Online Marketing Rockstars:
OMR mit anderen Augen
Net gschimpft isch globt gnug, sagt der Schwabe. Diesmal fällt Jochen Kalka nur wenig Kritisches auf der Messe auf. Seine Eindrücke.
Wahrscheinlich ist es das Schlimmste, was einem leidenschaftlichen Journalisten widerfahren kann: Eine Veranstaltung, auf der alles rund läuft. Ob das für die Fachmesse OMR in Hamburg diesmal zutrifft, lässt sich schwer beantworten. Aber gegenüber dem Vorjahr hat sich die Veranstaltung geradezu dramatisch verbessert, mit ihren mutmaßlich 40.000 Gästen oder, wie der Veranstalter gleich am Eingang klarmacht: Population 40.000.
Currywursthaltige Futterstellen
Natürlich hakt es auch bei der OMR. Wer frisch aus Texas vom digitalen Party-Hopping der South by Southwest kam, war daran zu erkennen, dass er sich geduldig zeigte, wenn es um das Anstehen ging. Diese Geduld brauchte die soziale Population aber nicht allzu häufig. Um die Mittagszeit herum bei den meist currywursthaltigen Futterstellen oder, ja, leidiges Thema, für die Damentoiletten. Dass die Frauen aber auch nichts lernen und immer noch auf Messen Flüssigkeiten zu sich nehmen, unverständlich!
Das mit den Flüssigkeiten-zu-sich-nehmen ist bei der OMR eine andere Komponente als auf andern Messen. Bier und vor allem Jägermeister findet großen Anklang, auch die Gin-Bar von Stoyo zog das meist sehr junge Publikum geradezu magnetisch an. Für Frauen mit den bekannten negativen Folgen des Entsorgungsproblems.
Auf die Inhalte, die abwechslungsreichen beeindruckenden, oft internationalen Speaker möchte ich diesmal gar nicht eingehen, dazu ist unser Live-Blog gedacht. Auch auf die vielen hochkarätigen Manager unter den Besuchern nicht, obgleich hier ein großer Sprung gegenüber dem Vorjahr zu sehen ist. Aber über die vielen jungen Menschen möchte ich kurz sprechen. Denn es sind mehr als sehr viele junge Menschen auf dieser Messe.
Gelebte Generation Click
Ich habe sie gesprochen, in der Erwartung, dass die meisten unter ihnen einfach Digi-Freaks seien oder Studenten, Nerds oder Digitaltouristen. Aber da hatte ich mich getäuscht. Kräftig getäuscht. Wie gerne revidiere ich an dieser Stelle meine Vorurteile. Denn diese Generation, die hier interessiert durch die Hallen tingelte und sich auch in Massen Vorträge anhörte, war in Charge. Das waren junge Unternehmerinnen und Unternehmer. Das waren Angestellte, oft Entscheider vom Who-is-Who großer Marken wie Otto oder Gruner + Jahr. Das waren Macher aus E-Commerce, SEO, Targeting. Das war die gelebte Generation Click. Männlich wie weiblich.
Tut mir leid. Aber die OMR war dieses Jahr überraschend gelungen. Schon am Einlass ging alles gut, die Technik funktionierte, das Handy empfing. Allein das Getue um die Rockstars nervt, ist, um eine Besucherin zu zitieren, schlicht albern. Klar trifft sich dort auch eine Generation von verkannten Rockstars, die es eben nicht mit ihrer Gitarre auf die Bühne geschafft hat und nun als Trostpreis in der digitalen Werbezunft hausieren gehen muss. Und ewig lockt die Bühne, ja, wir verstehen es ja.
Ballermann der Branche
Ein Besucher sprach davon, dass er die OMR als Ballermann der Branche sehe. Alkohol, billige Klänge und trotzdem der Traum der großen weiten Welt, die uns aus dem Silicon Valley verhießen wird. Kann man so sehen, muss man aber nicht.