Netflix & Co.:
Streaming-Abos: Ab 30 Euro Gesamtpreis wird gekündigt
Die Zeit von 'One fits all'-Zahlmodellen im Streaming ist vorbei. In Teil Zwei der Global Streaming Study gibt Simon-Kucher & Partners konkrete Empfehlungen zur Preisgestaltung.
Preiserhöhungen bei Streaming-Diensten stehen fest. Aber was dürfen Abos kosten? Und gibt es keine Alternative zu Werbung? Diesen Fragen nimmt sich Simon-Kucher & Partners in seiner Global Streaming Study an. In Teil Eins untersuchte die Strategieberatung, welche Monetarisierungsmodelle welche Akzeptanz bei den Nutzer:innen haben. Bleibt es beim guten alten Abo-Modell, geht es zurück zur Finanzierung durch Werbeeinnahmen oder ist ein Hybrid denkbar? Nun veröffentlicht das Unternehmen konkrete Daten zur Zahlungsbereitschaft und zur Akzeptanz alternativer Zahlsysteme wie "Pay as you go", bei dem Nutzer:innen nur zahlen, was sie wirklich sehen. Ein Modell, mit dem beispielsweise die kürzlich wiederbelebte Marke Maxdome derzeit versucht, sich auf dem Streamingmarkt zu etablieren.
Den Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen Umfrage von Simon-Kucher & Partners im April und Mai 2022 unter insgesamt 1.026 Teilnehmern in Deutschland und über 10.500 weltweit, die zu Streaming-Verhalten, Inhaltspräferenzen und Zahlungsbereitschaft befragt wurden. Obwohl rund jede:r zweite Streaming-User:in mit steigenden Abo-Kosten für nächstes Jahr rechnet, bergen Preiserhöhungen Risiken für Streaming-Dienste. Laut der Erhebung gibt sogar jede:r Zweite an, bei Preisanstiegen von 30 Prozent kündigen zu wollen. Amazon muss zwar kaum mit Kündigungen rechnen, andere Anbieter aber sollten die Warnung ernst nehmen.
Abo-Kosten: 10 bis 15 Euro ideal - High-Quality-Angebote dürfen mehr kosten
Wie viel, aber sind Streaming-Fans gewillt für Abos auszugeben, wenn die Inhalte sie reizen? Die Studie zeigt: Der ideale Abopreis liegt zwischen 10 und 15 Euro. "Zehn Euro empfinden Nutzer als gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. 15 Euro gelten als teuer, aber annehmbar. Für Anbieter der spannendste Bereich", so Lisa Jäger, Partnerin und Global Head of Technology, Media & Telco bei Simon-Kucher & Partners. Es ginge aber um Durchschnittwerte. "Abo ist nicht gleich Abo. Entscheidend ist der subjektive Wert für den Nutzer. Wenn der Content besonders attraktiv ist, sind User gewillt mehr zu bezahlen. Qualität darf etwas kosten."
Gesamt-Abo-Kosten entscheidender als Preise einzelner
Das Problem? Einzelpreise ließen sich nicht einfach aufsummieren. "Nutzer betrachten die Gesamtkosten ihrer Streaming-Abos", erklärt Lisa Jäger. Hier läge die ideale Preisspanne zwischen 17 und 30 Euro. "Bei Einzelabo-Preisen von 15 Euro heißt das: Mehr als zwei Abos sprengen das Budget. Und Nutzer haben hierzulande im Durchschnitt 2,2 Abos pro Person."
Wer ein neues Streaming-Abo ausprobieren will, kündigt dafür ein anderes
Geht die Rechnung also nicht auf? Doch. "15 Euro oder mehr für ein Einzelabo sind nicht unrealistisch. Aber eben nicht für jeden Streamingdienst. Anbieter stehen immer mehr in direkter Konkurrenz", weiß Lisa Jäger. Die Folge? "Wir erleben ein ganz neues Level des Verdrängungskampfes. Längst geht es nicht mehr nur darum, Kunden zu gewinnen. Streaming-Anbieter müssen jetzt vor allem darauf achten, keine Kunden zu verlieren." Tatsächlich würde mit 34 Prozent mehr als jede:r Dritte bei Abschluss eines neuen Streaming-Abos mindestens ein bestehendes Streaming-Abonnement kündigen. "Eine Entscheidung für einen Provider ist also nicht selten eine Entscheidung gegen einen anderen", so Lisa Jäger.
Nur Amazon, RTL+ und Joyn haben echtes Potential für Preiserhöhungen
Wer also kann überhaupt noch Preise erhöhen? "Essenziell für das Preissteigerungspotential ist die Frage, ob Kunden das Gefühl haben, für ihr Geld ein entsprechend wertiges Angebot zu bekommen", sagt Lisa Jäger. "Unsere Matrix-Analyse zeigt: Bei Dazn und Sky Ticket ist das Potenzial ausgereizt, bei Netflix und Disney+ gibt es geringen Spielraum aber lediglich RTL+, Joyn und Amazon haben noch Luft nach oben was Preissteigerungen betrifft. Deswegen sind auch die angekündigten Preiserhöhungen für Prime relativ unbedenklich."
Mehrheit der User offen für "Pay as you go"-Bezahlmodell
"Streaming-Anbieter müssen aber über klassische Preiserhöhungen hinausdenken", so Jäger. Neben den in Teil Eins der Studie genannten hybriden Lösungen, gäbe es durchaus weitere Optionen, um Kunden zu halten. "Mehr als jedem zweiten Nutzer (57 Prozent) gefällt die Idee, nur für Inhalte zu zahlen, die er tatsächlich anschaut. Auch wenn One-Time-Payments aus Unternehmensperspektive nicht immer sinnvoll sind, sollten solche Wünsche gehört werden."
Standard-Preise waren gestern, Angebote je nach Nutzergruppe sind die Zukunft
Ermäßigte Preise für begrenzten Zugriff seien ebenfalls denkbar. "Viele Anbieter sind bei solchen Modellen noch zurückhaltend. Unsere Studie zeigt aber, dass dies mit 44 Prozent für fast die Hälfte aller Streaming-User attraktiv wäre," so Jäger. "Gewiss bergen solche Angebote die Gefahr, dass Nutzer schnell eine Serie schauen und dann kündigen. Die Herausforderung ist daher, Streaming-Angebote auf verschiedene Nutzergruppen abzustimmen ohne das eigene Geschäft zu kannibalisieren. Das kann dann bedeuten, dass es verschiedene Bezahlmodelle parallel gibt. Die Zeit von 'One fits all'-Zahlmodellen ist vorbei."
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