Prognose:
GWA-Herbstmonitor: Das Wunschdenken der Agenturchefs
In Deutschland haben derzeit viele Angst vor einer Konjunkturdelle. Nicht so die Agenturen: Die wachsen in diesem Jahr im Schnitt um fünf Prozent. 2015 soll der Umsatz sogar um acht Prozent steigen. Das ist das Ergebnis des GWA-Herbstmonitors. Doch selbst Verbandspräsident Wolf Ingomar Faecks ist der Optimismus seiner Mitglieder nicht ganz geheuer.
Glaubt man der aktuellen Umfrage des Agenturverbandes GWA, so ist die wirtschaftliche Lage bei seinen Mitgliedern gut. Auch 2015 soll sich daran wenig ändern. So die zentralen Ergebnisse des aktuellen GWA-Herbstmonitors. 106 Agenturchefs waren befragt worden, rund 70 Prozent haben geantwortet.
Demnach legte 56 Prozent der teilnehmenden Agenturen 2014 beim Umsatz zu – um durchschnittlich fünf Prozent. 2013 lag das Plus noch bei 5,3 Prozent. Immerhin bei jeder vierten Agentur ist die Entwicklung aber negativ. Auffällig: Es scheinen vor allem größere Häuser eine positive Geschäftsentwicklung vorweisen zu können. Die Umsatzzuwächse bewegen sich bei zehn Prozent der Agenturen in einem Bereich von drei bis sechs Millionen Euro. 30 Prozent gaben an, den Umsatz zwischen 500.000 und einer Million Euro erhöhen zu wollen. Automotive, Nahrung und Genussmittel sowie Pharma/Healthcare sind die Wirtschaftszweige, die prozentual am meisten zum Umsatz beitragen.
Trotz der grundsätzlich positiven Entwicklung beim Gros der Mitglieder wurden die Erwartungen an die Rendite nicht erfüllt. Im Frühjahr 2014 ging der Verband von einer Rendite in Höhe von 12,8 Prozent fürs laufende Jahr aus. Jetzt wurde der Wert auf 9,8 Prozent korrigiert (Vorjahr: 10,2 Prozent). Verantwortlich für die gesunkene Rendite können die gestiegenen Kosten für Neugeschäft und Personal sein. Fast jede zweite Agentur investierte mehr Geld für Neugeschäft als noch in 2013. 55 Prozent der Agenturen müssen mehr Geld fürs Personal ausgeben.
Nicht nachvollziehbar sind indes die Prognosen für 2015. 76 Prozent der Teilnehmer der Umfrage wollen im kommenden Jahr kräftig wachsen – durchschnittlich um 8,1 Prozent. Lediglich neun Prozent gehen von einem negativen Geschäftsverlauf aus. Damit läge die Branche erneut deutlich über der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erst vor wenigen Tagen senkte die Bundesregierung die Prognose für das Bruttoinlandsprodukt. Es soll 2014 nur mehr um 1,2 wachsen. Im April wurde noch von 1,8 Prozent ausgegangen. Auch die Prognose für das kommende Jahr ist verhalten. Demnach legt das Bruttoinlandsprodukt 2015 nur um 1,3 Prozent zu. Zahlen, die jederzeit korrigiert werden können, wenn sich die Auswirkungen der weltweiten Krisen stärker als gedacht bemerkbar machen.
Weshalb aber die erfreulichen Vorhersagen der Agenturchefs? Offenbar haben die Auftraggeber noch nicht damit begonnen, bei der Kommunikation den Rotstift anzusetzen. Das allerdings kann sich schnell ändern, wie vorherige Krisen drastisch gezeigt haben. Noch behaupten 68 Prozent der Agenturchefs, sie hätten jetzt bereits 50 Prozent und mehr des angepeilten Umsatzes für 2015 sicher. Zudem ist es charakteristisch für die Branche, erst spät öffentlich die "rosa Brille" abzusetzen. Vor allem, wenn es um die eigene Agentur geht.
Auch dem Verbandspräsidenten Wolf Ingomar Faecks ist der Optimismus der GWA-Mitglieder so nicht ganz geheuer. "Diese Zahlen sind nicht repräsentativ für die gesamte Branche", so Faecks. Bis zum nächsten Frühjahrsmonitor will er deshalb die Methodik überarbeiten. Den Angaben der Agenturchefs sollen dann aktuelle Wirtschaftsdaten aus anderen Quellen flankierend zur Seite gestellt werden, um eine bessere Einordnung zu ermöglichen.
Die Branche steckt nach wie vor in einem Umstrukturierungsprozess, der vor allem der Digitalisierung geschuldet ist. Neun von zehn Agenturen geben an, dass Neue Medien, Online-Marketing und auch E-Commerce an Bedeutung gewonnen haben. Ebenfalls mehr von Kundenseite nachgefragt: umfassende Kommunikationskonzepte (60 Prozent). Weniger wichtig wurden hingegen die Bereiche Sponsoring, Event sowie Design und Packaging – das gaben immerhin vier von zehn Agenturen an.
Ein Thema, das alle Agenturen beschäftigt ist der Mindestlohn für Praktikanten. Über 70 Prozent der Befragten waren sich einig, dass der Mindestlohn ein funktionierendes System für Berufs- und Quereinsteiger gefährde. 65 Prozent der Teilnehmer prognostizierten, dass der gesetzliche Mindestlohn zu einem Abbau von Praktikantenstellen führen werde. Aber: Immerhin bei 67 Prozent der Agenturen ist das Geschäftsmodell nicht vom Mindestlohn betroffen.