Doch auch nach dem Münchner Urteil bleibt die Rechtslage ungeklärt: Denn parallele Klagen gegen die Influencer-Kolleginnen Pamela Reif vor dem Landgericht Karlsruhe und Vreni Frost vor dem Landgericht Berlin hat der Verband Sozialer Wettbewerb gewonnen. Eine obergerichtliche Entscheidung gibt es bisher nicht. Das Verfahren stößt keineswegs nur in der Instagram-Gemeinde auf Interesse. Denn der Prozess berührt die Frage, ob Prominente überhaupt Produkte oder Dienstleistungen aus freien Stücken empfehlen dürfen, ohne dabei Abmahnungen zu riskieren.


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Dafür musste sich Cathy Hummels rechtfertigen

Cathy Hummels preist unter dem Namen "@catherineyyy" ihren mittlerweile 485.000 Followern auf Instagram Produkte von Unternehmen an, mit denen sie Werbeverträge hat. Dazu zählen unter anderem das Internet-Auktionshaus Ebay und Colgate-Zahnpasta. In dem Prozess ging es aber ausschließlich um Produkte, für die die 31-Jährige nach eigenen Worten keinerlei Gegenleistungen erhalten hat. Dazu zählte unter anderem der blaue Steiff-Elefant des kleinen Sohns Ludwig. Der in Berlin ansässige Verband hatte Hummels wegen unerlaubter Werbung abgemahnt, weil sie diese Beiträge nicht eigens als Reklame gekennzeichnet hatte.

Doch damit fand der Verein vor dem Münchner Gericht kein Gehör. Laut Urteil hat Hummels weder gegen Wettbewerbsrecht noch gegen Telemediengesetz oder Rundfunkstaatsvertrag verstoßen. Richterin Rhein trug mehrere Argumente vor: Hummels' Follower wüssten, dass es sich bei ihrem Instagram-Account nicht um eine rein private Seite handelt, sagte die Richterin. Das geht laut Urteil allein aus der Zahl von knapp einer halben Million Followern hervor. Niemand habe so viele Freunde - "das schafft kein Mensch".

Und ohne Werbevertrag mit den Herstellern ist Hummels laut Urteil auch keine Werbeträgerin der betreffenden Unternehmen. "Printmedien machen auch nichts anderes", sagte Rhein. "Die verlinken auch auf ihren Seiten Produkte, ohne dass sie das kennzeichnen müssen." Meinungsfreiheit und das Prinzip der Gleichbehandlung gebieten laut Urteil, Hummels' Instagram-Beiträge nicht anders zu behandeln als ein traditionelles Medium. Hummels griff das dankbar auf: "Mein Account ist genau wie eine Frauenzeitschrift mit all ihren Facetten."

Richterin Rhein hatte im Laufe des Verfahrens durchaus Zweifel an der dem Influencer-Wesen eigenen Vermischung von Schein und Sein erkennen lassen. "Früher war Influenza eine Krankheit, heute ist es ein Berufsbild", hatte die Juristin bei der mündlichen Verhandlung im Februar gesagt. "Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir das Influencer-Paradoxon nicht mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts lösen können", führte sie am Montag aus. "Das Paradoxon besteht darin, dass sich einerseits das (Influencing) als authentisch darstellt, das Ganze andererseits aber eine Riesenwerbemaschine ist."

Cathy Hummels jedenfalls will für das Ansehen der Branche kämpfen: "Ich wünsche mir, dass "Influencer" zu sein, ernst genommen wird und nicht weiterhin als Grippevirus bezeichnet wird", kommentierte sie auf ihrer Instagram-Seite.

Was folgt aus dem Urteil für andere Instagrammer?

Weiterhin wird es auf den Einzelfall ankommen. Bei Hummels ging Rhein eindeutig von "gewerblichen Handelns" aus - und nahm an, dass das auch die Follower so sehen. Das dürfe jedoch nicht verallgemeinert werden. Vielmehr komme es auf "die Anzahl der Follower" sowie ob es "sich um ein öffentliches, verifiziertes und mit einem blauen Haken versehenes Profil handelt." Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Dem Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. kommt es vor allem darauf an, dass die Gerichte nicht nur einheitliche, sondern vor allem praxisgerechte und lebensnahe Entscheidungen fällen. Auch ihnen ist die Einzelfall-Prüfung wichtig. "Ob und vor allem wie ich meine Beiträge in sozialen Medien dann auch als Werbung kennzeichnen muss oder nicht, darf nicht davon abhängen, ob ich in Berlin oder in Düsseldorf wohne", sagt Anke Herbener (Digital Changers), Lableiterin Influencer Marketing im BVDW. Voraussetzung für die grundsätzliche Kennzeichnungspflicht im Influencer Marketing muss laut den Experten des Digitalverbands BVDW eine eindeutige geschäftliche Handlung des Influencers sein. "Wenn also ein Influencer Geld oder eine Gegenleistung für eine vereinbarte Leistung wie Posten oder Taggen erhält, dann besteht die Pflicht, den Beitrag als werblich zu kennzeichnen", sagt Herbener. "Influencer müssen aber eben auch privat sein dürfen."

Martin Gerecke, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht am Hamburger Standort der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland, betont: "Vereinfacht gesprochen vergleicht das Gericht den Account von Frau Hummels mit einem geschäftlichen Unternehmensaccount, wo die einzelnen Posts ebenfalls nicht gekennzeichnet werden müssen. Problematisch ist, dass das Gericht damit der Influencerin abspricht, auf Instagram überhaupt noch mit einzelnen Posts privat zu handeln. Das entspricht dem vielzitierten Bild der wandelnden Litfaßsäule." Außerdem betont Gerecke: "Das Urteil ist im Ergebnis zwar erfreulich, in der Begründung und der rechtlichen Konsequenz aber nicht. Instagram-Accounts bekannter Influencer sind, trotz stattlicher Followerzahl und verifiziertem Profil, nicht stets nur werblich. Viele Influencer agieren mit ihren Posts teils unabhängig redaktionell und geben Produktempfehlungen, ohne dass eine Kooperation dahintersteht und teils werblich. Pauschal ganze Instagram-Profile als kommerziell und werblich einzustufen, wird der Tätigkeit der Influencer nicht gerecht. Vielmehr ist am konkreten Post festzumachen, ob eine geschäftliche, werbliche Handlung oder eine unabhängige Meinung vorliegt. Das aber hat das Gericht offenbar nicht gemeint, wenn es von einer Einzelfallentscheidung spricht."

Offene Fragen sieht auch Jurist Thomas Schwenke:

Die User-Kommentare, mal ernst, mal lustig ließen nicht lange auf sich warten:

am/Carsten Hoefer, dpa

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Autor: W&V Redaktion

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