
Primark-Shitstorm:
Kommentar: Erst kommt das Sonderangebot, dann die Moral
Die eingenähten Hilferufe in Primark-Klamotten brachten zwar kurzfristig schlechte Imagewerte für die Marke, doch das Kurzzeitgedächtnis der Kunden reicht offenbar nur bis zum nächsten Sonderangebot. Ein Kommentar von Franziska Mozart.

Foto: Stefanie Kamm
Gerade mal drei Monate ist es her, dass eingenähte Hilferufe in Primark-Textilien für schnelle Aufregung und billige Betroffenheit sorgten. Der weltweite Shitstorm kam wie erwartet und brachte auch kurzfristig schlechte Imagewerte für die Marke, doch das Kurzzeitgedächtnis der Kunden reicht offenbar nur bis zum nächsten Sonderangebot. Jedenfalls sagte der Primark Deutschland-Chef Wolfgang Krogmann den "Stuttgarter Nachrichten", dass die Diskussion um die Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern keinen Umsatz gekostet habe.
Was einmal mehr zeigt, dass für die Kunden der Preis doch wichtiger als das Gewissen ist. Der scheinbare Einblick in fernöstliche Ausbeutungsfabriken setzt zwar jedesmal eine moralisch aufgeladene Debatte in Gang (wie das auch bei Amazon oder Zalando der Fall war). Aber den westlichen Billiganbietern droht selten Gefahr. Das Jahr des Shitstorms war für Amazon ein Rekord-Jahr in Deutschland.
Hat ein Shitstorm also gar keine Auswirkungen? Doch. Wenn es bei der Empörung um Hygiene-Zustände und Lebensmitteln geht, wird es schnell für das Unternehmen schwierig. Müller Brot oder Burger King hatten an den erhobenen Ekel-Vorwürfen durchaus zu knabbern. Müller Brot ging in die Insolvenz und Burger King warb massiv um das Vertrauen der Kunden.
Auch Primark hat Konsequenzen aus dem Shitstorm gezogen. "Wir haben es als Aufforderung verstanden, uns noch sorgfältiger mit diesen Dingen zu beschäftigen", so Krogmann. Ein Teil davon sei ein Verhaltenskodex darüber, wie Lieferanten sich gegenüber Mitarbeitern zu verhalten haben. Hinzu kämen Leitlinien zu Arbeitszeiten, Pausen und Gebäudesicherheit.
Zur Erinnerung: Ende Juli tauchten nahezu gleichzeitig drei Zettel in Kleidungsstücken des Modediscounters auf, die die schlechten Arbeitsbedingungen der Näherinnen anprangerten. Zwar konnte die Echtheit der Zettel nicht bewiesen werden und es gibt Hinweise, dass es sich bei den aufgetauchten Hilferufen um eine Guerilla-Aktion gegen Primark gehandelt haben könnte, doch falls es so gewesen sein sollte, dürfte zumindest ein Ziel erreicht worden sein: Mit großem medialen Aufschlag wurde darüber berichtet. Besonders negativ wirkte sich dabei aus, dass Primark in dem 2013 eingestürzten Rana Plaza produzieren ließ. Als die Fabrik in Bangladesch im April 2013 zerstört wurde, begrub sie mehr als 1.100 Billigarbeiter unter sich.