Agenturkultur:
So arbeitet es sich bei den ... Hirschen
Freiheit und Mut reklamieren die Hirschen für sich als Arbeitgebermarke. HR-Chefin Sina Wellschmiedt erklärt, warum die Freiheit nicht am Schreibtisch endet.
Haltung, Kultur und ein deutliche Profil - damit punkten Agenturen heute im engen Bewerbermarkt . Wir haben nachgefragt - wie sieht es bei den einzelnen Agenturhäusern aus. Dieses Mal erzählt Sina Wellschmiedt von der Hirschen Group, was ihre Arbeitgebermarke ausmacht, warum Goodies nur Grundrauschen sind, und warum Wertschätzung und Freiheit viel wichtiger sind.
Gibt es in Ihrer Agenturgruppe Berufsfelder und Jobs, die lange unbesetzt bleiben und für die Sie händeringend nach Personal suchen? Wenn ja, wie lange sind die Stellen unbesetzt? Und was machen Sie, um genau dort Leute zu finden?
Ja natürlich gibt es die. Es ist ja kein Geheimnis, dass der Arbeitsmarkt für unsere Branche zunehmend enger wird und davon sind wir ebenso betroffen wie die Kollegen der anderen Agenturen. Am schwierigsten ist nach wie vor die Besetzung von Textern und Entwicklern, aber auch alle anderen Jobs haben ihre Herausforderungen im Recruiting. Wie lange Stellen unbesetzt bleiben ist wirklich sehr unterschiedlich und lässt sich auch nicht immer eindeutig sagen, da wir Fluktuation auch immer nutzen um unsere Struktur / Positionen zu hinterfragen und gegebenenfalls "anders" nachzustaffen.
Am Ende ist (fast) immer das richtige Netzwerk entscheidend um neue Leute gewinnen zu können, denn über die persönliche Beziehung geht einfach nichts.
Haben Sie ein Patentrezept für die Bildung einer starke Arbeitgebermarke gefunden? Ja? Welches ist Ihres?
Wir haben ja bei uns in der Gruppe viele verschiedene Agenturmarken und jede davon geht anders mit dem Thema um. Was uns eint ist der Glaube an Freiheit und Mut. Werte, die auch für unsere Mitarbeiter spürbar sind. Darüber hinaus glauben wir daran, dass neben einem zeitgemäßen Arbeitsumfeld vor allem gute Inhalte zu Zufriedenheit führen.
Was tun Sie konkret zur Mitarbeiterbindung? Gibt es bei Ihnen die Möglichkeiten zu a, Home-Office, b, Sabbaticals , c, flexible jährliche Urlaubszeiten, d, flexible Arbeitszeiten, e, Job-Tausch mit anderen Niederlassungen, bzw. Partner-Unternehmen, f, Möglichkeiten für eigene Herzensprojekte außerhalb des bezahlten Kundengeschäfts, g, bezahlten Überstunden?
Alle diese Beispiele gibt es bei uns, nicht alle in jeder Agentur und an jedem Standort, aber insgesamt haben wir eine Fülle an Möglichkeiten und Optionen, die oftmals auch auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Das reicht von Vertrauensurlaub über short days, Home-Office, Mentor-Programmen, flexibler Arbeitszeit und vieles mehr.
Ich selber arbeite zum Beispiel mit Vertrauensarbeitszeit und -ort, bringe regelmäßig meinen Hund mit in die Agentur, nutze die Physiotherapie vor Ort, wenn mal wieder der Rücken spannt und freue mich, dass es immer frische Lebensmittel aus dem Alten Land gibt. Darüber hinaus versuche ich allzu viele Überstunden zu vermeiden (was meist auch gelingt). Und so individuell wie mein Beispiel, sind alle anderen auch.
Kletterwand, Baumhaus, Sterne-Kantine – was gibt es bei Ihnen an unüblichen Incentives für Mitarbeiter? (Und wenn ja, haben Sie eventuell ein Foto davon für uns?)
Auch hier gibt es an den verschiedenen Agentur-Standorten sehr unterschiedliche Möglichkeiten mit einem insgesamt recht "hohem Maß an Goodies". Am Ende glauben wir aber auch daran, dass in diesem Bereich nur eine Art Grundrauschen und Basis entsteht und die wirkliche Zufriedenheit über Inhalte, Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten entstehen muss.
Entwicklungsmöglichkeiten sind entscheidend
Wie erfassen Sie die Mitarbeiterzufriedenheit? Welche Ihrer Errungenschaften sind den Mitarbeitern besonders wichtig?
Hier haben wir in der Vergangenheit verschiedenen Modelle ausprobiert, die alle ihre Vor- und Nachteile mit sich gebracht haben. Wir überprüfen immer regelmäßig unsere Maßnahmen und wollen auch in diesen Themen agil auf die aktuellen Anforderungen reagieren. Aktuell gibt es Bestrebungen zum Jahresanfang mit einem neuen Tool in kurzen Abständen - alle ein bis zwei Monate - die Mitarbeitermotivation zu messen. Was uns immer wieder als besonders positiv gespiegelt wird, ist das hohe Maß an Unternehmertum und Freiheit sowie die dabei sehr familiäre Atmosphäre und der starke Zusammenhalt.
Hand aufs Herz: Wie ist bei Ihnen die Frauenquote? Wie hoch die Quote der Mitarbeiter über 45? Und unter 25? Wie lang bleibt ein Mitarbeiter im Schnitt?
Bei uns arbeiten über 50 Prozent Frauen. Einen Nachholbedarf haben wir sicherlich noch bei Frauen in Führungspositionen. Knapp 20 Prozent unserer Mitarbeiter sind 45 und älter, gut 10 Prozent sind 25 und jünger. Mitarbeiter bleiben durchschnittlich fast vier Jahre bei uns.
Clean-Desk-Policy oder ganz persönliche Schreibtische? Wie steht Ihre Agentur zu dem Thema?
Der Freiheitsgedanke endet nicht am Schreibtisch, daher jeder wie er mag.
Wie stehen Sie zur internen Offenlegung aller Gehälter im Unternehmen?
Ich persönlich kann den Mehrwert in einer Organisation wie der unseren nicht so recht sehen. Am Ende ist es doch so: Jeder unserer Mitarbeiter bekommt mit, dass der Markt sehr eng ist. Zum einen, weil sie selber regelmäßig von der Konkurrenz angesprochen werden, zum anderen, weil sie mitbekommen wie schwierig es mitunter sein kann, den richtigen neuen Kollegen zu finden. Und es wird früher oder später immer das eine "bessere" Angebot geben.
Wir wollen unsere Leute anständig bezahlen und das tun wir auch. Und darüber hinaus glauben wir vor allem an die oben genannten Punkte: Inhalte, Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten.
Dann wollen wir natürlich wissen: Was verdient ein Junior bei Ihnen im ersten Jahr?
Auch das variiert wieder je nach Agentur, Standort, Gewerk und Vorerfahrung. Im Schnitt sind es ca. 2.400 Euro.
Übrigens, wie viel man nicht nur als Junior, sondern auch anderen Positionen verdient, steht im aktuellen Gehalts-Check von W&V Online, Gehalt.de und Designerdock. Zu den Daten geht es hier.