Datenschutz-Streit:
Social-Media-Rebell Schrems startet Sammelklage gegen Facebook
Der Wiener Max Schrems kann es nicht lassen: Schon seit Jahren ist er mit Facebook im Clinch. Jetzt hat er eine Sammelklage gestartet und hofft auf jede Menge Mitstreiter.
Der Wiener Max Schrems kann es nicht lassen: Schon seit Jahren ist er mit Facebook im Clinch. Jetzt hat er eine Sammelklage gestartet und hofft auf jede Menge Mitstreiter. Beim Handelsgericht Wien wurde eine umfangreiche Zivilklage gegen die irische Tochter des börsennotierten US-Unternehmens eingebracht. "Unser Ziel ist es, zu erreichen, dass Facebook im Bereich Datenschutz endlich rechtskonform agiert.", so Schrems. Neben datenschutzrechtlichen Unterlassungsansprüchen wird auch Schadenersatz geltend gemacht.
Um der Klage den nötigen öffentlichen Druck zu geben, sind alle anderen Facebook-Nutzer aufgerufen, sich der Sache im Rahmen einer "Sammelklage österreichischer Prägung" anzuschließen. Schrems: "Mit jedem zusätzlichen Teilnehmer steigt auch der Druck auf Facebook". Für die Abtretung seiner Ansprüche hat sich Schrems - ganz Kind seiner Zeit - eine App gebaut, die mit Facebook verbunden ist. Selten war klagen so einfach - denn im Unterschied zu US-Sammelklagen müssen sich in Österreich die weiteren Teilnehmer aktiv melden.
Folgende Punkte wirft Schrems Facebook Irland vor:
- Datenverwendungsrichtlinien, die nach EU-Recht ungültig sind
- Fehlen wirksamer Zustimmungen zu vielen Arten der Datenverwendung
- Teilnahme am NSA-Überwachungsprogramm "PRISM"
- Tracking von Internetnutzern auf Webseiten (z.B. über "Like Buttons")
- Überwachung und Analyse der Nutzer mit "Big Data" Anwendungen
- Unrechtmäßige Einführung von "Graph Search"
- Unberechtigte Weitergabe von Nutzerdaten an externe Anwendungen
Darf sich jeder Kläger bald über 500 Euro freuen?
Während für den Datenschutz und die Verstöße dagegen europäische Bestimmungen maßgeblich sind, werden die Schadenersatzansprüche gemäß den Nutzungsbedingungen von Facebook nach kalifornischem Recht zu beurteilen sein. Schrems: "Bei Facebook Irland haben wir die sehr interessante Situation, dass neben europäischem Datenschutzrecht auch US-Schadenersatzrecht anzuwenden ist. Für die Durchsetzung der Rechte der Nutzer ist das natürlich hilfreich." Die Schadenersatzforderung wurde dabei bewusst gering mit symbolischen Euro 500 pro Nutzer angesetzt. "Wir klagen nur eine kleine Summe, weil es uns vor allem um ordentlichen Datenschutz geht, aber bei vielen Tausend Teilnehmern würden wir eine Summe erreichen, die Facebook spürt.", erklärt Schrems. Nachdem er die Behörden als "überfordert und unterbesetzt" einschätzt, müssen nun die Gerichte ran.
Für die Unterstützer der Sammelklage besteht keinerlei Kostenrisiko, da nur Schrems als Kläger auftritt. Die Klage wird zur Gänze durch die Roland Prozess Finanz, eine Tochter des Kölner Versicherungskonzerns Roland, finanziert. Im Erfolgsfall erhält Roland als Prozessfinanzierer 20 Prozent "Wir sind es in unserer Tradition als Prozessfinanzierungsgesellschaft gewohnt, im Kampf David gegen Goliath für Waffengleichheit zu sorgen. Bei dieser Konstellation ist das besonders vonnöten", so Arndt Eversberg, Vorstand der Roland Prozess Finanz.
Nach anhängig ist das Verfahren vor der Datenschutzbehörde in Irland angeht. Den Stand der Dinge kommentiert Schrems: "Anfangs hatten wir große Fortschritte in Irland. So musste Facebook wegen unserer Beschwerden Daten löschen und die Gesichtserkennung weltweit ausschalten. Mit der Zeit wurde jedoch klar, dass die irische Behörde kein Interesse hatte, substanzielle Änderungen durchzusetzen. Das Verfahren läuft bald drei Jahre und uns wird noch immer eine Entscheidung 'in Kürze' versprochen." Für Schrems hat das zögerliche Verhalten politische Gründe: "Viele Stimmen in Irland sagen, das liegt am politischen Druck, die in Irland sehr wichtige IT-Industrie nicht zu vertreiben - dieses Problem sollten wir in Österreich nicht haben. Wir verlagern den Schwerpunkt der Aktivitäten daher nun hierher."