Nicht nachvollziehbar sind indes die Prognosen für 2015. 76 Prozent der Teilnehmer der Umfrage wollen im kommenden Jahr kräftig wachsen – durchschnittlich um 8,1 Prozent. Lediglich neun Prozent gehen von einem negativen Geschäftsverlauf aus. Damit läge die Branche erneut deutlich über der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Erst vor wenigen Tagen senkte die Bundesregierung die Prognose für das Bruttoinlandsprodukt. Es soll 2014 nur mehr um 1,2 wachsen. Im April wurde noch von 1,8 Prozent ausgegangen. Auch die Prognose für das kommende Jahr ist verhalten. Demnach legt das Bruttoinlandsprodukt 2015 nur um 1,3 Prozent zu. Zahlen, die jederzeit korrigiert werden können, wenn sich die Auswirkungen der weltweiten Krisen stärker als gedacht bemerkbar machen. 

Weshalb aber die erfreulichen Vorhersagen der Agenturchefs? Offenbar haben die Auftraggeber noch nicht damit begonnen, bei der Kommunikation den Rotstift anzusetzen. Das allerdings kann sich schnell ändern, wie vorherige Krisen drastisch gezeigt haben. Noch behaupten 68 Prozent der Agenturchefs, sie hätten jetzt bereits 50 Prozent und mehr des angepeilten Umsatzes für 2015 sicher. Zudem ist es charakteristisch für die Branche, erst spät öffentlich die "rosa Brille" abzusetzen. Vor allem, wenn es um die eigene Agentur geht.

Auch dem Verbandspräsidenten Wolf Ingomar Faecks ist der Optimismus der GWA-Mitglieder so nicht ganz geheuer. "Diese Zahlen sind nicht repräsentativ für die gesamte Branche", so Faecks. Bis zum nächsten Frühjahrsmonitor will er deshalb die Methodik überarbeiten. Den Angaben der Agenturchefs sollen dann aktuelle Wirtschaftsdaten aus anderen Quellen flankierend zur Seite gestellt werden, um eine bessere Einordnung zu ermöglichen.

Die Branche steckt nach wie vor in einem Umstrukturierungsprozess, der vor allem der Digitalisierung geschuldet ist. Neun von zehn Agenturen geben an, dass Neue Medien, Online-Marketing und auch E-Commerce an Bedeutung gewonnen haben. Ebenfalls mehr von Kundenseite nachgefragt: umfassende Kommunikationskonzepte (60 Prozent). Weniger wichtig wurden hingegen die Bereiche Sponsoring, Event sowie Design und Packaging – das gaben immerhin vier von zehn Agenturen an.

Ein Thema, das alle Agenturen beschäftigt ist der Mindestlohn für Praktikanten. Über 70 Prozent der Befragten waren sich einig, dass der Mindestlohn ein funktionierendes System für Berufs- und Quereinsteiger gefährde. 65 Prozent der Teilnehmer prognostizierten, dass der gesetzliche Mindestlohn zu einem Abbau von Praktikantenstellen führen werde. Aber: Immerhin bei 67 Prozent der Agenturen ist das Geschäftsmodell nicht vom Mindestlohn betroffen.


Peter Hammer
Autor: Peter Hammer

Er begleitet seit vielen Jahren redaktionell die Agentur-Branche, kennt noch die Zeiten, als Werbung "sexy" war und mancher Protagonist wie ein Popstar gefeiert wurde. Das Hauptaugenmerk gilt aktuell den Themenfeldern "Agenturstrategie" sowie "Etats & Pitches". Vor allem interessieren ihn innovative Geschäftsmodelle und Konzepte, mit denen die Branche erfolgreich auf die permanenten Veränderungen in der Kommunikation reagieren kann.