Reaktionen weltweit:
Die Welt dreht sich weiter - nach der DSGVO
US-Zeitungshäuser blockieren ihre Seiten für Europäer, erste Klagen gegen Facebook und Google sowie viele lustige Memes im Netz. Das ist Tag 1 nach der DSGVO.
Die Stimmung vieler Unternehmen changiert zwischen "Apocalypse now" und "The Day after" - so zumindest der Eindruck, wenn man in den vergangenen Tagen seine E-Mails-Accounts durchgesehen hat, die mit mehr oder weniger Dringlichkeit um Aufmerksamkeit und die Zustimmung zum weiteren Kontakt betteln.
In Europa gelten seit Freitag einheitliche Datenschutzregeln. Nach zweijähriger Übergangsfrist ist die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nun in allen 28 EU-Staaten in Kraft getreten. Sie setze "einen weltweiten Datenschutz-Standard, und darauf können wir alle stolz sein", sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourová am Freitag in Brüssel. "Sie bringt konkreten Nutzen für Bürger ebenso wie für Unternehmen."
Häufig wird der heutige Tag mit dem Millenniumswechsel verglichen. Ein Datum, vor dem Schreckensszenarien kursierten und das dann doch nicht so schlimm war wie befürchtet:
Natürlich hat das Inkrafttreten der DSGVO auch ernsthafte Konsequenzen. So hat der Verein "Noyb" erste Anzeigen gegen Google und Facebook wegen "Zwangszustimmungen" auf den Weg gebracht. Unter anderem will der Verein bei der Hamburger Datenschutzbehörde klären lassen, ob der zu Facebook gehörende Messengerdienst WhatsApp mit seinen Einwilligungserklärungen gegen die DSGVO verstößt. "Diese ersten Beschwerden werden auch eine erste Nagelprobe für das Gesetz sein", teilte der von dem österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems gegründete Verein mit.
Mit seinen Klagen will "Noyb" dagegen vorgehen, dass die Dienste teils generelle Zustimmungen unter "Zwang" verlange, ohne die die Dienste überhaupt nicht genutzt werden können. "Es ist simpel: Für alles, das strikt notwendig für einen Dienst ist, braucht man keine Zustimmungsbox. Für alles andere muss der Nutzer frei ja oder nein sagen können", sagte Schrems.
Wenn es nach ihm und seinen Mitstreitern geht, soll auch mit lästigen und penetrante Pop-Ups bald Schluss ein, sofern sie eine Zustimmung vom Nutzer verlangen. "Wenn Unternehmen klar wird, dass nervige Pop-Ups meist zu keiner gültigen Einwilligung führen, dann sollten auch diese digitalen Plage bald aussterben."
Der Wiener Aktivist Schrems hatte bereits mit mehreren Datenschutz-Verfahren Furore gemacht. 2015 kippte der Europäische Gerichtshof nach Schrems Klage das sogenannte Safe-Harbor-Abkommen der EU zur Datenübertragung in die USA.
Die Beschwerden zeigten, "dass künftig eine neue zivilgesellschaftliche Kraft bei der Durchsetzung von Datenschutzrechten beteiligt ist, die ein gewichtiges Wort mitreden wird", sagte Johannes Caspar, Hamburger Datenschutzbeauftragter und zuständig für Facebook in Deutschland. Ob tatsächlich Bußgelder verhängt würden, sei Spekulation. "Klar ist aber, dass der Druck auf die global agierenden Unternehmen wächst, die Betroffenenrechte zu wahren."
Die Reaktionen der Zeitungshäuser
Einige US-Publisher gehen drastische Wege. "USA Today" hat beispielsweise seine Site usatoday.com für die europäischen Nutzer komplett gesäubert. Keine Cookies, keine Werbung, nichts außer Text ist nun noch zu sehen.
Noch radikaler geht die US-Zeitung "Los Angeles Times" vor. Sie ist für Leser aus der EU seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung am Freitag nicht mehr erreichbar, sondern zeigt stattdessen einen schnöden Absagetext. Man arbeite noch weiter an technischen Lösungen, um die neuen Vorschriften umzusetzen, teilt der Verleger Tronc beim Ansteuern der Website von Europa aus mit. Nähere Details dazu, wo die die Probleme liegen, gab es nicht.
Der schwedische Schibsted-Konzern hat sich dazu entschlossen, seine Google Ads auszusetzen, erst mal bis zum 30. Juni. Das betrifft alle Kampagnen, die über den Doubleklick-Bid-Manager und den Doubleclick Campaign Manager gebucht sind. Google hatte von allen Partnern, die diese Werbe-Tools nutzen, verlangt, dass künftig die Einwilligung laut der DSGVO sichergestellt ist. Damit geht auch eine Erklärung einher, dass im Zweifelsfall die Publisher verantwortlich sind. Die Auseinandersetzung ist ein weiteres Kapitel in der Schlacht zwischen Verlagen und Internetkonzernen. Mit der jetzigen Blockade nimmt das Medienhaus aus Oslo als einer der großen Anbieter in Skandinavien in Kauf, dass Millionen-Umsätze verloren gehen.
Unerschöpfliche Quelle für Memes
Die Datenschutz-Grundverordnung, im englischen Sprachraum GDPR, eignet sich hervorragend, um sich darüber lustig zu machen. "Der Postillion" ließ sich das nicht entgehen und erklärt uns nochmal, was hinter dem Gesetzeswerk steht.
Eine Auswahl aus dem Netz, auch wenn sich die Twitter-Nutzer nicht einig sind, ob es #DSGVO oder #DGSVO heißt:
am/lp/mit dpa