Nachwuchsstiftung:
Jung von Matt stellt Kreativ-Awards infrage
Jung von Matt wird im kommenden Jahr nicht an Kreativ-Wettbewerben teilnehmen. Künftig will die Hamburger Agentur nur noch in "geraden Jahren" bei Award-Shows teilnehmen. Das eingesparte Geld will Jean-Remy von Matt in eine Nachwuchsakademie stecken.
Einen Platz auf dem Treppchen bei Kreativwettbewerben hatte Jung von Matt jahrelang quasi abonniert. Cannes, Clio, ADC, Effie - die Agenturgruppe von Jean-Remy von Matt und Holger Jung gehörte stets zu den besten, was das Sammeln von Trophäen anbelangte, und gilt daher als eine der kreativsten deutschen Agenturen.
Doch mit Löwen und Nägeln ist im kommenden Jahr vorläufig Schluss. Denn ab sofort will die Hamburger Agentur nur noch in "geraden Jahren" bei Award-Shows teilnehmen. Agenturgründer Jean-Remy von Matt will damit "etwas freisetzen, das uns heute wichtiger erscheint: Nachwuchsarbeit und Weiterbildung". Die Einreichungsgebühren, die sich die Agentur spart, sollen in eine Stiftung gehen, "die uns eine Akademie für innovative Kommunikation ermöglicht." Mit der Abwanderung einiger großer Namen habe das aber nichts zu tun, so der Kreative gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".
Das Echo in der Branche dürfte zwiespältig ausfallen: Während für die einen Jung von Matt als Bannerträger gilt, der die Fahnen der deutschen Kreativität hochhält und weltweit das Renommee als Werbenation stärkt, werden die Kritiker den Rückzug begrüßen. Zuletzt waren einige Siegerarbeiten der Agentur ins Kreuzfeuer geraten als reine Goldideen - das dürfte zurückgehen, wenn sich Jung von Matt nur noch in jedem geraden Jahr an Kreativfestivals beteiligt, wie Jean-Remy von Matt ankündigt.
WIe die Agentur nun in einer offiziellen Pressemitteilung präzisiert, stehe nicht die Reduzierung von Wettbewerbsbeiträgen im Vordergrund, wie das "Spiegel"-Interview nahelegt, sondern die Akademie. Die die JvM-Reaktion darauf ist, dass der kreative Nachwuchs fehlt und dass die Innovationsfrequenz in der Branche wahnsinnig hoch ist. Man könne also nicht genau so "weitermachen wie bisher".
Die Akademie von Jung von Matt soll sich folgerichtig um "innovative Kommunikation" kümmern, die besten Talente ausbilden - die Teilnehmer zahlen keine Ausbildungsgebühr - , aber auch die bereits aktiven JvM-Kreativen sowohl weiterbilden als auch als Dozenten einsetzen. Um dieses Konzept überhaupt finanziell zu ermöglichen, wird es den Award-Verzicht in den ungerade Jahren geben. In den ungeraden wird die JvM-Akademie selbst einen internen Preis ausschreiben. Die Verlautbarung steht unter dem Titel "Kreativ-Reform 2012" (die der Blog Weave komplett abgedruckt hat).
Vor zwei Jahren hatte Kempertrautmann (heute: Thjnk) auf die Teilnahme an Kreativfestivals ein Jahr lang komplett verzichtet; den Gründern André Kemper und Michael Trautmann war es ebenfalls darum gegangen, das Budget in die Entwicklung der Talente und den Online-Ausbau der Agentur zu investieren.
Ist die Absage an Awards wirklich glaubwürdig?, fragt sich Kontakter-Bloggerin Lena Herrmann.