführer der Kölner Agenturen sind über Adday/Adnight in einen ganz neuen Austausch gekommen. Natürlich stehen wir miteinander im Wettbewerb, aber es hat sich eine Sicht durchgesetzt, dass wir gemeinsam den Agenturstandort Köln fördern müssen. Wenn wir es schaffen, den besten Leuten in Köln eine Perspektive zu bieten, auch langfristig hier über Agenturen hinweg Karriere zu machen, nützt das im Grunde uns allen.
Was fordern die Jungen und Nachwuchskräfte auf der Adday/Adnight gezielt von Ihnen? Was muss man diesen bieten?
Die Teilnehmer sind in der Regel noch Studierende, die sich generell informieren möchten, wie die Arbeit in einer Agentur aussieht. Sie wollen mit den Agenturen persönlich ins Gespräch kommen. Generell wünscht sich Generation Y/Z eine gute Job-Life-Fit, das heißt: eine offene, spannende Unternehmenskultur, individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeitmodelle- und -orte sowie persönliche und fachliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Wie machen Sie sich gegenüber den sehr bekannten Agenturen mit attraktiven Consumer-Kampagnen attraktiv?
Unser USP sind unsere namhaften Kunden, das wird uns von Bewerbern immer wieder rückgemeldet. Wir leben und fördern auch bei wachsendem Team außerdem die Palmer-Hargreaves-DNA – "open hearted und open minded" zu sein. Dahinter stecken Maßnahmen wie zum Beispiel unsere PH-Academy, in der wir unser Wissen teilen und uns mit Hilfe interner und externer Experten weiterbilden, aber auch einmal gemeinsam wakeboarden gehen. Oder Angebote wie Home Office, Gleitzeit und Teilzeit über alle Hierarchien hinweg.
Mehr zum Thema Recruiting in Agenturen lesen Sie außerdem in der vierteiligen Serie unseres Schwester-Blatts Kontakter.