Kommt Threads zufällig gerade jetzt?

Sicherlich nicht. Meta arbeitet seit Längerem an der Twitter-Alternative mit dem Codenamen "Project 92" – hat den Start nach dem jüngsten Twitter-Chaos aber vorgezogen. Die New York Times zitiert einen Meta-Mitarbeiter so: "Twitter ist in der Krise, und Meta braucht sein Mojo zurück. Lass uns ihnen die Butter vom Brot nehmen." Meta-Produktchef Chris Cox streut Salz in die Wunden von Elon Musk: "Wir haben von Creators gehört, die an einer vernünftig betriebenen Plattform interessiert sind, der sie vertrauen und auf die sie sich verlassen können." Musk lästert in Sachen Mark Zuckerberg zurück: "Gott sei Dank werden sie (d.h. Meta) so vernünftig geführt."

Wie stehen die Erfolgsaussichten?

So gut wie wohl noch nie bei einem Twitter-Herausforderer. "Der Tod von Twitter: Ist es diesmal wirklich so weit, dank Threads?", unkt 9to5Mac über die "erste realistische Alternative" zur Musk-Plattform. Das Wall Street Journal urteilt: "Die geplante Meta-Mikroblogging-App wird aufgrund der Verbindung zu Instagram und der Unternehmensgeschichte als potenzieller Konkurrent gesehen." Meta kriselt zwar und hat Milliarden im bisher erfolglosen Metaversum versenkt. Aber im Vergleich zu bisherigen Twitter-Konkurrenten wie Mastodon oder Bluesky sind die finanziellen Mittel, die gigantischen Nutzerzahlen – und ein Stück auch die Verzweiflung – des Zuckerberg-Konzerns enorm.

Ist Threads ein komplett geschlossenes System?

Nein, die Plattform basiert auf dem quelloffenen und dezentralen Social-Media-Protokoll ActivityPub. So wäre es beispielsweise für Mastodon-Nutzer möglich, ihre Konten und Follower zu Threads zu übertragen. Damit bricht Meta mit dem bisherigen Prinzip, seine Netzwerke als geschlossene Systeme abzuschotten. Dies könnte eine zusätzliche Möglichkeit sein, Nutzern einen unkomplizierten Start bei Threads zu ermöglichen.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

Meta-typisch bescheiden. Die Vorstellung, seine Gedanken und Ideen künftig nicht mehr bei Elon Musk abzuliefern, sondern bei Mark Zuckerberg, erscheint ohnehin erschreckend. Und ein Erfolg von Threads würde die Markt- und Meinungsmacht der Internet-Giganten aus den USA weiter zementieren. Der Datenschutz-"Beipackzettel", den Apple von App-Anbietern verlangt, zeigt bereits, dass die Neugier von Threads enorm groß sein wird. Von Gesundheit und Fitness über Finanzen, Einkäufe und Kontakte bis hin zu Bewegungsdaten will Zuckerbergs neue App alles über ihre Nutzer wissen. Ex-Twitter-Chef Jack Dorsey ätzt bereits: "Threads bedeutet, dass alle Threads, die du schreibst, ihnen gehören." Elon Musk stimmt zu: "Yeah."

Wann kommt Threads nach Deutschland?

Das ist noch offen. Der Start erfolgt am Donnerstag zunächst wohl nur in den USA. Gut möglich, dass Meta zur Premiere weitere Infos zu den internationalen Plänen für Threads liefert.

Das sind die Themen von TechTäglich am 5. Juli 2023:

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Autor: Jörg Heinrich

Jörg Heinrich ist Autor bei W&V. Der freie Journalist aus München betreut unter anderem die Morgen-Kolumne „TechTäglich“. Er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Internet und Social Media künftig funktionieren, ohne die Nutzer auszuhorchen. Zur Entspannung fährt er französische Oldtimer und schaut alte Folgen der ZDF-Hitparade mit Dieter Thomas Heck.