
Caveman:
Obdachlose als Shitstorm-Befeuerer?
Oliver Bienkowski holt Obdachlose von der Straße und setzt sie auf Shitstorms oder Candystorms an, das behauptet der Chef der Agentur Caveman im Gespräch mit W&V Online. Alles nur ein PR-Gag?
Agenturchef Oliver Bienkowski holt Obdachlose von der Straße und setzt sie auf Shitstorms oder Candystorms an, das jedenfalls behauptet er im Gespräch mit W&V Online. Einen Shitstorm zum Kaufen – seit die Wochenzeitung "Die Zeit" Bienkowskis Agentur Caveman mit ihrem Angebot in einem Artikel erwähnt hat, schwirrt dieses als Kuriosum durchs Netz.
Laut Bienkowski hat sich diese Dienstleistung aus seinem Engagement in dem Verein "Die Macher" ergeben. Der Verein bietet auch an, die komplette Planung von Bürgerbegehren zu übernehmen. Gegenüber W&V Online erklärt Bienkowski, der auch Vorsitzender des Vereins ist, "Die Macher" bezahle Obdachlosen Hotelzimmer, miete Räume an und stelle Computer zur Verfügung. Die Obdachlosen erspielen demnach Gold bei World of Warcraft (WoW), das hinterher bei Ebay verkauft werde. Auch Twitter- und Facebook-Follower würden auf diese Weise verkauft, neuerdings eben auch Shit- und Candystorms. "Die Obdachlosen sitzen nach kurzer Einweisung freiwillig an PC-Systemen und genießen die Teilhabe an moderner Kommunikation, die ansonsten dieser Bevölkerungsgruppe vorenthalten wird. Sporadisch werden Candystorms und Shitstorms sowie World of Warcraft Gold gefarmt und den Kunden von Caveman Guerillamarketing zur Verfügung gestellt", erklärt Bienkowski.
Um glaubhaft zu machen, dass die Geschichte auch wahr ist, schickt Bienkowski den Screenshot eines E-Mail, die er von Axel Mangat erhielt. Mangat ist Chef der Bahnhofsmission Hamburg und bedankt sich darin für "das Zurverfügungstellen des Hotelzimmers". Auf Anfrage von W&V Online bestätigt Mangat, dass er diese Mail geschickt habe, betont aber, dass es sich dabei um eine einmalige Unterbringung in einem Hotelzimmer gehandelt habe, wie sie häufiger vorkomme. Unternehmen spenden Hotelzimmer etwa weil sie für einen Kongress zu viele gebucht haben. Eine direkte Zusammenarbeit mit "Den Machern" kann Mangat aber nicht bestätigen. Auch ist ihm das Angebot des Vereins an Obdachlose nicht zu Ohren gekommen.
Ist das Ganze also nur ein PR-Gag, mit dem Bienkowski auf seine Agentur und vielleicht auch auf die Situation der Obdachlosen in Deutschland aufmerksam machen will? Immerhin betreibt er mit Caveman eine Agentur, die unter anderem Guerillamarketing anbietet. Bienkowski äußert sich dazu nicht, erklärt aber vielsagend: "Wenn dadurch in den kommenden Wintern, die alle stärker und kälter werden, Obdachlose vor dem Erfrieren gerettet werden können, ist es alle Mühe wert".
Der Chef der Bahnhofsmission jedenfalls weiß nichts von einer möglichen Kampagne.
Sollte Bienkowski tatsächlich Obdachlose für Shitstorms rekrutieren, muss er sich die Frage gefallen lassen, ob er diese Menschen ausnutze. Knapp 100.000 Euro würde ein "Shitstorm XXL" der Agentur einbringen. Dafür bietet sie 15.000 Kommentare und 5.000 Likes. Die Agentur finanziere im Gegenzug die Auslagen des Vereins, so Bienkowski. "Das deckt frisches Obst, medizinische Untersuchungen, Essen und kleine Goodies ab wie den Besuch von Freizeitparks, Schwimmbädern oder Kinos." Die Obdachlosen seien freiwillig da und gerne am Computer. Vielleicht habe die Aktion einige WoW-Süchtige hervorgebracht, aber das sei doch besser, als den ganzen Tag Alkohol zu trinken, meint er zynisch. Wie viele Obdachlose genau der Verein an der Hand hat, will Bienkowski nicht sagen. "Es sind aber sicherlich mehr als 100." Er nutze die Virtualisierung von Server-Systemen. So ist es möglich, die IP-Adressen der Computer zu verändern und mehrere Follower oder Fans von einem Gerät aus zu steuern.
Konkreter werden will er allerdings nicht, auch nicht was die Shitstorms angeht, an denen sein Team bereits beteiligt sein könnte: "Zum Schutz unserer Klientel sind wir verpflichtet Stillschweigen zu bewahren, das Gleiche gilt für unsere obdachlosen Partner." Nach eigenen Angaben ist die Agentur aber für das sprunghafte Wachstum der Fans von politischen Parteien im vergangenen Jahr verantwortlich.