Contra DMEXCO:
Irgendwie ein bisschen Rummelfeeling
Unübersichtlich, thematisch zu breit aufgestellt, ohne roten Faden: ReachAd-CEO Karl Ott findet, dass es definitiv gute Gründe gibt, sich die dmexco in diesem Jahr zu sparen.
Am 11. September ist es soweit – die dmexco startet in Köln. Und auch dieses Jahr stellt sich wieder die Frage: Lohnt sich der Besuch wirklich? Schließlich zahlt man als Aussteller und auch als Besucher an sich mittlerweile einen stolzen Preis. Um es schon einmal vorwegzunehmen: Es gibt definitiv gute Gründe, sich die dmexco in diesem Jahr zu sparen. Der Grundgedanke ist und bleibt positiv. Lange Jahre war die dmexco die Leitmesse des digitalen Marketings und damit DER Branchentreff schlechthin. Egal, ob Online-Marketer große Unternehmen, Mediaagenturen oder Technologiedienstleister – alles was Rang und Namen hatte, traf sich im September in Köln. Besucher profitierten von hochkarätigen Speakern und spannenden Vorträgen. Als Aussteller konnte man sich in Ruhe präsentieren, mit Kollegen austauschen und mit zahlreichen neuen Business-Kontakten nach Hause gehen. Was hat sich also verändert?
Der rote Faden
Je größer ein Event und je mehr Besucher, desto generischer werden in der Regel die Themen, da der gemeinsame Nenner immer kleiner wird. Und genau das ist meiner Meinung nach der dmexco in den letzten Jahren passiert. Der rote Faden fehlt, der Aussteller, Besucher und Referenten miteinander verbindet. Spaziert man durch die Messehallen, fühlt man sich schnell an die CeBIT oder die IFA erinnert. Hier finden sich neben den relevanten Unternehmen oder Agenturen plötzlich Hardware-Hersteller, App-Entwickler oder ausländische Unternehmen, vorzugsweise aus dem amerikanischen oder russischen Raum, die ihre Services verkaufen wollen. Partys, C-Promis an den Ständen oder die zehnte Fotobox in Folge runden dieses Bild ab. Und ja, natürlich stehen nach wie vor wichtige nationale und internationale Speaker auf der Agenda, das ist nicht von der Hand zu weisen, aber vielleicht sogar zu viele. Denn nicht selten sind die Titel der Vorträge nichtssagend und die Panels an sich ein Gemisch aus leeren Phrasen und aneinandergereihten Buzzwords. Die Tiefe und der gewünschte Mehrwert bleiben aus.
Anstatt also jedes Jahr ein neues Motto zu entwickeln – in diesem Jahr ist das ironischerweise “Trust in you” – sollten sich die Veranstalter auf einen Claim einigen und ein durchdachtes Konzept auf die Beine stellen, welches dem Grundgedanken der dmexco wieder gerecht wird und damit auch das Vertrauen in die Veranstaltung wiederherstellt.
Die Aussteller und das Publikum
Als Aussteller schüttelt man während der dmexco in der Regel viele Hände, kommt aber über nette Smalltalks nur selten hinaus. Denn oft ist der Zutritt zu manchen Ständen ohne Termin gar nicht erst möglich und falls doch, spricht man meist mit Junioren ohne Entscheidungsbefugnis. Der nachhaltige Kundendialog und das potentielle Neukundengeschäft kommen so viel zu kurz. Bedenkt man noch dazu die hohen Standpreise und Besucherströme, stellt man den Kosten-Nutzen-Effekt schnell in Frage. Schließlich zahlt man ja auch für die Relevanz der Teilnehmer für das eigene Unternehmen.
Kein Wunder also, dass andere Veranstaltungen, wie beispielsweise das Online Marketing Rockstars Festival oder die Bits & Pretzels, der dmexco den Rang ablaufen. Hier sind sie wieder möglich, die Gespräche mit den eigentlichen Entscheidern, die Akquise neuer Kunden, spontane Termine und ein angeregter Austausch – so wie es im Grunde eben auch sein soll.
Messestandort Köln
Messen per se sind anstrengend, keine Frage. Wer einen Besuch auf der dmexco plant, sollte jedoch gute Nerven und eine extra Portion Geduld mitbringen. Allein die Hotelzimmer sind bereits Monate vorher ausgebucht, die wenigen noch verfügbaren Zimmer werden – trotz ihres meist fragwürdigen Zustands – zu horrenden Preisen angeboten. Ist man endlich vor Ort, nachdem man eines der wenigen freien Taxis ergattert oder sich zusammen mit tausenden Messebesuchern im öffentlichen Nahverkehr gedrängt hat, beginnt das eigentliche Trauerspiel. Die Einlasskontrollen ziehen sich, das WLAN funktioniert grundsätzlich nicht und über den Zustand der sanitären Anlagen lässt sich streiten.
Auch als Aussteller hat man gerne mal sein liebes Leid mit dem Personal vor Ort. Mein ganz persönlicher Aufreger: Es ist schon vorgekommen, dass die Ordner uns nicht bis zu unserer Halle fahren ließen, um dort aus- und wieder einzuladen – und das trotz vorab eingeholten Genehmigungen und Parklizenzen. Wenn man dann das Equipment kilometerweit schleppen muss, hört für mich der Spaß auf.
Die Messehallen selbst sind sehr weitläufig, was im Grunde kein Problem darstellt, wenn thematisch ähnliche Aussteller in einer Halle angesiedelt wären. Durch die so entstandenen langen Laufwege zwischen den Hallen und das Gedränge an sich passiert es leider schnell, dass Termine nur verspätet wahrgenommen werden oder sogar ganz platzen. Köln kann sich hier als Messestandort an Hannover, Berlin, Frankfurt oder München definitiv eine Scheibe abschneiden.
Das Fazit
Unübersichtlich, thematisch zu breit aufgestellt und irgendwie ein bisschen Rummelfeeling – für mich persönlich hat die dmexco in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Wir bei ReachAd konzentrieren uns deshalb auf kleinere Messen und handverlesene Events mit thematisch relevanten Vorträgen und Workshops sowie der Möglichkeit, entspannt neue Kontakte zu knüpfen und uns mit Geschäftspartnern und Kollegen auszutauschen.