
Bundesgerichtshof:
Haribo/Mediaplus: BGH hebt Urteil im Kickback-Streit auf
Hat Haribo einen Anspruch auf die mit seinen Werbegeldern erzielten Budgets? Der Bundesgerichtshof lässt die Revision im Kickback-Streit zu und verweist den Fall erneut zur Entscheidung an das Oberlandesgericht München. Aus Karlsruhe berichtet W&V-Korrespondent Raoul Fischer.

Foto: Joe Miletzki/BGH
Der große Bahnhof war das nicht bei der Revisionsverhandlung des Falles Haribo gegen Mediaplus vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Nur eine Handvoll Journalisten und die Vertreter der beiden Parteien fanden sich am Donnerstag um 10 Uhr im Sitzungssaal 4 des BGH ein – neben den Anwälten und dem fünfköpfigen Senat unter dem Vorsitz von Richter Stephan Seiters.
Seiters erklärte zunächst, worum es geht; die Anwälte verdeutlichten den jeweiligen Standpunkt ihrer Mandanten. Anschließend zog sich der III. Zivilsenat zurück, um kaum eine Stunde später seine Entscheidung zu verkünden: Auf die Revision von Haribo hin wird das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 23. Juli 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht in München zurück verwiesen. Und so endete die Verhandlung vor dem BGH mit einer klaren Ohrfeige für das OLG München.
Alles dreht sich um die Frage: Wem stehen die Kickbacks zu?
Doch worum geht es in der Streitsache (Aktenzeichen III ZR 282/14) überhaupt? Um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage, wem letztlich die so genannten Kickbacks zustehen: die Freispots oder Rabatte, die Mediaagenturen beim Einkauf von Werbeflächen für ihre Kunden bei TV-Vermarktern, Zeitungsverlagen etc. erzielen. Genauer gesagt geht es in dem Rechtsstreit um die Frage, ob Mediaplus alle Rabatte, die zwischen 2004 und 2008 im Auftrag und mit dem Geld von Haribo erwirtschaftet wurden, an den Süßwarenhersteller abgeführt hat.
Das OLG München hatte das in seinem Urteil vom 23.7.2014 bejaht und gleichzeitig festgestellt, dass Haribo keinen Anspruch auf diejenigen Rabatte habe, die die Einkaufsagentur MagnaGlobalMediaPlus (MGMP) im Auftrag der Mediaagentur aber mit den Budgets des Kunden erzielt hat. Begründung: Zwischen der MGMP und Haribo habe kein direktes Vertragsverhältnis bestanden. Sieg für Mediaplus. Damit hatte das OLG München ein Teilurteil des Landgerichts München aufgehoben, das festgestellt hatte, dass Haribo zumindest ein Auskunftsrecht an den mit seinen Werbegeldern erzielten Vergünstigungen habe.
MGMP als "Strohmann" von Mediaplus und Interpublic?
Warum hat der BGH jetzt die Sache auf Antrag von Haribo wieder aufgerollt? Weil das OLG München es versäumt hatte, eine wichtige Frage juristisch zu klären: Tritt MGMP gewissermaßen nur als "Strohmann" auf, wie der Vorsitzende Richter Seiters formulierte, der im Interesse der beteiligten Mediaagentur-Gruppen Mediaplus und Interpublic durch Bündelung der Budgets bessere Einkaufskonditionen aushandelt? Oder ist die MGMP letztlich doch eine eigene Stufe, die für ihre Gesellschafter eigene Dienstleistungen erbringt.
Im ersten Fall würde sich der Geschäftsbesorgungsvertrag (also das Treuhandgeschäft) auch auf den "Strohmann" MGMP erstrecken – und damit hätte Haribo wohl einen Anspruch. Im zweiten Fall dagegen nicht.
BGH-Richter spricht von einer "Einzelfallentscheidung"
In einer entscheidenden Frage hat der BGH in Karlsruhe allerdings dem OLG in München Recht gegeben. Auf Nachfrage des Mediaplus-Anwalts Thomas Winter stellte der Vorsitzende Richter klar, dass es sich nicht um eine Grundsatz-, sondern um eine Einzelfallentscheidung handele. Begründung: Die Organisationsform der MGMP sei singulär, weil alle anderen Einkaufs-Agenturen im Mediabereich als eigene Gesellschaft, respektive eigene Handelsstufe am Markt auftreten würden.
Das grundsätzliche System des Mediaeinkaufs mit Kickbacks und allem Drum und Dran steht hier demnach nicht zur Debatte, sondern nur die Ansprüche von Haribo gegenüber Mediaplus. Das hatte das OLG in seiner Entscheidung im Juli 2014 ähnlich gesehen. Aber eben eine wichtige Frage nicht geklärt – und darum müssen die Münchner Richter jetzt nachsitzen.